Blitz bricht aus
begriffen, was vor sich ging. »Wag es!« sagte er wild zu sich selbst. »Worauf wartest du noch?«
Noch immer hielt er die Peitsche in der Hand. Wieder starrte er sie an. Dann wendete er seine Augen fast gewaltsam ab. Der Hengst schnaubte, beschleunigte seine Gangart und legte sich ärgerlich auf den Zügel, der ihn zurückhielt. McGregor hob sich in den Steigbügeln und sah über den schmalen Kopf: hinweg. Vor ihm lag der Startpfosten, an der rechten Seite auf einem erhöhten Podest wartete der Starter. »Nun kommen Sie endlich heran!« rief er.
All das war ihm unglaublich vertraut, ihm selbst und auch dem Hengst. Sahen Allen und die andern denn nicht, daß er kein Wildpferd ritt—merkten sie nicht, daß er und sein Pferd früher schon Rennen geritten hatten? Doch ach, selbst wenn sie es erkannten, was hatte es jetzt noch für einen Sinn?
Er hatte gar nicht bis zum Start reiten wollen, doch zu seinem eignen Erstaunen lenkte er sein Pferd auf die andre Seite des Startpfostens mit einem Gefühl steigender Spannung. Der Hengst schüttelte aufsässig den Kopf; er wollte, daß er ihm die Zügel freigab. McGregor hielt ihn dicht am Innenzaun und von dem andern Pferd weg, das schon am Startpfosten wartete. Er wandte den Kopf des Hengstes in Richtung des weit entfernten Bogens der Bahn, doch seine Augen hingen wie gebannt an dem dunkelbraunen Pferd mit den weißen Abzeichen am Kopf und an den Beinen, das er schlagen sollte. Er hatte Nachtwind früher schon gesehen; diese Erkenntnis gewann er in diesem Augenblick.
Er ließ seinen Hengst ausgreifen in der Richtung, die vom Start wegführte. Aus den schnellen, mühelosen Sprüngen gewann er die Sicherheit, entkommen zu können, wenn er nur wollte. Doch nach kurzer Zeit hob er sich in den Bügeln, brachte das Pferd zu einem ruhigen Schritt, wendete es und dirigierte es an den Start, während er sich innerlich immerfort selbst die Frage stellte, warum er es tat... Seine einzige Antwort war die, daß es gleichgültig war, wie sie die Zielgerade erreichten; der eine Weg um das Oval der Bahn war so gut wie der andre. Er wußte, daß er sich selbst belog, daß in ihm etwas wach war, das ihn geradezu zwang, das Pferd zum Start zu bringen.
Der Hengst sah zu Nachtwind hinüber und schrie. Seine herrische Herausforderung ließ die Menge auf den Tribünen verstummen. Allen sah auf Range Boß, wie er sich dem Startpfosten näherte. Der riesige, schwarze Körper glänzte in der Sonne, und in seinen Bewegungen lag ungezähmte Wildheit.
Ein Starthelfer näherte sich, um dem Jungen behilflich zu sein. Das brachte Leben in die verstummte Menge auf den Tribünen. Ein Murmeln von aufgeregten Stimmen flutete herüber, denn die Zuschauer hatten jetzt gesehen, was ihnen gesagt worden war, was sie aber nicht hatten glauben wollen: tatsächlich, die Allen-Ranch ließ einen Wildhengst laufen.
McGregor sah den Starthelfer näherkommen und die Furcht in den Augen des Mannes aufsteigen, als er nach dem Zügel des Rappen griff. Der Hengst bäumte sich.
»Treten Sie bitte zurück«, sagte er und beruhigte sein Pferd, »ich werde schon allein mit ihm fertig.«
Der Mann blieb sogleich stehen und rief ihm zu: »Beeile dich ein bißchen! Du hast doch eine Peitsche; gib sie ihm zu kosten, wenn es sein muß!«
» Gib sie ihm zu kosten, wenn es sein muß!« Die Worte dröhnten in McGregors Ohren. Er hob die Peitsche und starrte sie sekundenlang an. Er fühlte, daß ihm die Tränen aufstiegen; seine Augen brannten. Aber warum mußte er weinen? Die Tränen kamen schneller und machten ihn blind. Er wischte sich ärgerlich mit der Hand über die Augen. Dann sah er zu den Tribünen hinüber, als suche er dort den Menschen, der ähnliche Worte vor einer Ewigkeit zu ihm gesprochen hatte. Wie hieß er nur? Das Meer von Gesichtern verschwamm vor seinem Blick. Er sah schärfer hin und entdeckte Allen, Larom und den Sheriff am Zaun—die einzigen Gesichter hier, die er kannte. Plötzlich sah er eine andre Gestalt hinter den dreien auftauchen, und für den Bruchteil einer Sekunde schoß Hoffnung in ihm hoch. Dann erkannte er, daß es Gordon war, und wendete seine Aufmerksamkeit wieder dem Start zu.
Der Hengst fügte sich sofort seiner Aufforderung und nahm seinen Platz ein. Von jetzt an gab es kein Zurück, sondern nur noch ein Voran.
Er sah nicht zu dem andern Reiter und seinem Pferd hinüber; er betrachtete die im Sonnenschein vor ihnen liegende Bahn. Plötzlich mußte er tief Luft holen, und als die Luft in
Weitere Kostenlose Bücher