Blood - Ein Alex-Cross-Roman
sie die ersten achtzehn Jahre ihres Lebens, bis zu ihrem Umzug nach Villanova, hier in Potomac Gardens gewohnt hat.
»Kuss«, sagte Maria. »Ich brauche jetzt einen Kuss. Einen schönen. Keinen Schmatz auf die Backe. Auf die Lippen .«
Ich beugte mich zu ihr und küsste sie − und dann küsste ich sie noch einmal. Wir knutschten noch ein bisschen auf dem Beifahrersitz, und ich musste unwillkürlich denken, wie sehr ich sie liebte und wie glücklich ich mich schätzen konnte, dass ich sie hatte. Und was das Ganze noch besser machte: Ich wusste, dass Maria genau dasselbe für mich empfand.
»Muss los«, sagte sie schließlich und wand sich aus dem Wagen.
Dann beugte sie sich noch einmal ins Wageninnere. »Kann
sein, dass ich nicht so aussehe, aber ich bin glücklich. Ich bin so glücklich.«
Dann kam wieder dieses kleine Zwinkern.
Ich sah Maria nach, wie sie die steile Steintreppe zu dem Wohnblock mit ihrem Büro hinaufstieg. Es war schrecklich, sie weggehen zu sehen, und so ging es mir praktisch jeden Morgen.
Ob sie sich wohl umdrehen und nachschauen würde, ob ich schon weg war? Dann geschah es − sie sah mich, lächelte und winkte mir wie wahnsinnig zu, zumindest wie wahnsinnig verliebt. Dann verschwand sie im Haus.
Es war fast jeden Morgen das Gleiche, aber ich konnte einfach nie genug davon bekommen. Vor allem nicht von ihrem Augenzwinkern. Niemand wird dich je so lieben wie ich.
Ich hatte nicht den geringsten Zweifel daran.
9
Ich war zu dieser Zeit ein ziemlich erfolgreicher Detective − immer unterwegs, immer eingespannt, immer unterrichtet. Daher wurden mir auch immer mehr schwierige, prestigeträchtige Fälle übertragen. Der neueste gehörte jedoch leider nicht dazu.
Nach allem, was man im Bereich der Polizeidirektion von Washington wusste, hatte die italienische Mafia noch nie größere Operationen in D.C. durchgeführt, vermutlich aufgrund irgendwelcher Abmachungen mit gewissen Institutionen wie zum Beispiel dem FBI oder der CIA. Vor Kurzem jedoch hatten sich die fünf Familien in New York getroffen und beschlossen, ihr Geschäftsfeld auf Washington, Baltimore und Teile Virginias auszuweiten.
Kein Wunder, dass die örtlichen Gangsterbosse diese Entwicklung nur mäßig begeistert zur Kenntnis nahmen, besonders die Asiaten, die den Kokain- und Heroinhandel kontrollierten.
Vor einer Woche hatte ein chinesischer Drogenbaron namens Jiang An-Lo zwei italienische Abgesandte exekutiert. Keine weise Entscheidung. Es wurde berichtet, dass die Familie in New York einen erstklassigen Profikiller entsandt hatte, vielleicht sogar ein Team von Profikillern, die sich um Jiang kümmern sollten.
Das alles hatte ich während einer einstündigen Einsatzbesprechung im Polizeipräsidium erfahren. Jetzt waren John Sampson und ich unterwegs zu Jiang An-Los Geschäftssitz, der sich in einer Doppelhaushälfte an der Ecke Eighteenth und M-Street im Nordosten der Stadt befand. Wir waren als eines von zwei Überwachungsteams für den heutigen Vormittag
eingeteilt worden. Wir tauften den Einsatz »Operation Drecksack-Bewachung«.
Wir stellten unseren Wagen zwischen der Nineteenth und der Twentieth Street ab und begannen mit der Arbeit. An Jiang An-Los Haus blätterte die gelbe Fassadenfarbe ab, es wirkte von außen ziemlich heruntergekommen. Überall im Vorgarten lag Abfall herum, als hätte man eine Müll-Piñata platzen lassen. Die meisten Fensteröffnungen waren mit Sperrholz oder Blech zugenagelt worden. Und doch … Jiang An-Lo war eine große Nummer im Drogengeschäft.
Es wurde bereits wärmer, und eine Menge Leute waren auf den Bürgersteigen unterwegs oder trafen sich in kleinen Gruppen auf den Veranden der Nachbarschaft.
»Was macht Jiangs Bande noch mal? Ecstasy? Heroin?«, wollte Sampson wissen.
»Und Angel Dust. Sie vertreiben es an der gesamten Ostküste - D.C., Philly, Atlanta, New York. War bis jetzt ein einträgliches Geschäft, darum wollen die Italiener sich ja beteiligen. Was hältst du davon, dass Louis French ins FBI abberufen wurde?«
»Kenne ich nicht. Aber er ist ja ernannt worden, also muss er der Falsche für den Job sein.«
Ich lachte. Sampsons Spruch enthielt einen wahren Kern. Dann lehnten wir uns in unsere Sitze und warteten auf ein paar Mafiakiller, die es auf Jiang An-Lo abgesehen hatten. Falls unsere Informationen zutreffend waren.
»Wissen wir irgendetwas über den Killer?«, wollte Sampson wissen.
»Soll angeblich Ire sein«, sagte ich und blickte John an. Ich wollte sehen,
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