Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
verstummt und wollte ihm mit ihrem Schweigen etwas mitteilen. Er drehte sich langsam im Kreis, lauschend, witternd, konzentriert.
Nein, kein Geräusch, kein Rascheln, keine Schritte, aber ... Blut. Die Luft war schwer von dem Duft süßen Blutes. Dustin riss die Augen auf und pirschte sich weiter vorwärts, noch näher an die Stelle heran, an welcher sich die Grube befinden musste, und - erstarrte.
Vor ihm, nur einige Meter entfernt, lag ein Schlachtfeld, wie er es noch nie gesehen hatte. Wie viele Tiere es einst gewesen waren, konnte er nicht mehr erkennen. Ihr Blut und ihre Körper erstreckten sich wie ein gigantischer blutroter Teppich aus Gliedmaßen und Innereien über den aufgeweichten Waldboden. Wenn es nur Tiere waten, dachte Dustin schaudernd und schwankte. Emilia machte bei ihren Opfern keinen Unterschied mehr zwischen Mensch und Tier, das hatte sie schon mehrmals bewiesen. Er konnte den Anblick kaum ertragen, schaffte es aber dennoch nicht, sich abzuwenden. Irgendetwas hielt ihn fest. Er kniff die Augen zusammen und erkannte einen auffallend weißen Fleck inmitten des Chaos. Er trat vorsichtig und angespannt vor Ekel näher und hob ihn auf. Die blutverschmierten Buchstaben brannten sich augenblicklich in ihm ein:
Dieses Mal bist du entkommen. Noch einmal wird es dir nicht gelingen!
Dustins Kehle schnürte sich zusammen und sein Blick zuckte umher. Diese Bluttat - sie war eine unmissverständliche Drohung an ihn. Emilias Zorn war größer denn je, ihre Gier nach Rache geschürt. Dustin nahm keinerlei Geräusch, keine Regung wahr. Um ihn herum war alles still. Totenstill. Der Wald schien selbst unter Schock zu stehen. Anscheinend war Emilia nicht mehr in der Nähe, aber Dustin ahnte, dass sie wiederkommen würde. Auch sie witterte, dass er die Stadt noch nicht verlassen hatte, dass er geblieben war - wegen Sarah.
Dustin überlegte fieberhaft, was er tun konnte. Er musste Emilia überraschen, musste sie in einem geeigneten Moment in eine Falle locken, so wie sie es mit ihm gemacht hatte. Aber wie? Wie sollte er bloß vorgehen? Worauf musste er achten? Er merkte, dass er an diesem Punkt einfach nicht weiterkam, dass ihm keine geeignete Lösung einfiel. Emilia war in ihrer Skrupellosigkeit unübertrefflich, sie ließ sich nicht so leicht täuschen. Und ob May etwas einfiel ... Er konnte es sich kaum vorstellen.
Bumm-bumm , bumm-bumm, bumm-bumm ...
Leise, beinahe schüchtern schaltete sich plötzlich die Stimme wieder ein. Dustin hatte sie durch den schockierenden Anblick beinahe vergessen. Jetzt aber schloss er erneut die Augen und lauschte. Er horchte, ließ die Stimme lauter werden, noch mehr Klang bekommen und sich zu Worten formen. Er wusste nicht, wie lange er dort stand, inmitten dieses Ortes, der Schrecken und Tod verhieß. Aber als er die Augen wieder öffnete und sich seine Beine wie von selbst in Bewegung setzten, war er vollkommen ruhig und gefasst. Die Stimme hatte ihm schonend, zugleich aber unmissverständlich zugeraunt, worin seine einzige Chance bestand, Emilia zu besiegen. Und obwohl Dustin anfangs mehrmals erstaunt über ihren Vorschlag war, sich dagegen sträubte und daran zweifelte, verstand er von Augenblick zu Augenblick mehr, dass sie recht hatte.
Emilia!
Ja, ich konnte mich befreien. Aber wie Du richtig vermutet hast, bin ich noch immer in Deiner Nähe. Und ich werde auch nicht gehen, bevor ich Dir nicht endlich von Angesicht zu Angesicht gegenübergetreten bin und wir unseren Kampf ausgetragen haben. Es ist an der Zeit und ich will eine Entscheidung. Du wirst mich an derselben Stelle vorfinden, die Du ohnehin als ewiges Grab auserkoren hast. Wer jedoch bis in alle Zukunft sein kümmerliches Dasein darin fristen wird, wird sich erst noch zeigen ...
Ich kann nur für mich sprechen, wenn ich sage: Ich werde fair kämpfen, denn ich verlasse mich von nun an voll und ganz auf die Gerechtigkeit. Sie allein soll unsere Schiedsrichterin sein.
Ich hoffe, wir sehen uns und Du gehst auf meine Einladung ein. Gib mir einfach ein Zeichen. Ich werde da sein, wann immer Du willst.
Dustin
Sarah zappte von einem Fernsehkanal zum nächsten, ohne darauf zu achten, was eigentlich lief. Sie hatte kaum geschlafen, war die halbe Nacht mit dem Brief ihres Vaters in der Hand durch Emilias Loft gelaufen, rauf und runter. Jeder ihrer Schritte hatte unheimlich in dem riesigen Raum gehallt, aber zugleich auch die unerträgliche Stille durchbrochen, die ihr so viel Angst gemacht hatte. Zum Glück
Weitere Kostenlose Bücher