Blitz: Die Chroniken von Hara 2
Rücken erhielt. Er stolperte und lief einem weiteren Schurken, der bereits auf ihn wartete, in die Arme. Dieser rammte ihm die Faust in den Magen, sprang behände hinter ihn und trat ihm gegen die Schenkel. Shen fiel auf die Knie.
Trotz des Schmerzes zog er den Dolch und holte, immer noch auf Knien, aus. Er würde sich nicht auf offener Straße halb zu Tode prügeln und ausrauben lassen. Doch mit einem Mal fiel die Klinge förmlich in sich zusammen. Shen stieß einen Schrei aus.
Jemand schlug ihm das, was von dem Dolch noch übrig war, aus der Hand. Gleich darauf folgten kräftige Hiebe gegen den Hals und den Hinterkopf. In seinem Kopf explodierte etwas. Dann fand er sich auf dem nassen Straßenpflaster liegend wieder.
»Das reicht!«, rief jemand in scharfem Ton.
Nun schloss sich auch noch Kälte um den Funken des Heilers.
Als Shen versuchte, mit dem Funken in Verbindung zu treten und die Eisfessel zu durchstoßen, scheiterte er. Selbst in seinem Schmerz begriff er jedoch, dass es keine gewöhnlichen Straßenräuber waren, die ihn da überfallen hatten.
Dann fassten ihn starke Arme unter den Achseln und schleiften ihn davon. Ihm wurde erst klar, wohin, als sich quietschend eine Pforte öffnete.
Das Schwarze Haus!
Mit letzter Kraft leistete Shen erneut Widerstand. Er versetzte dem einen Kerl einen Tritt, der diesen stöhnend zu Boden gehen ließ. Daraufhin knallte er dem anderen Burschen, der ihn von hinten an der Jacke gepackt hielt, den Ellbogen in den Leib und stürzte so heftig nach vorn, dass der Stoff riss.
Angst, Verzweiflung und Wut brodelten in ihm, stiegen ihm bis zur Kehle auf, sein Funke erglühte, schmolz die Eisfessel und wuchs zu einem alles verschlingenden Feuer an.
Thia hatte nicht mit einer solchen Kühnheit des Heilers gerechnet. Einem der beiden Soldaten riss er mit einem Fußtritt den Bauch auf, dem anderen wäre er um Haaresbreite entwischt. Zumindest bei Schlägereien gab der Kerl keinen Anfänger ab. In einem magischen Duell hatte er allerdings nicht die geringste Chance.
Thia reichten sogar die eigenen Reserven, um ihm ein Halsband anzulegen und ihn von seinem Funken abzutrennen. O ja,
dafür
brauchte sie wahrlich nicht in einen toten Körper überzuwechseln. Wie hatte ihr dieser Milchbart bei ihrer letzten Begegnung nur eine solche Niederlage beibringen können? Wie hatte dieser Nichtsnutz, der nicht einmal zuverlässig über den eigenen Funken gebot, sie fast töten können?!
Sobald sie den Heiler überwunden hatte, kamen die beiden Untoten herbeigeeilt, um den Magier in den Garten des Anwesens zu zerren.
»Schaff deinen Freund ins Haus!«, befahl Thia dem Soldaten.
Der nickte rasch, warf einen hasserfüllten Blick auf den Gefangenen und machte sich daran, den Befehl auszuführen, denn ein Verletzter, der die Straße mit seinem Blut verschmiert, war nicht gerade geeignet, diesen Vorfall geheim zu halten. Als der Mann an ihr vorbeigetragen wurde, brauchte Thia ihn sich gar nicht genauer anzusehen, um zu wissen, dass diese Wunde tödlich war. Dem Soldaten blieben noch höchstens zehn Minuten.
Da fing dieser Milchbart schon wieder zu brüllen an, bäumte sich hoch, versuchte, die Untoten von sich zu schleudern – und verwandelte sich in eine Kugel strahlenden Lichts. Es donnerte ohrenbetäubend. Thia schrie vor Schmerzen auf, fiel zu Boden und schlug auf die Flammen ein, die sich durch ihre nasse Kleidung fraßen. Ein Blick verriet ihr, dass die Untoten nicht mehr existierten. Alles, was von ihnen übrig geblieben war, waren zwei Haufen lohender, ekelhaft stinkender Knochen. Selbst die Bäume in der Nähe waren in Mitleidenschaft gezogen worden, die Blätter verbrannt, die Rinde teilweise verkohlt. Der Heiler stemmte sich auf alle viere hoch und schüttelte benommen den Kopf.
Hatte es dieser Rotzlöffel also doch noch einmal geschafft, in Verbindung mit seiner Gabe zu treten. Was für eine Kraft musste in ihm stecken! Aber die würde sie ihm jetzt entziehen! Und zwar auf höchst unmagische Art und Weise.
Sie klaubte einen Stein auf und stürzte sich trotz ihrer Schmerzen auf den Magier, um ihm unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte auf den Hinterkopf zu schlagen. Der verdrehte die Augen und fiel mit dem Gesicht in den Schlamm.
Nun sackte auch Thia zu Boden – und atmete mehrmals hintereinander erleichtert durch.
»Was für eine überaus großzügige Geste der Mutter«, sagte Lahen voller Ironie, als sie auf ihrer Hand den prallen Beutel wog, den sie im Sack entdeckt
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