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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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ihm, das weißt du... und 30 000 Dollar sind kein Pappenstiel.«
    Alec schüttelte lächelnd den Kopf. »Das tut Vater nicht« war alles, was er sagte.
    Kurz darauf kam Herr Ramsay herein. Als er an Alecs Bett trat, stand Henry von seinem Stuhl auf, bot ihn Herrn Ramsay an und ging ans Fenster. Er drehte Vater und Sohn den Rücken zu und hörte Herrn Ramsay sagen: »Alec, Herr Boldt ist unten, und er bietet mir...«
    »Ich weiß Bescheid, Vater, Henry hat es mir erzählt«, fiel Alec ein.
    Henry glaubte zu fühlen, wie Herrn Ramsays Blick zu ihm hinüberschweifte, aber er tat unbeteiligt und sah weiter zum Fenster hinaus. »Vulkan bedeutet mir mehr als Geld, Vater«, fuhr Alec ruhig fort. »Er wird ein wunderbares Pferd werden, genau wie Blitz. Es gibt wohl auf der ganzen Welt kaum zwei Pferde, die ihnen gleichen.«
    Nach langem Schweigen antwortete Herr Ramsay: »Du liebst ihn also immer noch, auch nach dem, was er dir angetan hat? Ich bin im Bilde, mein Sohn, ich war heute morgen im Stall. Vulkan ist...«
    »Er ist Wildheit und Feuer in einer Person, sicherlich, Vater«, unterbrach ihn Alec, und sogar Henry überlief ein Schauder der Rührung über die überwältigende Liebe, die die Stimme des jungen Menschen zum Ausdruck brachte. »Aber das ist genau das, was er sein soll. Er ist ein ungewöhnliches Pferd und wird es immer bleiben. Er ist wie Blitz: schön, wild und voll Adel.« Leiser setzte er hinzu: »Und bald, Vater, wird er nicht mehr so unbändig sein, denn ich werde seine Zuneigung gewinnen.«
    Es folgte eine lange Stille, und jetzt wußte Henry, welche Antwort Herr Ramsay Peter Boldt geben würde. Denn Alecs Worte hatten keine Ähnlichkeit mit der leidenschaftlichen Bitte eines Knaben um ein lebloses Ding wie etwa ein Motorrad, noch war es das Gejammer eines jungen Menschen, der durchaus seinen Willen durchsetzen will. Nein, Alecs Worte kamen aus dem Herzen, und sie zeugten von der seltsamen, aber tiefen, sein Leben bestimmenden Liebe, die er für sein Pferd hegte.
    Henry wandte sich herum zum Bett. Herr Ramsay war aufgestanden und sah auf seinen Sohn hinunter. Langsam wich der beklommene, strenge Zug in seinem Gesicht einem Lächeln. »Das Pferd gehört dir«, sagte er sanft, »und wenn du die 30 000 Dollar nicht dafür annehmen willst, brauchst du es nicht zu tun.« Er strich bei diesen Worten zart über Alecs Kopf, richtete sich auf und ging hinaus.
    Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, mußte Henry schwer mit der Versuchung kämpfen, ihm nachzugehen, um Boldts Gesicht zu sehen, wenn ihm Alecs Entscheidung mitgeteilt wurde. Er wußte, daß Boldt schäumen würde vor Zorn. Achselzuckend entschied er sich, bei Alec im Zimmer zu bleiben. Aber er hätte eine Wette darauf abschließen mögen, daß Peter Boldt seinen Plan, Vulkan an sich zu bringen, keineswegs aufgeben würde. Früher oder später würde er wieder in Erscheinung treten.

    ZWÖLFTES KAPITEL

Ein Kampf auf Leben und Tod

    Mit schleppenden Füßen ging der alte Trainer einige Zeit später in sein Haus hinüber. Noch zwei Tage brauchte er, ehe er die Erkenntnis, die er gewonnen hatte, in die Tat umsetzte; daß es an ihm war, dem alten Pferdekenner, trotz Alecs unbegrenzter Liebe für das Pferd oder vielmehr gerade wegen dieser Liebe, Vulkans ungebändigte Wildheit mit Gewalt zu brechen. So jedenfalls ging es nicht weiter; sonst wurde der Junge doch noch zum Krüppel oder fand eines Tages den Tod. Es würde allerdings eine schwere Sache sein, ein für allemal die Heimtücke aus Vulkans schwarzem Herzen zu vertreiben, ihm beizubringen, daß er sich dem Willen des Menschen zu fügen hatte. Und es mußte unbedingt geschehen, bevor Alec auf stand und wieder umherging!
    Sehr früh am Morgen verließ Henry an diesem Tag sein Haus. Das Gras war noch naß vom Tau, der Himmel verhangen. Er ging zum Stall, das Gesicht gespannt, die Brauen gerunzelt. Dicht vor der Tür blieb er stehen, öffnete seine geballten Fäuste und betrachtete seine vor Erregung feuchten Handflächen. Es war kühl; trotzdem brach ihm der Schweiß aus, und das quälte ihn, genau wie das beklemmende Gefühl in seiner Brust, das seinen Atem kurz und keuchend machte. Wohl eine volle Minute stand er so und sagte zu sich selbst, daß er fähig war, auszuführen, was er sich vorgenommen hatte, obwohl er alt und nicht in der besten körperlichen Verfassung war. »Ich muß es tun! Ich muß es für Alec tun!« sagte er zu sich selbst. »Es ist meine Pflicht. Ich muß verhüten, daß

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