Blitz kehrt heim
dem Fenster, wie jemand auf ihm ritt! Man will ihn entfuhren.“ Sogleich wich die Schlaftrunkenheit aus Abus Augen. Sie wandten sich an Raj, der gerade erschien. „Rennt so schnell ihr könnt zu den Ställen!“ bestimmte er. „Weckt meine Männer; sie sollen satteln — ich komme sofort hinunter! Alec kann uns begleiten, du, Raj, bleibst hier bei deinen Freunden.“
Das Tal lag ruhig, Blitz war nirgends mehr zu erblicken, als Alec mit Raj zu den Ställen jagte, um Alarm zu schlagen. Als sie mit einigen Pferden und Beduinen zurückkamen, wartete Abu bereits. Er stieg auf, und sie preschten, so schnell sie konnten, zu den Pferden. Die Herde war sehr unruhig und wollte vor den herannahenden Reitern im Galopp davongehen. Die Beduinen überholten sie jedoch und trieben sie zurück, an dem Scheich und Alec vorbei. Beider Augen trafen sich — Blitz fehlte!
„In welcher Himmelsrichtung ist er weggetrieben worden, Alec?“ fragte Abu.
„Nach Westen, soviel ich gesehen habe.“
Abu rief seinen Männern etwas zu, und sie ritten voran. Nach einer kurzen Strecke hielt Abu sein Pferd an, stieg ab, untersuchte eingehend den Boden und stieg dann wieder auf. Alec und die anderen folgten ihm das Tal entlang und den Pfad hinauf, den er mit Tabari am Tag zuvor geritten war... dem schmalen Weg am Hang, der durch die enge Schlucht und dann zur Außenwelt führte. Als sie die Stelle erreichten, wo Tabari haltgemacht hatte, hielt auch Abu an. Er blieb im Sattel, und seine scharfen Augen suchten das Terrain ab. Plötzlich trieb er sein Pferd vorwärts, den Pfad weiter hinauf, bis zum Eingang der Schlucht. Unvermittelt machte er eine Wendung, hielt an und stieg ab. Als Alec ihn erreichte, sah er ihn über eine weißgekleidete Gestalt gebeugt, die regungslos am Boden lag, mit dem Rücken nach oben. Zwischen den Schulterblättern war das Gewand blutrot. Abu blickte auf und sagte mit grimmiger Stimme: „Der Mann, der hier in der Nacht die Wache hatte, ist erstochen worden! Bei Allah! Dies ist das letzte Mal!“ Er sprang auf sein Pferd, ohne sich der Steigbügel zu bedienen, und brachte den Grauschimmel zum Bäumen. Hoch und nieder stieg er, ein Spiegelbild der Erregung seines Herrn, der seinen Männern in höchstem Zorn etwas zurief, woraufhin sie wendeten und in schnellster Gangart zurückritten. Abu und Alec folgten.
Als sie bei Abus Haus anlangten, ging eben die Sonne über den östlichen Bergketten auf. Der Scheich stieg vom Pferd und ging ohne ein weiteres Wort hinein.
Alec blieb im Sattel. Blitz war fort! Wiederum gestohlen! Was würde Abu diesmal unternehmen? Der Wachtposten war tot, Blut war vergossen worden, und — Blut schrie nach Blut, so befahl es das Gesetz der Wüste. Abd al Rahman war tags zuvor auf dem Weg zum Tal gewesen — sollte er in der Nacht zurückgekommen sein?
Ein Beduine rannte an Alec vorbei ins Haus. Unruhe lag in der Luft, und plötzlich dröhnte eine Trommel, deren rhythmische Schläge durch das Echo verdoppelt wurden. In den Ställen wurden Pferde gesattelt, aus den Häusern eilten weißgekleidete Gestalten mit Sätteln und Gewehren. Hufgetrappel vom Weidegrund her erregte Alecs Aufmerksamkeit: die Herde wurde von schnellreitenden Beduinen eingetrieben. Die Männer von Abus Stamm trafen die Vorbereitungen für einen Kriegszug! Alec verharrte an seiner Stelle, still im Sattel sitzend. Er lauschte dem unaufhörlichen Trommeln, das ihm zu sagen schien: „Blut schreit nach Blut... Blut schreit nach Blut.“
In kurzer Entfernung von Abus Haus sammelten sich die Beduinen. Ihre Frauen schleppten Proviant und Munition herbei. Gewehre wurden abgefeuert, Pferde wieherten und tänzelten. Die Krieger machten sich bereit, ihrem Scheich zu folgen.
Dann erschien Abu auf der Terrasse, hinter ihm Tabari mit Volence, Henry und Raj. Der Scheich hob, Ruhe gebietend, die Hand und hielt eine Ansprache. Nachdem er geendet hatte, ging er, von seiner Tochter begleitet, zu seinem Grauschimmel.
Raj kam zu Alec, der ihn fragte, ob ein Kriegszug gegen Abd al Rahman unternommen werde. Zu seiner Überraschung schüttelte sein Freund den Kopf: „Nein, vorerst ist davon keine Rede. Abu hat seinen Männern lediglich gesagt, es sei nicht ausgeschlossen, daß die Spur zu ihm führe und daß sie infolgedessen auf alles vorbereitet sein müßten. Zunächst verfolgen sie den Mann, der Scheitan in dem Rennen reiten sollte, denn er ist verschwunden. Also ist er es, der Scheitan gestohlen und den Wachtposten getötet hat. Abu
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