Blitz legt los
Minuten, ehe er sagte: „Es kostet Geld, wenn wir reisen, Henry, und uns ist nicht eben viel geblieben. Vielleicht kann er doch mit dem Gewicht fertig werden; es sind ja nur sechs Pfund mehr als gestern.“
„Stell dich nicht dumm, Alec“, schrie Henry. „Freilich sind es bloß sechs Pfund mehr, aber denk doch an die Distanz! Diesmal handelt es sich um 2000 Meter, nicht um 1400 wie gestern. Das kann er nicht schaffen, wenn Casey obendrein zehn Pfund weniger trägt! Das dürfen wir nicht von ihm verlangen!“
Alec betrachtete forschend Henrys Gesicht. Er stellte fest, daß er es diesmal ernst meinte und Blitz unter diesem Gewicht nicht starten lassen würde. Und er hatte recht.
Etwas ruhiger sprach Henry weiter. „Du mußt es von der richtigen Seite aus betrachten, Alec. Es gibt eine Faustregel für die Handicaper, nach der soundsoviel Pfund soundsoviel Längen für die 2000-Meter-Distanz entsprechen. Über den Daumen gepeilt, geben wir Casey fünf Längen Vorsprung, da er zehn Pfund weniger zu tragen hat. Und diesen Vorsprung werden wir Casey nicht zugestehen, weder hier, noch auf einer andren Bahn. Wir werden Blitz erst wieder laufen lassen, wenn wir einen Handicaper finden, der uns gerecht behandelt, eher nicht.“
Die Reporter warteten vor dem Stall auf Henry. Er sagte ihnen dasselbe, was er Alec gesagt hatte, und genau wie dieser glaubten sie es ihm diesmal. Sie kannten Henrys Launen, aber heute hielt er sie nicht zum besten; es war seine ehrliche Überzeugung.
Ein bekannter Rennberichterstatter sagte: „Damit fällt das ,Rennen des Jahrhunderts’ natürlich ins Wasser. Schade!“
„Ihr habt ja noch Casey“, erwiderte Henry brüsk. „Mike ist so scharf auf das Brooklyn, daß er sicherlich auch mit dem hohen Gewicht an den Start gehen wird, das seinem Hengst zudiktiert worden ist. So lange dieses Rennen gelaufen wird, haben nur zwei andre Pferde ein Gewicht von 136 Pfund getragen, das könnt ihr euren Lesern berichten“, schloß er ironisch.
„Außer Casey haben wir ja auch noch Eclipse“, warf der Reporter ein. „Wir kommen gerade aus seiner Box.“
„ Wen habt ihr?“ fragte Henry ungläubig.
„Eclipse“, wiederholte der Berichterstatter. „Er startet im Brooklyn mit 116 Pfund. Haben Sie die Liste nicht bis zu Ende gelesen?“
Henry nahm das Blatt, das ihm hingereicht wurde. Ganz unten in der Reihe der 55 für das Rennen genannten Pferde stand Eclipse. Und er trug nur 116 Pfund! „Jetzt bin ich sicher, daß der Handicaper verrückt ist“, sagte Henry.
Mehrere Reporter lachten, aber die meisten blieben ernst. Einer sagte: „Damit bricht er wieder aus der Reihe seiner Altersgenossen aus, Henry, und diesmal über eine große Distanz, nicht über eine Sprinterstrecke wie neulich. Ich vermute, sein Trainer ist auf eine Begegnung mit Blitz und Casey versessen.“
„Unter so ungerechten Gewichtsbedingungen wird Eclipse niemals auf Blitz stoßen“, erklärte Henry mit Nachdruck.
Ein noch sehr junger Reporter sagte — allzu höflich, als daß man die Ironie nicht herausgehört hätte —: „Herr Dailey, ich bin noch ein Neuling auf diesem Gebiet. Immerhin weiß ich, daß der Jockey-Club einen Gewicht-nach-Alter-Maßstab festgesetzt hat, nach dem sich die Handicaper richten. Stimmt das?“
„Danach müssen Sie einen Handicaper fragen“, erwiderte Henry kurz. „Jedenfalls ist unser Handicaper augenscheinlich von diesem Maßstab ausgegangen.“
„Schön“, fuhr der junge Mann fort, „Sie finden Eclipses 116 Pfund ungerecht. Nach dem offiziellen Maßstab ist das jedoch das Gewicht, das ein Dreijähriger tragen soll, wenn er über die Distanz von 2000 Metern gegen ältere Pferde läuft.“
Henry verzog das Gesicht. „Es ist trotzdem ungerecht“, antwortete er geduldig. „Ich habe es schon mehrmals gesagt, und ich wiederhole es hiermit: Eclipse ist kein normales dreijähriges Pferd und dürfte infolgedessen auch nicht wie ein solches mit dem Gewicht bevorzugt werden. Sehen Sie sich doch die drei neuen Bahngeschwindigkeiten an, die der Hengst bei seinen letzten drei Rennen erzielt hat. Eclipse ein Gewicht nach den Maßstäben, die für normale Dreijährige aufgestellt worden sind, zuzumessen, das ist unfair gegenüber seinen Konkurrenten. Und eine solche Ungerechtigkeit unterstütze ich nicht!“
Der junge Reporter lächelte. Er hatte Henry Dailey, wo er ihn haben wollte, er würde einen interessanten Artikel schreiben können. „Unfair sagen Sie? Meinen Sie nicht, daß es in
Weitere Kostenlose Bücher