Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
Bewusstsein und in bester Absicht einen Teil des Blutes deiner großen Liebe, das freiwillig und von ganzem Herzen kommt, dann werdet ihr in Einklang und als sterbliche Menschen erwachen. Ist eure Liebe jedoch nur ein Hirngespinst, handelt einer von beiden eigennützig oder aus Eile oder einem Zwang heraus, hegt er auch nur den geringsten Zweifel, so wird die Verwandlung misslingen. Dann wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch deine vermeintliche Liebe als Unsterblicher erwachen und die Ewigkeit wird noch mehr an dir haften, dein Wunsch, wieder Mensch zu sein, wird wachsen und dich quälen und du wirst mehr unter der Unendlichkeit zu leiden haben als je zuvor ...«
Dies waren die letzten Worte, die ich - schon halb im Schlaf - vernahm. Dann hüllte mich die Dunkelheit ein und am nächsten Morgen erwachte ich in der Annahme, ich hätte einen Albtraum gehabt, genau wie mir George prophezeit hatte. Aber dann sah ich Rose und Henry in meiner Zimmertür stehen, mit bleichen, entsetzten Gesichtern und ich wusste, dass George kein Traum gewesen war. Rose hatte meine Mutter gefunden - tot und völlig blutleer. Ich hingegen konnte noch sprechen und atmen, obwohl mein Herz stumm war. Rose und Henry dachten, der Teufel sei in unser Haus gekommen. Und so ähnlich war es ja auch. Ich erzählte ihnen von Georges Überfall und dem, was er mir von Liebe und Unsterblichkeit berichtet hatte. Die beiden hörten sich die Geschichte an, und als ich geendet hatte, trat Henry an mein Bett und reichte mir einen Bogen Papier.
»Hier, den habe ich neben deinem Bett gefunden. Ich glaube, es ist ein Brief.«
Mit zitternden Fingern faltete ich das Papier auseinander. Es war ein Gedicht.
Es wird dich dürsten bald nach Blut,
du wirst es brauchen, um zu sein.
Doch Nahrung spenden Wolf und Reh,
die Gier nach Menschenblut bringt Pein.
Nur dann, wenn Liebe ist gewiss,
ein Herz zum Geben ist bereit,
tragt ihr den Sieg über die Zeit
und brecht den Fluch der Ewigkeit...
Emilias Lippen schlossen sich. Sie schwieg. Eine Zeit lang hing ihr Blick noch in der Ferne, dann, ganz langsam, ließ sie ihn zu Dustin wandern, der gegen die Wand gelehnt am Boden saß und sie nach wie vor anstarrte. Schließlich schüttelte er den Kopf.
»Das ist nicht wahr, Emilia, diese Geschichte kann und darf einfach nicht wahr sein.« Dustin hörte seine eigene Stimme die Stille durchbrechen, als gehörte sie einem anderen.
Steh auf und lach sie aus, lass dich nicht für dumm verkaufen, zeig ihr, dass sie dir nicht so einen Blödsinn aufzutischen braucht, dass du zu alt bist für derart alberne Gruselmärchen, sagte sich Dustin, aber er war wie gelähmt. Und irgendetwas in ihm raunte ihm leise zu, dass Emilia nicht log, dass niemand solch eine Geschichte erfinden konnte.
Emilia, die ihn schweigend beobachtet hatte, erhob sich nun aus ihrem Sessel und trat neben ihr Bett. Sie öffnete eine kleine Holzkiste, die auf ihrem Nachtkästchen stand, und zog ein vergilbtes Blatt Papier hervor, welches sie Dustin ohne ein weiteres Wort reichte. Dustin nahm es zögernd entgegen und faltete es mit klopfendem Herzen auseinander. Die Zeilen die sich vor ihm auftaten, ergaben anfangs in seinem Kopf keinen Sinn, sie schienen vor seinen Augen hin und her zu springen, als wollten sie ihn hänseln. Doch dann konnte Dustin seinen Blick endlich bündeln, und die Worte, die er las, brannten sich auf seiner Netzhaut ein. Worte, die er bereits kannte, die Emilia zitiert hatte. Rot wie Blut und unwiderruflich leuchteten ihm die Buchstaben entgegen, als besiegelten sie das Gesagte, bestätigten seine Wahrheit und machten jeden noch so kleinen Zweifel zunichte.
Emilia blickte Dustin prüfend an. Sie schien auf eine Reaktion von ihm zu warten. Nachdem er eine ganze Weile schweigend daraufgestarrt hatte, legte Dustin den Brief schließlich beiseite. »Du willst also tatsächlich behaupten, du wärst... unsterblich?«, fragte er mit heiserer Stimme. »Seit zwölf Jahren wirst du keinen Tag älter?«
Emilia nickte. Dabei blitzte ihr leuchtend rotes Haar im Schein der Kerze auf. »Ich war gerade sechzehn, als mich George zu einer Unsterblichen gemacht hat. Und eigentlich wäre ich heute achtundzwanzig.«
Dustin schluckte, seine Kehle brannte. »Und du brauchst Blut, um weiterleben zu können?«
»Eher, um weiter zu existieren«, erwiderte Emilia, »denn ein wirkliches Leben im Sinne eines Menschen führe ich nicht mehr. Es ist, wie ich dir erzählt habe: Ich besitze kein schlagendes Herz
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