Blood Empire - Der Rattengott
einen Schlag. Etwas knackte an Rons Hals. Sein Gesicht erstarrte. Er blickte Chase mit ungläubigem Entsetzen an. Die Kraft seiner Arme erschlaffte. Chase erhob sich, blickte auf den Mann mit dem Irokesenschnitt hinab.
Blut rann aus Rons Ohren und seiner Nase hervor.
Er zitterte.
Sein Gesicht veränderte sich.
Der fanatische Wille zu töten, der bis jetzt aus seinen Zügen gesprochen hatte, war jetzt nicht mehr zu erkennen. Stattdessen Todesangst. Scheiße, dachte Chase, er stirbt! Und eigentlich wollte ich doch Informationen von ihm... In Situationen wie diesen wünschte Chase sich, seine Kraft besser dosieren zu können, wie ein Kampfsportler. Vielleicht werde ich das irgendwann nachholen, überlegte er.
Ron versuchte etwas zu sagen.
Er flüsterte.
Chase kniete nieder, um Ron besser verstehen zu können.
"Der Rattengott...hüte dich vor...ihm... Er ist..." Die Stimme versagte. Ein heiseres Röcheln war alles, was Chase noch hörte. Ron schloss die Augen. Er dämmerte in die Bewusstlosigkeit hinüber. Die Agonie des Todes hatte ihn ergriffen.
Die Gedanken rasten in Chase' Hirn nur so.
Ich brauche ihn!, dachte er. Er weiß vermutlich noch sehr viel mehr über diesen verdammten Rattengott, als er bis jetzt preisgegeben hat! Schließlich hat er gegen diese Bestie gekämpft und bislang überlebt - und das, obwohl er ein schwacher Sterblicher ist!
Chase entblößte seine Vampirzähne.
Du könntest ihn konvertieren!, ging es ihm durch den Kopf. Dann würde er nicht sterben. Die Verletzungen, die Ron Dales hatte, heilten dann wieder.
Aber es gab einen Haken bei der Sache.
Ron Dales war schon als Sterblicher ein ziemlich harter Gegner gewesen. Nur Sekundenbruchteile hätte er schneller sein müssen und Chase wäre als brennende Fackel vernichtet worden.
Wenn dieser Scheißkerl mit seinem uncoolen Haarschnitt erstmal eine Kreatur der Nacht ist, kann ich nicht kontrollieren, wie schnell er welche Kräfte und Fähigkeiten entwickelt!, überlegte Chase. Es war durchaus möglich, dass Ron seinen Kampf schon in dem Moment fortsetzte, in dem er zum Vampir wurde.
Chase sah sich Rons Gesicht an.
Es wirkte beinahe friedlich. Der verzerrte Ausdruck, der Rons Züge zuvor gezeichnet hatte, war vollkommen verschwunden.
Ich werde es riskieren!, dachte Chase. Was auch immer Ron Dales zuvor in einen Zustand versetzt hatte, den man nur mit dem Wort Besessenheit beschreiben konnte - es schien von ihm gewichen zu sein. Chase beugte sich über ihn.
Er schlug seine Zähne in Rons Hals, trank etwas vom Blut des Rattenjägers. Nicht zuviel, denn es war ohnehin nicht mehr viel Leben in ihm. Chase wusste, dass er jetzt nicht mehr länger zögern durfte. Er nahm das Hiebmesser hervor.
Dann ritzte er sich das Handgelenk.
Ein warmer Strom von Blut floss heraus. Chase nahm das Messer zwischen die Zähne und öffnete mit der freien Hand den Mund des am Boden Liegenden. Chase' Vampirblut strömte in Rons Mund hinein, füllte ihn bald aus. Es rann ihm die Mundwinkel hinunter.
Ron verschluckte sich, öffnete dann die Augen.
Er sah zu Chase auf, dann schluckte er begierig den Saft seines neuen Lebens hinunter.
"Jetzt sind wir gewissermaßen quitt", murmelte Chase leise vor sich hin.
*
Das geflügelte Monstrum zog den Kopf etwas ein. Es hatte immer ein wenig Angst, sich an der gerundeten Decke des Gewölbes zu stoßen. Ein Feuer brannte und tauchte die Furcht erregende Gestalt des Monstrums in ein weiches Licht.
Das Maul des Monstrums verzog sich zu einer eigenartigen Grimasse. Im nächsten Moment ertönte ein Geräusch, das wie ein Niesen klang. Die Flammen wurden niedergedrückt.
Für einen Moment konnte man meinen, dass das Feuer gelöscht würde. Aber die Flammen erholten sich wieder, loderten umso höher empor. Das Holz knisterte durch die Feuchtigkeit.
Gabriel, der Mann in Weiß, stand vor den Flammen, hatte die Arme dabei ausgestreckt und die Augen geschlossen. Er war in eine Art Trance verfallen.
Eine Falte bildete sich auf der Stirn, direkt zwischen seinen Augen. Er ballte die Hände zu Fäusten zusammen.
Dann öffnete er die Augen.
Sein engelhaftes Gesicht bekam jetzt einen düsteren Zug. Der Blick streifte die magischen Zeichen entlang, mit denen die Wände des Gewölbes bedeckt waren.
"Was ist los, Gabriel?", fragte das tierhafte, über 2,20m große Monstrum, bei dem man sich nur wundern konnte, dass es trotz seiner gewaltigen, mit einer Art Raubtiergebiss bestückten Kiefern, überhaupt ein verständliches Wort
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