Blitz legt los
Teil der hinteren Geraden lag vor ihm. Es war noch weit bis zum hinteren Bogen, weiter als auf der Belmonter Bahn oder jeder anderen in der Umgebung New Yorks. In Aqueduct waren die Bögen kurz und scharf.
Er wartete geduldig ab, bis Blitz in Schwung kam, sah aber besorgt auf die dichtgedrängt laufende Gruppe zu seiner Linken, in der Pferde aneinanderprallten und Reiter schrien. Dort war der Teufel los! Nur Blitz und die beiden Leichtgewichte an der Spitze galoppierten unbehindert. Wo mochte Casey stecken?
Auf einmal sah er ihn hinten in der Gruppe eingekeilt. Mike Costello versuchte verzweifelt, freizukommen. Alec schnalzte, um Blitz schneller werden zu lassen. Bis Casey aus diesem Gewühl heraus war, konnte er Blitz an der Spitze bei den beiden schnellen Pferden haben, und weder Casey noch eines der anderen Pferde würde ihn mehr einholen. Blitz’ Sprünge wurden jetzt länger und schneller, und die beiden Spitzenpferde gewannen keinen weiteren Vorsprung. Sie würden bald, sehr bald ausgepumpt zurückfallen, und Alec würde sie einholen, wenn sie in den scharfen, hoch eingedämmten Bogen gingen. Blitz mußte die Sachlage wohl auch begriffen haben, denn er spitzte die Ohren nach vorn und hielt sie so, während sich der Abstand zwischen ihm und den führenden Pferden rasch verringerte. Er lief jetzt mit aller Kraft. „Wir kommen!“ schrie Alec und berührte mit seiner Hand Blitz’ vorgestreckten Hals, um ihn auf der Mitte der Bahn zu halten. Er wollte nicht an den Außenrand der Biegung getragen werden, in die sie jetzt in vollem Lauf einbogen. Als sie den Scheitel der Bahn erreichten, bemerkte er, daß die beiden führenden Pferde ein wenig zu weit in den kurzen Bogen gerieten. Ihr Abstand vom Zaun wurde dadurch sehr klein; einen Sekundenbruchteil dachte Alec trotzdem daran, Blitz dort herum an ihnen vorbeilaufen zu lassen.
Doch da ein Pferd gerade links von ihm lief, entschloß er sich, es lieber zu lassen; es war zu gewagt. Außerdem war seine Position jetzt sehr aussichtsreich, denn er konnte Blitz nach dem Bogen, wenn sie in der Zielgeraden waren, an den ermüdeten Sprintern vorbeiziehen lassen, und er würde das Rennen mit Leichtigkeit gewinnen. Dank ihrer Außenposition waren sie nicht in Bedrängnis geraten wie Casey.
Alec saß still im Sattel, nahm nur die Zügel ein wenig kürzer im Bogen. Hinter sich hörte er das Donnern der Hufe des immer noch dichtgedrängt galoppierenden Feldes, und das Schreien der Reiter. Er war sehr glücklich, so weit voran zu sein und nicht in dem Rudel zu stecken.
Zu seiner Linken galoppierte jetzt ein Pferd, das es fertiggebracht hatte, dem Gedränge zu entkommen. Er warf einen Blick hinüber. Es war Gunfire! Er konnte Billy Watts Gesicht nicht sehen, der tief auf sein Pferd gebeugt ritt und es mit der Gerte bearbeitete. Alec wunderte sich, warum Billy nicht abgewartet hatte, bis sie auf der Zielgeraden waren, ehe er seinen Vorstoß machte. Gleich darauf sah er Gunfires Hals vorgereckt auf den Zwischenraum zustreben, den er als zu gefährlich verworfen hatte, um dort durchzuschlüpfen. Gelang Billy das Wagnis, dann würde Blitz sich anstrengen müssen, um Gunfire zu überholen. Gelang es Billy nicht, würde er in sehr große Schwierigkeiten geraten.
Billy Watts blieb keine Zeit mehr, seines Pferdes Schwung zu bremsen, als die Führpferde durch die Geschwindigkeit im Bogen gegen den Zaun getragen wurden. Jetzt war keine Öffnung mehr vorhanden! Billy riß die Zügel zurück und stellte sich in den Steigbügeln auf. Sein Gesicht war totenblaß. Eine Sekunde sah es aus, als ob Gunfire zu Boden gehen würde, doch dann gelang es dem Hengst, auf den Beinen und im Laufen zu bleiben.
Neben Billy reitend, sah Alec, daß der Sattel Gun-fires plötzlich ins Rutschen kam — durch den furchtbaren Ruck beim Zurückreißen des Wallachs hatte sich der Gurt gelockert. Gunfire war jetzt wieder in vollem Galopp, während sein Reiter halb unten hing, die Füße in die baumelnden Steigbügel verwickelt. Hinter ihnen rasten zwölf mal vier eisenbeschlagene Hufe donnernd die Bahn entlang. Wenn Billy stürzte und unter die Hufe des Feldes geriet, war es aus mit ihm.
Alec lenkte Blitz dicht an den frei laufenden Wallach heran und packte Billy an der Schulter, bis es diesem gelang, sich wieder gerade zu setzen. Doch auch dann konnte Alec ihn nicht loslassen, denn unterdessen war der Sattel unter Gunfires Bauch gerutscht, und die Steigbügel schlenkerten gefährlich zwischen seinen Beinen
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