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Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung

Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung

Titel: Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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welche, die mich nicht töten, sondern verehren wollten.
    Ich zog die rostübersäte Tür auf und schob Rose ins Innere. Natürlich war hier niemand. Wir gingen den feuchten Steinflur entlang, der zum ursprünglichen Teil des Hauses gehörte. Das Pub existierte schon seit Hunderten von Jahren, seit den Tagen der ersten Hexenverfolgungen. Den vorderen Teil der Kneipe hatte man seither zig Mal renoviert, aber der hintere Bereich mit seinem Labyrinth aus steinernen Gängen und der handgemeißelten Treppe, die nach unten in modrige Lagerräume und mystische Zeremonienkammern führte, war im Großen und Ganzen unverändert geblieben.
    Und wenn ich »mystische Zeremonienkammern« sage, dann meine ich das wörtlich. Alice’ Familie war bis über beide Ohren in schwarzer Magie verstrickt, auch wenn ihre Mom mit dieser Familientradition hatte brechen wollen. Alice’ Onkel Egan hatte sich dem widersetzt und seine Schwester schließlich sogar umgebracht, um das Pub weiterhin als Wirkungsstätte für okkulte Praktiken zu erhalten. Er hatte Dämonen nicht nur eingeladen und ihnen einen Versammlungsort zur Verfügung gestellt, sondern ihnen auch reihenweise Opfer für ihre Rituale besorgt.
    Eins dieser Opfer war übrigens Alice gewesen.
    Dass ich Egan nicht mehr besonders ausstehen konnte, nachdem ich dies herausgefunden hatte, muss ich wohl nicht extra betonen. Tja - und dann habe ich ihn umgebracht.
    Gewissensbisse hatte ich deswegen übrigens keine.
    Warum ich?, hatte ich Madame Parrish gefragt. Und ich glaube, die gleiche Frage könnte man für Alice stellen. Sicher, sie hatte eine engere Beziehung zur Welt der Dämonen als ich, trotzdem ging mir dieser Punkt nicht mehr aus dem Kopf: Warum sie? Warum hatten die Dämonen ihren Tod gewollt? Warum sollte ich ausgerechnet in ihren Körper schlüpfen?
    War es wegen Deacons Vision? Weil er glaubte, Alice und er würden gemeinsam die Neunte Pforte verschließen? Hatten die Dämonen irgendwie davon erfahren und Angst bekommen, die beiden könnten damit Erfolg haben?
    Gab es andere Gründe, auf die ich noch gar nicht gekommen war?
    Oder war es einfach nur Pech, dass sie in die falsche Familie hineingeboren worden war? Ein himmlisches Beispiel der alten Geschichte, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein?
    Ich wusste es nicht, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass die Antworten auf diese Fragen wichtig waren. Aber inwiefern?
    In der Wohnung oben war ich nie zuvor gewesen, aber die Tür zur Treppe befand sich genau neben dem Kühlraum. Ich hatte so meine Zweifel, ob der Schlüssel zum Pub hierfür passen würde, aber das Problem erledigte sich rasch von selbst. Es war nämlich nicht abgeschlossen.
    Anders als die Wohnung selbst. Aber während ich noch fluchend an der Tür rüttelte, bewies Rose gesunden Menschenverstand und entdeckte den Schlüssel oberhalb einer Wandlampe.
    Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und sperrte auf. Dann gingen wir rein.
    Die Bude war wie eine Feldstudie zum Thema »Gegensätze«; Männlich-sportlicher Minimalismus auf der einen, Farbenfreude und Blumen auf der anderen Seite. Und auf der dritten Seite exotische Antiquitäten und alte Bücher in schwarz lackierten Edelregalen. Merkwürdig. Egan hätte ich jetzt nicht unbedingt als Blumenfreund eingeschätzt, und schon gar nicht als jemanden, der etwas für Antiquitäten übrighatte.
    »Sieh dir das mal an!« Rose kramte in einer offenen Kiste herum. »Alte Bücher und massenhaft Zeitschriften, die an Rachel adressiert sind. Und in der Kiste da drüben sind lauter Klamotten.«
    Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Irgendwann in den letzten Tagen hatte Rachel offenbar beschlossen, hier einzuziehen. Das war vermutlich auch sinnvoll. Wir hatten das Pub geerbt, und sie war mittlerweile fest entschlossen, den Betrieb weiterzuführen, und zwar gewinnbringend. Bisher war der Laden nicht aus den roten Zahlen gekommen. Die finanziellen Lücken hatte Egan mit dem Verkauf diverser okkulter Waren an Dämonen gestopft. Er hatte alles besorgt, von Kräutern für die Rituale bis zu Jungfrauen für die Menschenopfer. Ziemlich geschäftstüchtig, mein toller toter Onkel Egan.
    Dank meines Geistesblitzes leuchtete mir die seltsame Zusammenstellung der Inneneinrichtung gleich besser ein. Die hellen Farben hatte nicht Egan, sondern Rachel beigesteuert. Zumindest nahm ich das an. Die fröhlichen Farben standen nämlich in starkem Kontrast zu den Schwarz- und Rottönen, mit denen sie ihr früheres Zuhause

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