Blitz legt los
weit höherem Ausmaß unfair wäre, wenn man einem jungen Pferd dasselbe Gewicht aufbürden würde wie den älteren?“
„Verdrehen Sie gefälligst meine Worte nicht“, gab Henry scharf zurück, dem allmählich der Geduldsfaden riß. „Ich habe nicht von demselben Gewicht gesprochen, sondern von gerechtem Gewicht. Eclipse soll viel zu wenig, Blitz viel zu viel tragen. Deshalb wird Blitz im Brooklyn nicht starten.“
Die Reporter schrieben ihre Artikel. Die meisten vertraten Henrys Meinung, und später ergab sich, daß das auch ihre Leser taten. Die Trainer stimmten ihm ebenfalls fast alle zu und zogen ihre Meldungen zurück. Nur wenige fanden sich bereit, ihre Handicap-Pferde gegen Eclipse laufen zu lassen.
Michael Costello war besonders empört. „Der Alte im Rennbahnbüro scheint vom Teufel besessen zu sein“, protestierte er wütend. „Casey wird auch nicht laufen, wenn Eclipse mit dem Gewicht so bevorzugt wird.“
Trotz aller Kritik blieb der Handicaper stumm und unnachgiebig. Er ließ nur eine kurze Notiz veröffentlichen, daß es seine Aufgabe sei, jedem Pferd eine Gewinnchance zu geben. Seit mehr als 40 Jahren versehe er das Amt des Ausgleichens, das eine Kunst sei und große Erfahrung, gründliche Pferdekenntnis und Fingerspitzengefühl voraussetze. Er habe die Gewichte im Brooklyn-Handicap nach bestem Wissen und Gewissen festgesetzt, und er-sehe keinen Grund, die Gewichtsverteilung zu ändern.
Nachdem Henry diese Erklärung gelesen hatte, sagte er zu Alec: „Damit ist die Sache entschieden — wir starten am Sonnabend nicht.“
Am Donnerstagmorgen gab es jedoch eine Sensation, denn der Rennbahnpräsident erhöhte den Siegerpreis im Brooklyn auf 100 000 Dollar, zuzüglich Nenn- und Eintragungsgeld! Das hieß, daß zum ersten Mal, so lange das Rennen gelaufen wurde, dem Sieger 100 000 Dollar sicher waren! Der Schlußabsatz der Ankündigung lautete: „Dadurch wird das Brooklyn-Handicap in diesem Jahr zu einem der höchstdotierten Rennen unseres Landes, und wir hoffen, auf diese Weise eines der denkwürdigsten Renn-Ereignisse unserer Zeit zu ermöglichen. Wir glauben zuversichtlich, daß die Trainer, welche die Rennwelt mit ihrem Entschluß, die Nennung ihrer Pferde zurückzuziehen, so schwer enttäuscht haben, nunmehr in Anbetracht des hohen Siegerpreises ihre Bedenken hintanstellen und ihre Pferde starten lassen werden.“
Am selben Tag noch gab Caseys Trainer der Presse bekannt, daß er seine Meldung aufrechterhalte: „Mir erscheinen die zwanzig Pfund Mehrgewicht gegenüber Eclipse heute genau so ungerecht wie vorher“, erklärte er. „Für 100 000 Dollar würden wir jedoch sogar gegen Pegasus persönlich antreten.“
Und Henry Dailey äußerte am Abend: „Die Rennbahnleitung weiß augenscheinlich, wie notwendig wir 100 000 Dollar für den Neubau eines Stalles brauchen. Wir werden deshalb den Versuch wagen und uns im Kopfsprung hineinstürzen. Ich binjedoch froh, daß die Rennbahnleitung in ihrer Verlautbarung die Worte ,Sportgeist‘ und ,Pflicht der Champion-Besitzer 1 weggelassen hat, denn ich empfinde es nicht als ehrlichen ,Sportgeist‘, die drei großen Stars unter diesen ungleichen Gewichtsverhältnissen zu diesem großen Rennen antreten zu lassen. Ich fürchte sehr, daß meine Ansicht am Sonnabend bestätigt werden wird; doch hoffe ich auf irgendeinen glücklichen Zufall in einem großen Feld, der die ungerechten Gewichte wettmacht.“
Nur drei am Start
„Der Alte im Rennbüro“, wie Mike Costello den Handicaper genannt hatte, war wirklich sehr alt. Sein Haar war schneeweiß, doch er trug keine Brille, und seine Augen waren so scharf wie eh und je. Sie hatten geholfen, ihn zu einer Autorität auf seinem Gebiet zu machen, und die Fachleute kannten ihn als einen fast unfehlbaren Führer wahrer Champions oder solcher, die sich noch auf dem Weg an die Spitze befanden. Meistens erwies es sich als richtig, wenn er einem Pferd einen hohen „Zoll“ auferlegte. Meistens, aber nicht immer.
Der alte Herr war nicht einverstanden gewesen mit der Art, in der Casey am letzten Montag das Carter-Handicap gewonnen hatte. Mit seinen 135 Pfund hatte der Kastanienbraune die anderen Pferde auf der Zielgeraden hinter sich gelassen, als wäre es nur ein Spiel für ihn. Das durfte nicht noch einmal geschehen. Keineswegs, daß er etwa grundsätzlich mit den Schwächeren sympathisierte. Aber er wollte nicht, daß die Schwächeren so jämmerlich besiegt wurden. Er sah es als schweren Fehler an, daß
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