Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
noch immer nicht fassen. Emilias Geschichte widersprach allem, was ihm bisher über die Welt, ihre Entstehung und die Schöpfung beigebracht worden war. Es sollte wirklich Wesen geben. die unsterblich waren und sich von Blut ernährten? Und dieses schöne Mädchen vor ihm war eines von Ihnen? Eine Blutsaugerin, das, was man in uralten Legenden als einen ... Vampir bezeichnete?
»Hier, in den lichten Wäldern um Montebello, gibt es kaum Möglichkeiten, unbeobachtet zu jagen«, fuhr Emilia fort. »Henry hat sich bemüht, er ist immer dann, sobald es draußen neblig oder dunkel war, auf die Suche nach Nahrung gegangen. Meist ohne Erfolg. Mein Vorrat ist bis auf diese letzten Fläschchen aufgebraucht. In den letzten Tagen habe ich nur ein paar wenige Tropfen zu mir genommen, wollte nicht verschwenderisch sein. Dadurch bin ich jedoch immer schwächer geworden und eben ... Eben, als ich mich so aufgeregt habe, wäre es fast zu spät für mich gewesen. Aber was deinen Hund Fido betrifft, so glaube ich Henry. Er hätte ihm bestimmt nicht vorsätzlich etwas angetan, du hast doch selbst gesehen, wie er sich um ihn gekümmert hat. Er muss bereits verletzt gewesen sein, bevor er ihn ... getötet hat.«
Dustin vergrub sein Gesicht in beiden Händen. Er sah immer noch Henrys kalte Augen und das blutverschmierte Messer vor sich. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte. Tatsache war, dass Henry Fido die Kehle durchgeschnitten hatte, dass er fähig war, auf grauenvolle Weise zu morden. Dustin durfte sich nicht den Moment vorstellen, in dem Henry seinem treuen Hund, seinem ältesten Freund und Begleiter, das Messer an die Kehle gesetzt hatte.
»Ich ... Ich muss jetzt gehen, ich muss ein wenig für mich allein sein«, murmelte Dustin, aber Emilia hielt ihn am Ärmel seines Hemdes zurück und presste sich an ihn. Sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihn und Dustin spürte, wie sich ihre Brust aufgebracht hob und senkte. Ihre Brust, in der kein Herz mehr schlug, in der es stumm war. Ihn fröstelte.
»Dustin ... bitte verabscheue mich nicht, ich habe nichts Unrechtes getan und bin unverschuldet zu dem geworden, was ich heute bin. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich darunter leide, es ist grausam ... Dieser ständige Hunger nach Blut, dieses Verlangen nach menschlichem Leben, nach einem Puls in meinen Adern ... Bitte, Dustin ...« Sie drängte sich noch enger an ihn. »Verstehst du denn nicht, warum ich dir das alles erzählt habe?«
Dustin taumelte. Er ahnte, was nun kommen würde, und hörte ihre Worte bereits wie im Rausch, noch bevor sie sie tatsächlich aussprach.
»Wenn es jemanden gibt, mit dem ich als Mensch alt werden möchte, dann bist du es. Dustin. Ich habe die schönsten Tage meines Lebens mit dir verbracht. Du hast die Erinnerungen an mein Menschendasein auf eine Weise in mir geweckt, als wären sie wirklich und keine Illusionen. Ich habe mich beinahe vollkommen gefühlt.«
Dustin antwortete nicht. Er hob langsam seine Hand und streichelte Emilia über das weiche, glänzende Haar. Es fühlte sich echt an und lebendig und er spürte, wie das Verlangen in ihm wuchs, einfach alles von sich zu schieben, was er gerade erfahren hatte, sich nur der Schönheit dieses Mädchens hinzugeben, das ihm eine Liebeserklärung gemacht hatte, wie es keine andere gab. Aber er wusste, dass er Zeit brauchte. Zeit, nachzudenken und nichts Unüberlegtes zu tun.
»Emilia. bitte lass mich jetzt gehen. Ich verspreche, wiederzukommen«, sagte er. »Gib mir nur die Möglichkeit, etwas Ruhe zu finden und das zu begreifen, was du mir erzählt hast. Diese Geschichte ist so ... mächtig, so unfassbar.«
Emilia schluckte, dann nickte sie. »Ja, es ist dein gutes Recht, darüber nachzudenken. Du darfst dich auf nichts einlassen, dessen du dir nicht sicher bist. Aber denk daran - wir könnten eins werden, du und ich. Wir könnten glücklich sein als Mann und Frau. Du könntest mein Retter sein. Ich will nicht unendlich leben. Es war in den letzten Jahren schwer zu verheimlichen, dass ich nicht älter werde. Ich bin kaum mehr aus dem Haus gegangen, mein Vater hat mich vor unseren Freunden und Verwandten versteckt. Ich will so nicht weiterleben, Dustin. Ich möchte lieben und geliebt werden, ich möchte keine Ewigkeit, sondern kostbare Zeit, die ich mit jemand Besonderem teile. Und ich will mein Herz zurück ...« Emilia legte ihren Kopf auf Dustins Brust und schloss die Augen.
Dustin rührte sich nicht, sondern horchte angestrengt in sich
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