Blizzard-Fehde
Vorwerken. Er muss ja ein weites Land überwachen lassen. Damals, als die große Rinderherde kam, sich während des Blizzards überall im Land verteilte und all die schützenden Winkel suchte, da hatte er nach dem Blizzard Zeit, seine Reiter zu sammeln und eine große Streitmacht zu bilden, so wie damals gegen unsere Kriegshorde von Rothorns Dorf. Ich habe das beobachtet und gehofft, dass Bourdelle verlieren würde. Aber er gewann. Ich kenne sogar den Ort, wo der Anführer der Herdenmannschaft, der euer Onkel war, kämpfend gestorben ist.«
Nun staunten Luke und ich mächtig. Dieser Biberzahn sorgte immer wieder für neue Überraschungen.
* * *
Es war schon fast Abend am nächsten Tag, als wir den von hohen Espen eingefassten Niobrara erreichten.
Vor uns lag die Furt. Dicht bei der Furt stand ein Blockhaus. Es gab zwei Corrals und ein Schutzdach für die Tiere.
Biberzahn sagte: »Bourdelle lässt diese Furt ständig bewachen. Sie ist weit und breit der einzige Übergang. Sonst sind die Ufer zu steil – oder es ist Treibsand im Fluss. Nur wir Indianer kennen noch weitere Möglichkeiten, um auf die andere Seite zu gelangen. Drüben auf der anderen Seite, etwa zwanzig Meilen von hier entfernt, liegt die Siedlung Chadron, aus der Bourdelle seine Stadt machen will. Denn jedes Königreich braucht eine Hauptstadt, nicht wahr? Eines Tages soll sie anerkannte County-Hauptstadt werden. Bourdelles Ranch aber wird so etwas wie die Königsburg sein – oder das Königsschloss. Wir sollten erst einmal hier anfangen.«
Er deutete auf die Blockhütte hinab.
Luke und ich nickten.
Im letzten Tageslicht ritten wir hinunter – ganz offen, so als hätten wir ein Recht dazu und müssten uns nicht verstecken.
Aber es war uns klar, dass wir jetzt erst richtig in den Krieg ritten.
Biberzahn sagte noch, indes wir hinunterritten: »Dort an der Furt fand der große Kampf statt zwischen Bourdelle, eurem Onkel und deren Reitern. Bourdelle ließ dann alle Toten unter ein überhängendes Flussufer bringen – ja, auch seine eigenen Toten. Denn als Tote waren sie nun keine Feinde mehr. Man legte sie alle nebeneinander auf das schneebedeckte Ufer, dort, wo man im Sommer im weißen Sand liegen konnte nach einem Bad im Fluss. Sie brachten dann das überhängende Ufer zum Einsturz. Die sandige Erde begrub sie alle – alle, die sich zuvor gegenseitig töteten. Nun waren sie keine Feinde mehr. So ist Bourdelle.«
Wir begriffen, was er mit dem letzten Satz sagen wollte. Bourdelle war jede überraschende Entscheidung zuzutrauen.
Inzwischen waren wir der Hütte beim Flussübergang sehr nahe gekommen. Obwohl der Schnee den Hufschlag unserer Pferde dämpfte, hatte man uns gehört.
Drei Gestalten traten ins Freie und erwarteten uns im letzten Licht des sterbenden Tages. Erst als wir schon sehr nahe waren, konnten sie erkennen, dass wir nicht zu den Bourdelle-Reitern gehörten.
Sie trugen Revolvergürtel mit Waffen in den Holstern, aber auch Gewehre in den Händen. Ja, sie waren vorsichtig.
Und als wir nahe genug waren, da rief uns einer entgegen: »He, wer seid ihr? Und wer ist diese verdammte Rothaut?«
Ich erwiderte: »Wir wollen zu Bourdelle.«
»Und was wollt ihr von ihm?« Einer von ihnen bellte diese Frage scharf und abweisend.
Ein anderer rief: »Diese Rothaut kenne ich doch! Ich werde sie sofort…«
Der Bursche hatte die Gewehrmündung noch zu Boden gerichtet. Nun aber wollte er sie auf Biberzahn richten, indes er das Gewehr in Hüftanschlag brachte.
Luke zog und schoss ihn von den Beinen.
Und auch ich schnappte nach dem Colt und schoss. Biberzahn aber warf ein Messer. Es steckte plötzlich in der Magengrube eines der Männer.
Und dann war es vorbei. Abermals hallte das Krachen der Schüsse meilenweit in die Runde.
Einer der drei Furtwächter kniete noch und ächzte: »O Hölle, was ist das?« Dann starb auch er. Er umklammerte mit beiden Händen Biberzahns Messer.
Ich konnte ein bitteres Stöhnen nicht unterdrücken, denn es war mir, als würde ich jetzt erst so richtig begreifen, was wir angefangen hatten.
Ja, wir waren jetzt in einem Krieg, der uns mit all unserem Denken und Fühlen in die Hölle bringen musste.
Ich hörte Lukes Seufzer. Dann aber sagte er heiser und so, als wollte er etwas entschuldigen: »Du hast es ja gehört, Bruder. Sie haben Onkel John und all die guten Jungs einfach unter einem heruntergebrochenen überhängenden Ufer bestattet. Und beim nächsten Hochwasser wird dieses Erdreich
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