Blitz schickt seinen Sohn
entschloß sich Henry, den Lasso anzuwenden. Er nahm beide von der Schulter und rollte sie zur Probe mehrmals auf und wieder zusammen. Dann näherte er sich langsam von neuem dem Pferd. Er nahm an, es würde eine Weile dauern, bis er Vulkan an einer Stelle hatte, wo er ihm die Wurfschlinge über den Kopf werfen konnte; er merkte jedoch schnell, daß das ein Trugschluß war, denn Vulkan hatte es jetzt satt, getrieben zu werden; er wandte sich ihm drohend entgegen. Sein schwarzer Körper bebte, zornig stampften seine Hufe den Boden. Henry sah, wie sich die böse starrenden Augen röteten. Da wußte er, daß der Kampf begann! Er würde keine Gelegenheit haben, Vulkan den schweren Sattel aufzulegen und ihn zu besteigen, wie er es geplant hatte... Jetzt war Vulkan nicht mehr der Gejagte und er der Jäger... Jede Bewegung zeigte, daß sich die Dinge ins Gegenteil verkehrt hatten! »Dann komm nur her, du Teufel!« knurrte Henry mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich werde dich gebührend empfangen.« Damit nahm er die Peitsche in die rechte Hand. Doch bevor noch die Worte in der stillen Luft verklungen waren, raste Vulkan auf ihn zu mit aufgerissenem Maul, aus dem die Zähne bleckten und weißer Schaum flockte.
Henry sah das Weiße in den flackernden Augen. Mit aller Kraft schlug er ihm die Peitsche über den Kopf. Gleich darauf stürzte er, von Vulkans Schulter gestreift, zu Boden. Ein paar Sekunden blieb er benommen liegen, dann, wieder klar werdend, wandte er sich schnell dem Pferd zu. Es hatte nur eine kleine Strecke zurückgelegt; gerade drehte es sich und stand ihm wieder gegenüber. Seine Augen funkelten vor Wut, doch las Henry gleichzeitig Erstaunen darin über den ersten Hieb, den es in seinem Leben bekommen hatte. Aber das Staunen ging rasch vorbei, und die Wut gewann wieder die Oberhand. Henry sprang auf, denn Vulkan ging zum zweitenmal auf ihn los. Wieder wartete er, bis das Pferd dicht vor ihm war, dann schlug er ihm erneut mit aller Gewalt die Peitsche übers Maul. Wieder wurde er zu Boden geworfen, und diesmal durchschnitt ein gellender Aufschrei Vulkans die Luft. Henry fühlte, daß ihm Blut übers Gesicht lief, so hart war er hingefallen. Verzweifelt kämpfte er darum, bei Besinnung zu bleiben, denn er wußte: Wurde er ohnmächtig, war es aus mit ihm. Es gelang ihm, wenigstens ein Knie aufzustützen und den Kopf in Richtung des Pferdes zu wenden, das ein Stück weiter gelaufen war und vor Wut und Schmerz laut schnaubte. Trotzdem machte es Miene, zum drittenmal anzugreifen. Henry kam taumelnd auf die Füße, schrie mit aller Lungenkraft und fuchtelte mit der Peitsche in der Luft. Vulkan schwenkte irritiert zur Seite, kurz ehe er Henry erreichte, und donnerte vorbei. Sein Aussehen war furchterregend. Er verlangsamte sein Tempo, wendete und kam erneut auf Henry los. Inzwischen hatte Henry einen Lasso ergriffen und ließ die Wurfschlinge kreisen. Vulkan stutzte, als er diese neue Waffe entdeckte. Henry sah seine Chance — jetzt mußte er ihm die Schlinge Überwerfen! Wenn er nicht traf, war er verloren! Zischend sauste der Lederriemen durch die Luft. Für den Bruchteil einer Sekunde fürchtete Henry, er habe zu weit gezielt; doch dann senkte sich die Schlinge über Vulkans Kopf und legte sich um sein Genick. Henry zog den Riemen an, so schnell er konnte, die Schlinge zog sich zusammen und umschnürte Vulkans Hals. Dann warf sich Henry, alle Kraft seines alten Körpers zusammennehmend, plötzlich zurück in der Hoffnung, das Pferd zu Boden zu bringen.
Das Glück war auf seiner Seite: Vulkan hatte eben wenden wollen, als sich die Schlinge zuzog; durch Henrys unerwarteten, scharfen Gegenzug verlor er das Gleichgewicht, glitt in dem nassen Gras aus, stolperte und stürzte mit einem lauten Schrei zu Boden. Henry rannte vorwärts; der zweite Lasso wirbelte in der Luft. Der alte Mann war außer sich vor Zorn. »Jetzt hab’ ich dich, du Teufel!« schrie er. Die ungezählten Angriffe, die Vulkan im Lauf der Zeit auf ihn gemacht hatte, standen alle in einer Summe vor seinem geistigen Auge. Jetzt war er von der blinden Leidenschaft besessen, dieses Untier endlich unterzukriegen. Sein Gesicht war ebenso wutverzerrt wie das des schwarzen Dämons vor ihm. Er war nicht mehr Trainer, sondern Jäger... Und sein Triumph war nahe!
Er hielt sich außer Reichweite der verzweifelt die Luft schlagenden Hufe. Während er den ersten Lasso straff um Vulkans Hals zusammenzog, flog die zweite Schlinge dem Pferd über die Nase und
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