Blood Romance 04 - Ruf der Ewigkeit
die Klapse stecken, was man ihr noch nicht einmal verübeln konnte. Nein, Sarah musste da allein durch. Und sosehr es ihr auch missfiel, sie hatte keine andere Wahl, als ihrer Mom eine bombensichere Lügengeschichte aufzutischen.
Dustin schaltete den Motor aus und wandte sich Sarah zu. Sie hatten beschlossen, ihren Abschied möglichst kurz zu halten. Dustin wollte den nächstbesten Zug zurück nach Wisconsin nehmen. In Rapids würde er sich Emilia und Jonathan - oder besser gesagt, Henry - stellen, um diesen ewigen Kampf zu beenden. Keine Abschiedsworte hätten das zum Ausdruck bringen können, was sie beide wirklich bewegte und verband. Sarah hatte den Gedanken, von Dustin getrennt zu werden und ihn vielleicht nie wieder zu sehen, in den letzten Stunden so gut es ging verdrängt. Aber nun, wo sie das Hotel erreicht hatten, traf die Realität sie wie ein Schlag.
Dustin streichelte zärtlich ihre Wange und beugte sich dann vor, um sie auf beide Augen, die Nase und schließlich den Mund zu küssen. Sarah schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Sie hatte sich vorgenommen, tapfer zu sein und Dustin dadurch Mut zu machen, aber nun fiel es ihr schwer, die Tränen zurückzuhalten. Sie wollte das alles nicht, sie wollte Dustin nicht gehen und ihn im Stich lassen. Verzweiflung stieg in ihr auf und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er einfach wieder den Motor starten und mir ihr davonfahren möge, ganz egal wohin.
»Dustin, bitte verlass mich nicht, ich kann nicht mehr ohne dich sein. Nicht nach letzter Nacht und nachdem wir uns so nahe waren, ich -«
Dustin legte Sarah einen Finger auf die Lippen und sie verstummte. »Ich weiß, was du sagen willst und mir geht es genauso«, sagte er leise. »Glaub mir, ich würde nichts lieber tun, als bei dir zu bleiben, aber es hat keinen Sinn. Wir wären für immer auf der Flucht und solch ein Leben kann und will ich dir nicht zumuten. Wir sind nirgends mehr sicher, das weißt du inzwischen so gut wie ich. Weder als Menschen noch als Unsterbliche könnten wir in Frieden leben. Wir haben keine andere Wahl, als uns für die nächste Zeit zu trennen. Aber ich glaube fest daran, dass wir uns wiedersehen werden. Und dass dann alles gut wird.«
Sarah wusste keine Antwort darauf. Wie konnte sich Dustin nur so sicher sein, dass er Emilia besiegen würde? Woher nahm er diese Zuversicht, während sie nichts als Verzweiflung und Angst empfand?
»Ich ... ich weiß, dass es dir schwerfallen muss, mir zu glauben - vor allem jetzt, wo ich wieder unsterblich bin«, fuhr Dustin fort, als könnte er ihre Gedanken lesen, »aber auch wenn mein Herz nicht mehr schlägt, weiß ich, dass ich dich liebe, Sarah. Ich durfte noch nie jemandem so nahe sein wie dir, du hast dein Leben mit mir geteilt. Und dieses Wissen und die Erinnerung daran geben mir Kraft und Mut. Du wirst immer bei mir sein, auch wenn wir uns nicht sehen und berühren können.«
»Aber woher weiß ich denn, dass es dir gut geht, Dustin?«, fragte Sarah ängstlich. »Rufst du mich an oder gibst du mir ein Zeichen? Und wie kann ich dir mitteilen, wo ich gerade stecke?«
Dustin schwieg einen Moment lang, dann schüttelte er den Kopf. »Ich weiß, das hört sich hart an, aber es wäre das Beste, wenn wir in der nächsten Zeit gar keinen Kontakt hätten. Alles andere könnte zu gefährlich sein. Sobald die ganze Sache ... überstanden ist, werde ich bestimmt einen Weg finden, es dir mitzuteilen. Vertrau mir.«
Sarah nickte tapfer. »Okay. Kannst du ... ich meine, würdest du mir vielleicht noch einen letzten Gefallen tun?«, fragte sie schüchtern.
»Welchen?«
»Bitte lächle mich noch einmal an. Ich liebe dein Lächeln, es ist so ... kostbar. Es war das größte Geschenk, das du mir damals machen konntest, als wir uns auf Carols Party gegenüberstanden. Weißt du noch? Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, dabei sind seit dem Abend gerade einmal ein paar Wochen vergangen.«
Sarah sah die Traurigkeit in Dustins Blick und bemerkte, dass seine Lippen bebten, als müsste auch er die Tränen krampfhaft zurückhalten. Schließlich jedoch nahm er ihr Gesicht in beide Hände, blickte ihr in die Augen und lächelte.
May schreckte hoch, als Jonathan sie unsanft an der Schulter rüttelte. Sie musste irgendwann doch noch vor lauter Erschöpfung eingeschlafen sein, nachdem sie stundenlang ohne Erfolg versucht hatte, sich zu befreien. Benommen richtete sie sich auf dem Stuhl auf, an den Jonathan sie gefesselt hatte. All ihre
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