Blitz legt los
fliegenden Hinterschenkel des Braunen nicht zu beachten — es war kein Loch da, aber er wollte sich eins schaffen!
Alec schrie laut: „Mike, mach uns Platz!“
Der kleine Jockey sah sich um. Blitz’ Kopf war genau über den Hinterschenkeln seines Pferdes. Seine Augen zeigten Erstaunen, er warf einen Blick auf die beiden nebenher galoppierenden Pferde, machte aber keinen Versuch, sein Pferd zu größerer Schnelligkeit anzuspornen. Er war entschlossen, zu bleiben, wo er war, völlig sicher, daß der Sieg schon in seiner Hand war.
Mit einemmal erbebte die Erde neben Michael Costello und seinem Hengst — statt der leeren Bahn zu seiner Rechten sah er dort ein riesiges schwarzes Pferd!
Mike griff nach seiner Reitgerte, denn er mußte nun erkennen, daß Blitz irgendwie durchgebrochen war, er hatte eine Öffnung gezaubert, wo keine gewesen war...
Der Jockeyveteran schlug auf sein Pferd ein; nicht daß er noch an den Sieg gedacht hätte, denn Blitz flog bereits mehrere Längen vor dem Feld her und zog mit jedem Sprung weiter davon; aber er wollte doch wenigstens das zweite Geld retten! Er hatte ja mit allen Mitteln versucht zu siegen, doch der beste Jockey konnte nicht zaubern. Nächsten Montag, beim Suburban-Erinnerungsrennen, würde es anders sein. Montag würde Caseys Tag sein. Blitz lief dann nicht.
Kopf an Kopf
Die Rennleitung von Belmont Park bezeichnete das Suburban-Rennen am Erinnerungstag als „Amerikas größtes Handicap“. Aber in diesem Jahr nannten es alle Rennbahnenthusiasten „Caseys Spaziergang“.
Der Tag war ungewöhnlich heiß, die Luft dabei feucht. Casey sorgte dafür, daß mehrere Rekorde gebrochen wurden. Er schlug das größte Feld, das jemals seit 1884 in diesem Rennen an den Start gegangen war. Er brach den Bahn- und Rennrekord für die 1900-Me-ter-Distanz, der seit 1913 bestand, ohne daß je ein Pferd ernsthaft dagegen angegangen wäre, da er gelaufen worden war, bevor elektrische Zeitnehmer verwendet wurden. Casey trug 132 Pfund auf seinem Rücken, gab damit dem am wenigsten bepackten Pferd im Feld 25 Pfund und erhielt als Siegerpreis 75000 Dollar, was ebenfalls einen Rekord darstellte.
Wenn die 65000köpfige Zuschauermenge befragt worden wäre, hätten wohl nur wenige gewußt, welche Pferde den zweiten und dritten Platz bekommen hatten, 15 Längen hinter Casey. Aller Augen folgten nur dem Sieger, sogar, als er schon lange durchs Ziel gegangen war. Für echte Rennbahnenthusiasten bedeutete auch das einen Rekord.
Henry und Alec warteten auf dem Kiesweg vor den Tribünen auf Caseys Eintreffen im Siegerring. Sie standen in der Menschenmenge eingekeilt, ohne sich rühren zu können. Henry knurrte: „Man kann ja nicht einmal atmen
Alec ließ kein Auge von dem riesigen, kastanienfarbenen Pferd, das von der Bahn her auf sie zukam. Casey atmete leicht und mühelos; er machte den Eindruck, als könne er dieselbe Leistung gleich noch einmal vollbringen. Neben ihm ritt ein rotberockter Bahnhelfer und hielt ihn am Zügel. Mike Costello grinste so breit und vergnügt, als ginge der Siegespreis von 75 000 Dollar in seine Tasche. Immerhin war er mit zehn Prozent daran beteiligt. Mikes Augen glänzten so hell wie das Licht an der Tafel im Innenfeld, auf der die Rekordzahl zu lesen stand, die Casey in diesem Rennen herausgaloppiert hatte. Deshalb lachte er so breit. Wer, an seiner Stelle, hätte das nicht getan? Kein Mensch hätte es für möglich gehalten, daß ein Pferd auf diesem Sand- und Lehmboden derart schnell laufen konnte. Aber Casey hatte es geschafft, Casey mit Costello.
Mike war ein sehr merkwürdiger, kleiner Mann, dachte Alec. Zweimal hatte er zu ihm gesagt, er wäre ihm dankbar und wolle es ihm vergelten. Trotzdem hatte er ihm im gleich darauffolgenden Rennen nicht einen Zentimeter breit Raum gegeben, obwohl er ihn darum gebeten hatte. Henry hatte bestätigt, daß es nicht verboten war, sondern als geschicktes Reiten galt, dem Gegner den Weg zu versperren. Alec seinerseits würde indessen jedem Reiter Platz gemacht haben, wenn er gesehen hätte, daß dieser sein Pferd nicht mehr abhalten konnte, mit Gewalt durchzubrechen, wie es Blitz am vergangenen Mittwoch getan hatte.
„Wenn wir diesmal mit von der Partie gewesen wären, hätte es ein richtiges Rennen für ihn gegeben und nicht nur einen Spaziergang, wie er ihn ohne uns gemacht hat“, brummte Henry vor sich hin.
„Wir hätten ihn geschlagen“, sagte Alec.
„Kann sein.“
„Ganz sicher!“ beharrte
Weitere Kostenlose Bücher