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Blizzard-Fehde

Blizzard-Fehde

Titel: Blizzard-Fehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.F. Unger
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weggeschwemmt, und die noch nicht zu Erde und Staub gewordenen Leichen werden den verdammten Fluss abwärts…«
    Die Stimme versagte ihm.
    Wir saßen endlich ab. Biberzahn holte sich sein Messer wieder und wischte es, bevor er es in die Scheide steckte, an der Kleidung des Toten ab.
    »Ja, es ist Krieg«, sagte er. »Wir sind auf dem Kriegspfad. Und bald werden sie uns jagen – sehr bald. Es wäre besser, wenn Schnee fiele, ja, wenn ein milder Blizzard käme, der sofort alle Fährten verwischt und allen Feinden die Sicht nimmt. Nur wenn ein Blizzard kommt, können wir vielleicht gewinnen, also an Bourdelle herankommen.«
    Wir verharrten noch bei den Toten und dachten nach.
    Luke sagte: »Eigentlich könnten wir die Nacht in diesem Blockhaus verbringen und müssen nicht im Freien kampieren. Die drei da brauchen keine Wärme mehr. Was machen wir mit ihnen? Schicken wir auch sie auf ihre Pferde gebunden zu ihrem Boss Bourdelle? Ob die anderen inzwischen schon bei ihm angekommen sind, weil ihre Pferde den Weg zur Hauptranch gut genug kannten?«
    »Vielleicht«, murmelte ich. »Aber dann werden bald Reiter durch die Furt kommen. Biberzahn, wie tief ist der Fluss hier?«
    »Nicht tief um diese Jahreszeit«, erwiderte er. »Und in der Mitte ist noch eine zu starke Strömung. Dort ist gewiss noch kein tragfähiges Eis für Reiter. Wer auch kommen mag, er muss sehr langsam und vorsichtig kommen. Wenn einer von uns wacht, können stets zwei von uns…«
    Er verstummte, denn er hielt es nicht für nötig, mehr zu sagen.
    »Also binden wir sie auf ihre Pferde und jagen sie hinüber«, entschied ich. »Das wird Bourdelle ziemlich nervös machen. Nicht wahr?«
    Sie nickten.
     
    * * *
     
    Es war zwei Stunden nach Mitternacht, als ich Biberzahn ablöste.
    Er sagte: »Es ist nichts zu hören. Dies ist eine besonders stille Nacht. Doch im Norden braut sich etwas zusammen. Wir Indianer sagen, dass die grimmigen Winterriesen im Powder-River-Land ihre Kräfte noch einmal sammeln, um dann möglichst weit nach Süden stürmen zu können. Ich denke, nun hocken sie dort wieder, und vielleicht morgen schon wird Waniyetula, der Blizzardgott, seine Wasiyas – seine Blizzard-Riesen – losstürmen lassen.«
    Ich begriff, dass er mit seinen nun etwas blumigen Worten einen Blizzard voraussagte.
    »Und das wird gut sein?« So fragte ich ihn.
    Ich ahnte sein Grinsen in der Nacht und hörte ihn sagen: »Wenn ihr hart genug seid – zäh wie Büffelwölfe und stark wie Grislybären –, ja, dann wird ein Blizzard gut sein für uns. Doch wir müssen uns sachgemäß ausrüsten. In dem Blockhaus da drinnen finden wir alles, was wir brauchen. Es war gut, dass wir es übernahmen.«
    Er hatte alles gesagt und verließ mich, um in der Blockhütte noch etwas Wärme und Schlaf zu bekommen.
    Ich war nun allein am Ufer der Niobrara-River-Furt. Und ich lauschte nach Norden. Dort irgendwo war dieser King Ernest Bourdelle, den wir töten wollten, weil er unserem Onkel John die Herde stahl und ihn umbringen ließ, dazu noch einige seiner Treiber, die alle unsere Freunde waren.
    Ich hockte unter einer alten Espe. Dieser pappelähnliche Baum hatte sein Laub längst verloren. Es lag gewiss unter dem Schnee. Im dichten Espenwald scharrten die Rinder wahrscheinlich den Schnee weg und fraßen das Laub.
    Ich lauschte immer wieder über den Fluss. Aber ich hörte nur sein Rauschen in der noch offenen Mitte.
    Die Stunden vergingen. Obwohl die Nächte um diese Jahreszeit lang waren, begann sich im Osten ein wenig Grau zu bilden. Irgendwann würde der neue Tag kommen. Was würde er bringen?
    Manchmal witterte ich nach Norden. Sollte Biberzahn wirklich Recht haben mit seiner Voraussage? Würde bald ein neuer Blizzard kommen?
    Ich dachte: Das wird dann eine richtige Blizzard-Fehde. Und wir müssen dann nicht nur gegen Bourdelle und dessen Macht, sondern auch noch gegen einen Blizzard kämpfen. Es wird letztlich darauf ankommen, wie hart und zäh Bourdelle und dessen Reiter sind im Vergleich zu uns. Außerdem haben wir noch einen besonderen Trumpf, nämlich Biberzahn. Ja, dieser Indianer könnte den Ausschlag geben. Ich hätte niemals gedacht, dass wir uns einmal mit einem Cheyenne-Indianer gegen Weiße verbünden könnten.
    Die Nacht ging ihrem Ende zu. Der Himmel überall in der Runde wurde grau. Und überdies war es absolut windstill.
    Auf der anderen Seite regte sich nichts. Es kamen keine Reiter von drüben zur Furt.
    Verdammt, warum ließ sich kein Reiter blicken?

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