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Blitz und der Brandfuchs

Blitz und der Brandfuchs

Titel: Blitz und der Brandfuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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des Vampirs, der bald vor, bald zurück, bald zur Seite flatterte.
    Blitz sprang mit einem enormen Satz mit allen vier Beinen zugleich in die Höhe. Einen Moment lang sah es aus, als habe er dem Vampir einen Schlag versetzen können, doch das Tier entkam um Haaresbreite; der Rappe kam so hart auf den Boden, daß er sich nur mit Mühe im Gleichgewicht halten konnte. Kurze Zeit verharrte er regungslos mit gespitzten Ohren, aufs neue sprungbereit, sowie sich die Gelegenheit ergeben würde. Er schnaubte vor Enttäuschung, als er den Vampir davonfliegen sah.
    Der Brandfuchs wirbelte herum, und einer seiner hochgeschleuderten Vorderhufe traf den Vampir noch, der unmittelbar über ihm war. Aber er hatte ihn nur gestreift und nicht vermocht, ihn zu Boden zu schmettern. Schwankend flatterte er über die Köpfe der Stuten auf die Klippen zu.
    Die beiden Hengste standen ruhig und ohne Haßgefühle nebeneinander. Sie wußten, daß die Gefahr für sie und die Herde vorläufig vorüber war! Sie würden beide Nachtwache halten; sie waren müde zum Umsinken, doch ihr Atem ging ruhiger. Bald würde der verseuchte Vampir zurückkehren und erneut versuchen, ein Opfer zu finden. Bis dahin mußten sie ausgeruht und für den neuen Kampfbereit sein, das wußten die beiden Hengste.

Geflügelter Tod

    Der Vampir hing kopfabwärts an einem Felsvorsprung. Im Mondschein wirkte sein Bauch silbergrau; er war verhältnismäßig klein. Sehr zweckmäßig war sein Gebiß: messerscharfe, in flachem Halbkreis angeordnete Schneidezähne, die ausgezeichnet dafür geeignet waren, die Haut oder das Fell eines Opfers zu zertrennen und eine kleine, sauber eingekerbte Wunde zu verursachen.
    Das tollwütige Tier konnte die Pferde von seinem Rastplatz aus sehen, denn entgegen einer allgemein verbreiteten Annahme verfügte er über scharfe Augen. Es war nur eine Frage der Zeit, wann er wieder angreifen würde. Er verfolgte die Bewegungen der beiden Hengste, die er fürchten gelernt hatte. Normalerweise war seine einzige Feindin die Nachteule.
    Er führte ein ruhiges Leben; tagsüber schlief er, erst nachts wurde erwach und flog umher, um seine Nahrung zu suchen. Normalerweise hatte der Biß des Vampirs keine bösen Folgen, er verursachte keine Schmerzen und schwächte sein Opfer kaum, weil der Blutverlust nur sehr gering war. Dieser Vampir aber hatte die Tollwut!
    Plötzlich glitt er von seinem Felszacken hinab. Mit ausgebreiteten Flughäuten hing er einen Augenblick in der Luft, flatterte auf den Vorsprung zurück und lief mit zusammengefalteten Flughäuten bis zu einer Spalte. Wie eine Maus huschte er hinein und saß minutenlang bewegungslos, fast schlafend. Diese vollständige Erschlaffung war ebensowenig normal wie der Schaum, der ihm vor dem Maul stand. Beides waren Anzeichen der Tollwut.
    Ein Zittern überlief ihn, wachsende Erregung schüttelte seinen kleinen Körper. Er fürchtete sich vor den beiden riesigen Hengsten unten im Tal und versuchte, seinen Trieb, sofort wieder anzugreifen, zu unterdrücken. Er schob sich tiefer in die Felsspalte hinein, wo er sich in Sicherheit befand.
    Es war der einunddreißigste Tag, seit er sich bei einer erkrankten Kuh auf Trinidad angesteckt hatte; die ganze Zeit hatte er das Virus latent in seinem Blut getragen. Jetzt erst zeigten sich deutlich die sichtbaren Folgen. Es bedeutete, daß sein Tod nahte.
    Lange Zeit blieb er ganz still. Schwere Wolken schoben sich vor den Mond, die Nacht wurde stockdunkel. Wiederholt stieß der Vampir einen schrillen Schrei aus, der jedoch so hoch war, daß selbst die wilden Pferde ihn nicht hören konnten. Er lauschte auf die Reflexe der Schallschwingungen, denn sie verrieten ihm deutlicher als seine Augen, wie nahe ihm die Objekte seiner Umgebung waren. Außerdem zeigte ihm dieses wunderbare „Radarsystem“ auch, wen oder was er vor sich hatte.
    Je mehr Zeit verging, desto aufgeregter und rastloser wurde er — ein weiteres Zeichen dafür, daß die Tollwutinfektion ihren Höhepunkt erreichte. Der Drang, anzugreifen, wurde so stark, daß er sich nicht mehr zurückhalten konnte und die Felsspalte verließ.
    Von dem Vorsprung aus konnte er die Pferde nicht sehen, doch spürte er, daß sie noch im Tal waren. Er drehte den Kopf ruckartig von einer Seite zur anderen, als ob ihn Krämpfe schüttelten. Wilde Schreie brachen aus ihm hervor, wurden so schrill und scharf, als fühlte er entsetzliche Angst. Sein kleines Maul klaffte auf, und krampfhaftes Zittern durchlief seinen Körper. Er

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