Blitz und der Brandfuchs
geflügelten Verfolger zu entkommen. Alle wußten, daß sie in Todesgefahr waren.
Die beiden Hengste folgten ihnen. Der Schwarze hatte bei der Wendung die Innenseite und rannte auf der Geraden wieder neben dem Roten her. Kopf an Kopf, Auge an Auge galoppierten sie, keiner ließ auch nur eine Sekunde in der Schnelligkeit nach.
Der Vampir flog vor ihnen her, einmal etwas höher, dann wieder in der Nähe ihrer Köpfe; aber unbeirrt hielt er die Richtung auf die Herde ein.
Die Hengste wollten ihn mit ihren Zähnen in Stücke reißen oder ihn packen, zu Boden werfen und zerstampfen. Ihre empfindlichen Nüstern waren beständig mit dem Geruch gefüllt, der sie wahnsinnig machte vor Wut — und auch vor Furcht, denn sie spürten, daß dieser geisterhafte Widersacher sehr gefährlich war.
Die Herde befand sich jetzt am äußersten Ende des Tales. Die Stuten wurden immer verängstigter, je näher ihnen der Vampir kam. Sie fürchteten für ihre Fohlen und galoppierten laut schreiend um sie herum. In ihrer Panik rannten sie einander um, stürzten, sprangen aber schnell wieder auf.
Die beiden Hengste jagten immer noch Kopf an Kopf wie ein Zweigespann hinter dem Vampir her. Ihr einziges Bestreben war, den Vampir einzuholen und zu töten, bevor er die Herde erreichte.
Der Brandfuchs schwenkte nach rechts, einer plötzlichen Wendung des Vampirs folgend. Er schüttelte den Kopf und kämpfte um das verlorene Gleichgewicht. Blitz folgte ihm, und gleich darauf rannten sie wieder nebeneinander her als der Vampir in entgegengesetzter Richtung von der Herde wegflog. Jetzt lag nur noch das langgestreckte Tal wie eine Rennbahn vor ihnen, beide Hengste stürmten vorwärts, als hätten sie ihre größte Kraft bis jetzt aufgespart. Der Wind pfiff um ihre gespitzten Ohren, und der Abstand zwischen ihnen und dem Vampir verkleinerte sich.
Plötzlich zog Blitz davon, flog vor dem Rivalen her, und seine Ohren waren von Zeit zu Zeit nach hinten gerichtet, als lauschte er auf die Hufschläge des anderen Hengstes hinter sich.
Der Brandfuchs nahm die Herausforderung an, seine enormen Galoppsprünge konnten glauben machen, er sei vorher nur im Trab gegangen. Stück für Stück arbeitete er sich an Blitz heran, bis die beiden kraftvollen Körper wieder auf gleicher Höhe dahinjagten.
Nebeneinander durchmaßen sie die Länge des Tals, bis sich der Vampir erneut umwendete. Beide Pferde rissen den Körper ebenfalls herum, waren aber so sehr im Schwung, daß ihr Bogen größer wurde als der ihres Feindes. Mit äußerster Anstrengung gewannen sie kurz darauf wieder die gewohnte Schnelligkeit.
Der Vampir flog von neuem auf die Herde zu, die beiden Hengste folgten ihm schnaubend. Dieses Rennen war mit keinem anderen zu vergleichen, denn es kam hier nicht darauf an, ob ein Pferd schneller am Ziel anlangte als das andere, sondern es war ein Rennen auf Leben und Tod. Ihr Instinkt trieb sie, die Herde zu beschützen, denn ihr scharfer Geruchssinn sagte ihnen mehr als ihre Augen.
Obwohl sie ihr Tempo noch einhielten, waren ihre Sprünge jetzt nicht mehr so mühelos; schon allzu lange hielten sie die unerhörte Geschwindigkeit durch. Dennoch wollte keiner von beiden aufgeben, denn keinem fehlte es an Mut und Willen.
Mühsam arbeitete sich Blitz einige Zentimeter vor, aber der Brandfuchs blieb nicht zurück, er streckte sich mit wilder Kraft und gewann allmählich den kleinen Vorteil zurück, den Blitz sich erkämpft hatte. Nebeneinander rasten sie keuchend dem Vampir näher, der die verstörte Herde fast erreicht hatte. Nur noch Augenblicke konnte es dauern...
Der geflügelte Mörder schwebte über der Herde. Kopf an Kopf, Maul an Maul nahmen die Hengste die letzte Strecke. Die Herde stob auseinander, als beide mitten zwischen die verschreckten Tiere rasten und mit den Zähnen den geflügelten Teufel zu packen versuchten.
Eine Stute stürzte zu Boden, der Vampir flatterte unmittelbar über ihr. Sie rollte sich auf den Rücken und stieß mit allen vier Hufen gleichzeitig aus, vor Entsetzen laut schreiend. Der Vampir kreiste über ihr, stieß aber nicht auf sie hinab, sondern flog wieder weiter.
Die beiden Hengste folgten ihm mit donnernden Hufen, rannten zwischen der Herde herum und bäumten sich von Zeit zu Zeit hoch auf, ja, schleuderten sich in die Luft, mit der Absicht, den Feind zu erwischen.
Der rote Hengst kam schwer atmend so heftig zu Boden, daß er stolperte und stürzte. Aber er raffte sich sofort wieder auf und folgte dem taumelnden Flug
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