Blood Coven Vampire 03 - Nur ein kleines Bisschen-iO
wurde, nicht aufwiegen. Und mein gesunder Menschenverstand erinnert mich immer wieder daran, dass ich mitten im Wald mit einem Fremden zusammen bin. Ich darf auf gar keinen Fall den Kopf verlieren.
»Nein danke. Mir geht es gut«, erkläre ich ihm, obwohl ich ernstlich versucht bin, einfach Ja zu sagen. »Lass uns nur tanzen, okay?«
Er wirkt verärgert, stopft jedoch die Pillen in seine Taschen und legt die Hände um meine Taille. Seine Berührung ist elektrisierend und schon bald verliere ich mich im Tanz; die Musik kitzelt an meinen Ohrläppchen und die blitzenden bunten Lichter ziehen mich machtvoller in ihren Bann als jede Droge. Zum ersten Mal seit Monaten fühle ich mich einfach gut. Richtig. Genieße den Augenblick, statt mir wegen jeder Kleinigkeit Stress zu machen. All meine Probleme scheinen eine Million Meilen weit fort zu sein. Ich bin hier. Jetzt. Glücklich. Für immer.
Nun, vielleicht nicht für immer. Aber für den Augenblick. Und das reicht.
Orpheus zieht mich fester an sich. Wir reiben uns aneinander und kichern, während wir uns im Rhythmus wiegen. Er ist so sexy. So cool. Ich bin total heiß. Ich versuche, ein schlechtes Gewissen wegen Jareth heraufzubeschwören, der wahrscheinlich allein in seinem Hotelzimmer sitzt und sich irgendwelche lehrreichen Sendungen ansieht, aber die Musik verbietet jedwedes Gefühl der Reue. Außerdem, was schert es mich, was er denkt? Er hat mit mir Schluss gemacht. Seine Entscheidung. Also Teufel mit ihm.
Wir tanzen stundenlang und trinken dabei eine Flasche Wasser nach der anderen. Ich begegne mehreren anderen Ravern, die mich umarmen und willkommen heißen und mir Lutscher, kleine Spielzeuge und Sticker anbieten. Ich fühle mich, als sei ich Teil einer glücklichen Familie, die mich mit offenen Armen in ihr Haus eingeladen hat. Niemand verurteilt mich hier. Dafür, wie ich aussehe, wie ich mich benehme, wo ich herkomme. Sie nehmen mich einfach in ihren drogenumnebelten Kreis auf. Schließlich ergreift Orpheus meine Hand und zieht mich von den anderen weg.
»Ich brauche eine Pause!«, sagt er lachend. »Du bist nicht zu bremsen.«
Wir geben zu einem tosenden Lagerfeuer am Rand der Lichtung und setzen uns auf den Boden. Ich halte die Hände hoch um die Wärme des Feuers zu spüren. Orpheus rutscht hinter mich und fängt an, mir den Rücken zu massieren. »Hmmm, das fühlt sich gut an«, schnurre ich. »Hör nicht auf.«
»Aufhören, die Schultern eines schönen Mädchens zu massieren? Verdammt unwahrscheinlich«, sagt er.
Mir fällt auf, dass die Dunkelheit sich langsam hebt. Ein fleckiges Purpur erhellt den Himmel. Es muss fast Morgendämmerung sein. Ich blicke auf meine Nightmare-Before-Christmas -Uhr. Vier Uhr morgens.
»Ich muss zurück«, sage ich, obwohl der Gedanke, irgendwo hinzugehen, jetzt gerade nach einer großen Anstrengung klingt. Die vom Tanzen hervorgerufene Adrenalinausschüttung kommt zum Erliegen, der Stoff ist verbraucht und ausgeschwitzt. Ich bin mir plötzlich selbst zuwider. Meine Haut fühlt sich klebrig an. Mein Kopf schmerzt. Mir ist übel. Und meine Stimmung stürzt von himmelhoch jauchzend hinunter bis zu Tode betrübt.
Was hochkommt, muss auch wieder runterkommen.
Was habe ich mir bloß gedacht? Wie konnte ich einfach mit einem Fremden davonspazieren, ohne irgendjemandem zu sagen, wo ich hingehe? Was, wenn Jareth in mein Hotelzimmer zurückgekommen ist? Was, wenn er sich bei mir entschuldigen und sagen will, dass wir es noch einmal miteinander versuchen sollen, und dann begreift er, dass ich nicht da bin? Was, wenn ich meine einzige Chance auf eine Wiederversöhnung verpasst habe?
Ich bin so dumm. So, so dumm.
»Geh nicht!«, sagt Orpheus bittend. Er hört auf, mich zu massieren, und rutscht herum, um mich anzusehen. Er greift nach meiner Hand und führt sie abermals an die Lippen, wobei er mich mit traurigen Augen anschaut. »Die Nacht war wunderschön. Ich will dich nicht bei Einbruch der Dämmerung verlieren.«
Ich lächle schwach. Er ist süß. Sehr Emo. Total mein Typ. Das heißt, wenn mein Herz nicht Jareth gehörte. Aber das tut es, begreife ich. Und ganz gleich, was dazu notwendig ist, ganz gleich, wie lange es dauert, ich muss ihn zurückbekommen.
»Tut mir leid«, sage ich. »Ich muss. Ich habe noch einiges zu tun, einige Leute, mit denen ich sprechen will.« Exfreunde, mit denen ich mich versöhnen will...
»Aber meine Liebste, was könnte wichtiger sein, als dass wir zusammen sind?«, fragt Orpheus.
Ähm...
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