Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Zaubers ein wenig zu verändern. Ich hoffe, du verübelst mir diese Freiheit nicht, mein Mädchen, aber ich habe den Faden vernichtet, der mich erkennt. Bedenke jedoch auch meine Güte: Die anderen fünf habe ich dir gelassen. Für alle Fälle. Möglicherweise nützen sie dir ja noch einmal.«
»Aber müsste diesen Zauber nicht Ghinorha selbst aufheben? Ich meine, weil sie ihn gewirkt hat. Wenn ich die Mutter richtig verstanden habe, dann …«
»Du vergisst, dass ich eine Heilerin bin. Mir ist einiges gegeben, was nicht einmal Ghinorha vermochte. Aber wir schweifen vom Thema ab«, sagte sie, und ihr Blick wurde wieder stahlhart. »Ihr gefallt mir, was sehr zu eurem Vorteil ist. Trotzdem möchte ich meine Zeit nicht nur mit freundlichen Gesprächen verplempern. Ich habe euch folgendes Angebot zu machen. Dir, Lahen, und dir, Shen, aber nicht dir, mein Junge, also misch dich nicht in die Angelegenheit von uns Magiern und Magierinnen ein. Dafür werde ich dich bis ans Ende meiner Tage nur zu gern mit Küchlein bewirten. Einverstanden?«
Da ich keine andere Wahl hatte, nickte ich.
»Ihr zwei denkt bitte über Folgendes nach: Ihr beide könntet noch ein wenig magische Vervollkommnung brauchen, während ich auf gute Schüler angewiesen bin. Es gibt genug, was ich euch beibringen und zeigen kann. Ich werde euch nicht überreden, euch auf die Seite derjenigen zu stellen, die im Imperium nur als die Verdammten bekannt sind. Ich biete euch lediglich eine solide Ausbildung an.«
»Im Tausch für was?«, wollte Shen wissen.
»Hättest du denn etwas, das du mir anbieten könntest, mein Junge?«, wollte Lepra mit einem Grinsen wissen. »Eben. Nein, es geht einzig darum, mein Wissen an gute Schüler weiterzugeben. An alle, die es würdigen und bewahren können – und es ihrerseits an andere weitervermitteln. Ich brauche Gefährten und Berater, keine talentlosen Nichtsnutze. Wenn ihr einwilligt, bleibt ihr hier. Aber ich will euch gleich warnen: Vergesst jeden Gedanken an Flucht. Mir ist noch niemand entkommen. Wenn ich mich überzeugt habe, dass ihr bei mir bleibt, erhaltet ihr selbstverständlich eure Freiheit. Aber nicht eher. Doch da ihr nach ein paar Lektionen sicher nicht einmal mehr daran denken werdet, mich zu verlassen, dürfte das kein Problem sein. Das also ist mein Angebot. Einzelheiten können wir später erörtern, wenn ihr mir eure Antwort gebt. Lasst euch damit ruhig Zeit – sagen wir, bis morgen Abend.«
»Und wenn Euch unsere Antwort nicht gefällt?«, fragte Shen.
Verflucht! Wie konnte man diesem Narren bloß den Mund stopfen?! Warum musste er Lepra unbedingt aufbringen?!
»In dem Fall …«, bemerkte sie, »wäre ich, wie ich gar nicht verhehlen will, äußerst enttäuscht. Natürlich könnte ich euch dann erst recht nicht auf freien Fuß setzen, denn womöglich bekäme euch ja ein anderer Gebieter oder eine andere Gebieterin in die Hände. Dann könntet ihr sogar zu einem Hindernis für meine Pläne werden, und alte Frauen wie ich mögen auch nicht das kleinste Hindernis. Deshalb würdet ihr also auch bei einer abschlägigen Antwort bei mir bleiben. Leider kann ich Rowan in dieser Sache nicht hinzuziehen, denn der Junge ist viel zu sehr mit dem Kriegsspiel beschäftigt. Außerdem wäre es nicht sonderlich klug, mit ihm über Gäste wie euch zu sprechen. Ich selbst bin jedoch keine Meisterin im Umschmieden. Solltet ihr euch allerdings nicht von mir ausbilden lassen wollen, bliebe mir gar nichts anderes übrig.«
»Verzeiht, Herrin«, sagte Lahen in unterwürfigem Ton, »aber ich kann Euer Angebot nicht annehmen. Es ist nicht so, dass ich es nicht wollte. Ich
kann
es nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil ich dann sterbe.«
»Du wirst doch nicht auf diesen kleinen Zauber, den – dem Geflecht nach – der Turm dir beschert hat, anspielen? Den hatte ich ganz vergessen. Beunruhigt er dich?«
»Ob er mich beunruhigt?« Lahen bedachte Lepra mit einem Blick, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie meinte, sich verhört zu haben, denn eine so dumme Frage konnte die alte Hexe doch einfach nicht stellen. Aber schon in der nächsten Sekunde hatte sich mein Augenstern wieder im Griff. »Ja, das tut er. Solange dieser Zauber in meinen Funken eingewebt ist, droht meinem Leben Gefahr. Deshalb werde ich das tun, was die Mutter mir befohlen hat.«
»Wie unschön und primitiv ist es doch, einen Menschen auf diese Weise zu etwas zu zwingen«, bemerkte Lepra. »Obendrein ist es so riskant. Dabei kann man jederzeit
Weitere Kostenlose Bücher