Blood Empire - Magierblut
Fürst hob die Augenbrauen. "Richtig geraten. Ich habe ein Fax bekommen, dessen Herkunft sich nicht zurückverfolgen lässt. Selbst mit meinen Kontakten nicht. Da ich direkten Zugang zum Zentralrechner der Telefongesellschaft habe, konnte ich feststellen, dass überhaupt keine Verbindung stattgefunden hat... Basil Dukakis und ich teilen die Ansicht, dass es sich um eine Art okkulter Botschaft handelt..." Der Fürst ging ein paar Schritte und holte das Fax von einer Ablage. Er reichte es Chase. Außer einer Folge eigenartiger Zeichen war darauf nichts zu sehen.
"Sieht aus wie ziemlich uncoole Graffiti!", meinte Chase etwas geringschätzig. "Also mit so miesen Takes würde sich von den Sprayern, die ich kenne, keiner an die Öffentlichkeit trauen!"
"Es handelt sich um die so genannten ZEICHEN DES GEHEIMEN
WISSENS", erklärte der Fürst. "Eine Art Geheimalphabet, um okkulte Texte zu verschlüsseln. Ich kenne mich damit recht gut aus, denn zu meiner Zeit war dieses Verschlüsselungsalphabet sehr verbreitet unter denen, die an okkultem Wissen interessiert waren. Heute sind diese Dinge ja leider etwas aus der Mode gekommen. Es gibt höchstens eine Handvoll Personen, die diese Zeichen noch kennen... Sterbliche dürften kaum darunter sein. Aber Gabriel kennt sie gewiss!"
"Und Arquanteur?", hakte Chase nach.
"Der natürlich auch." Der Fürst trat neben Chase, deutete auf das Fax.
"Dort steht, dass ich jemanden zu einer bestimmten Adresse in der South Bronx schicken soll. Arquanteur wäre dort. Er ist geschwächt durch die Schussverletzung, die du ihm beigebracht hast, aber er lebt und erholt sich. Und Gabriel steht noch immer unter seinem Bann..."
"Er kann sich nicht selbständig daraus befreien?"
"Ich habe das mit Basil Dukakis erörtert. So weit wir wissen nein. Übrigens ist die Adresse kein gewöhnlicher Ort... Ich habe recherchiert. Genau dort befand sich in alter Zeit eine indianische Opferstädte. Arquanteurs Flucht - wenn ich seine Entmaterialisierung mal so nennen darf - war ja ziemlich überstürzt. Es wäre sehr wahrscheinlich, dass er an einem derart mit magischer Energie aufgeladenem Ort gelandet ist. Außerdem wäre es für ihn dort leichter, übernatürliche Kräfte zu seiner Genesung zu mobilisieren."
Chase stemmte einen Arm in die Hüfte. "Im Klartext: Ich soll mal vorbeischauen und wenn möglich dem Magier den Rest geben."
"Ja."
"Bekomme ich wieder irgendwelche...", Chase zögerte, ehe er weiter sprach, "...Unterstützung?"
"Nein, diesmal nicht. Ich traue im Moment so gut wie niemandem. Vor einer halben Stunde ist Clifford Demboy, mein Stadthalter in Queens, umgebracht worden. Von seinen eigenen Leuten! Die Saat des Verrats, die Arquanteur mit Hilfe seiner Suggestivkräfte in unsere Organisation gelegt hat, ist noch immer virulent..."
"Ja, Herr."
"Ich glaube, es ist dir auch lieber, allein loszuziehen."
"Ja, Herr."
Auf so eine Pleite wie mit Emilio und seinen Kumpanen hatte Chase wirklich keine Lust. Und wenn sich Petra Brunstein nicht in seiner Nähe befand, war das in diesem Fall wohl auch besser.
"Verliere keine Zeit, Chase! Und bring es jetzt zu einem Ende, dass uns am Tage wieder Ruhe finden lässt!"
*
Chase nahm die Harley, um zu Bronx zu gelangen. Sein Zielpunkt lag in einer miesen Gegend zwischen Bruckner Expressway und Westchester Avenue. Chase fuhr durch immer herunter gekommene Straßenzüge. Ganze Wohnblocks waren nur noch Ruinen. Crack Junkies hockten in den Eingängen. Lebende Leichen, dachte Chase.
Er fragte sich, wo er in dieser Gegend seine Harley abstellen konnte, ohne dass sie nach kurzer Zeit schlichtweg verschwunden war. Feuer loderten aus Ölfässern heraus. Obdachlose standen um diese Feuerstellen herum.
Hier her trauten sich selbst die Cops nur in größerem Aufgebot und wenn es unbedingt notwendig war.
Letztendlich standen sowohl die Cops als auch die Crack-Dealer und lokalen Gangs unter der Kontrolle des Fürsten, auch wenn sie davon nichts ahnten.
Chase erreichte ein Haus mit der Nummer 432 in der Langdon Road. Es handelte sich um ein heruntergekommenes Brownstone-Haus. Im Erdgeschoss waren früher wohl mal Geschäfte untergebracht gewesen. Jetzt waren die Schaufenster mit Brettern vernagelt. Die Neonreklame funktionierte schon lange nicht mehr. Dementsprechend dunkel war es. Chase war das nur recht.
Ein schmaler Weg führte zu einem Hinterhof.
Chase fuhr dort entlang.
Der Hinterhof war düster. Im gegenüberliegenden Haus brannte im zweiten Stock Licht.
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