Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
Scheusal!«
Der Dämon reagierte auf seinen Namen, das sprach zu seinen Gunsten. Als er sich umdrehte, warf ich das Messer. Es landete in seinem Hals, tötete ihn aber nicht. Doch Rose reagierte schnell. Sie zog das Messer raus und stieß es dem abscheulichen Ungetüm direkt ins Herz.
Der Dämon stürzte zu Boden, aus seinem Mund blubberten schwarze Blutblasen.
»Müsste er nicht schmelzen?«, fragte mich Rose. Ich zog das Messer heraus und stieß es ihm erneut ins Herz.
»Ja«, sagte ich, während die Leiche schon zerlief und die Essenz mich durchdrang. »Unbedingt.«
Einen Moment blieben wir einfach stehen und atmeten durch. Rose verschnaufte, und ich genoss das Hochgefühl des Tötens, saugte die Finsternis in mich auf, auch wenn mich das Ausmaß der dunklen Erregung bedenklich stimmte.
Wie eine Süchtige war ich auf der ständigen Suche nach dem nächsten Schuss. Aber wie viel Macht würde ich erst als Dämonenkönigin erlangen? Ich griff an den Oris Clef. Fast konnte ich spüren, wie er für die näherrückende Konvergenz Energie sammelte. Und ich dachte durchaus darüber nach, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben könnten. Schon die Essenz, die mich nach jedem Mord durchspülte, konnte ich kaum noch kontrollieren ... Wie viel würde ich wohl hiervon in mich aufnehmen? Und dann erst die Macht, die mir als Königin zuteilwerden würde - damit wäre ich wohl endgültig überfordert.
»Wow«, sagte Rose beim Anblick des sich auflösenden Dämons.
»Wow.« Da waren wir uns einig.
Wir machten uns wieder auf den Weg zum Pub.
»Das habe ich doch gut gemacht, oder? Ich meine, ich lebe noch und habe ihn erstochen und so.«
Über die Vorstellung, dass »erstochen« und »gut gemacht« im Kopf meiner Schwester eine so friedliche Koexistenz eingegangen waren, war ich alles andere als glücklich. Aber als ich mich bückte, um die Scheide und das Schwert aufzuheben, gestand ich mir ein, dass sie im Grunde genommen recht hatte. Ich drückte ihre Hand. »Du hast dich prima geschlagen.«
Vor Stolz und Energie nur so strotzend grinste sie mich an. Ich konnte nicht anders - ich zog sie an mich und umarmte sie.
»Was hast du?«, fragte sie, nachdem sie erst die Arme auch um mich geschlungen, sich dann aber aus der Umklammerung befreit hatte.
»Nichts. Ich bin nur einfach froh, dass uns beiden nichts passiert ist.« Aber es war mehr als nur das. Noch vor kurzem war sie so verletzlich gewesen. Nun wirkte sie wieder so quicklebendig wie in den Tagen vor Lucas Johnson. Und das war jede Höllenqual wert, die ich durchlitten hatte.
»Was nun?«, fragte sie, als wir endlich vor der Hintertür des Pubs standen.
»Du schläfst erst mal eine Runde.«
»Auf gar keinen Fall«, protestierte sie, während ich meine Tasche nach dem Schlüssel durchwühlte. »Ich meine, hier geht’s schließlich um das Ende der Welt. Wäre es da nicht besser, wir verschieben das Schlafen?«
»Du musst schlafen.« Ich verkniff mir ein Lachen. »Und ich muss nachdenken.«
»Na meinetwegen.« Frustriert gab sie einer Bierflasche einen Tritt, die daraufhin die Gasse entlangschlitterte und irgendwo in der Dunkelheit verschwand. Eigentlich rechnete ich damit, einen lauten Knall zu hören, wenn das Glas zersplitterte. Stattdessen war ein leises, kehliges »Was soll der Scheiß?« zu vernehmen.
Sofort zog ich mein Messer. »Wer ist da?«, rief ich. »Komm raus!«
Nichts.
Hinter mir hörte ich Rose leise atmen. »Was war das?«, flüsterte sie.
Ich schüttelte den Kopf, weil ich mitbekommen wollte, wer oder was sich da noch in der Gasse befand.
»Gib mir dein Messer«, sagte ich leise und hielt ihr die Hand hin. Sie reichte es mir. Ich wog es in der Hand, um ein Gefühl für die Waffe zu bekommen. Dann konzentrierte ich mich auf das Ziel, holte aus und warf. Das Messer sauste los, überschlug sich in der Luft und verschwand in der Dunkelheit vor uns. Sekundenbruchteile später drang lautes Gebrüll an unsere Ohren. Ein rothaariges Klappergestell hinkte uns entgegen, die Hand am Griff von Roses Messer, das jetzt in seinem Oberschenkel steckte.
»Verzeiht!«, jaulte er. Seine klangvolle Baritonstimme passte so gar nicht zu seinem hageren kindlichen Äußeren. »Verzeiht, Herrin! Verzeiht!«
Er schaute zu Rose, die neben mir aufgetaucht war, um besser mitzubekommen, was da los war. Herrin?
»Wer zum Teufel bist du?«, fragte ich. Mein Messer hielt ich einsatzbereit.
»Morwain, Herrin«, antwortete die Kreatur.
»Bist du ein
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