Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
können.
    Um Vienel vor drei hielt eine Limousine auf dem Lake Shore Drive und entließ den Stadtrat und einen Begleiter. Der Wagen fuhr weiter bis zum Monroe Drive, wo er wendete und in einiger Entfernung stehenblieb. Als ich sicher war, daß niemand auf mich zielte, ging ich zurück in Richtung Brunnen.
    Jurshak sah sich um, suchte nach seinem Sohn. Er beachtete mich kaum, bis ihm klarwurde, daß ich vorhatte, ihn anzusprechen.
    »Art wird nicht kommen, Mr. Jurshak, statt dessen hat er mich geschickt. Ich bin V. I. Warshawski. Ich nehme an, daß Sie meinen Namen von Ihrer Frau gehört haben. Oder von Gustav Humboldt.«
    Jurshak trug einen schwarzen Kaschmirmantel, den er bis unters Kinn zugeknöpft hatte. Sein Gesicht, das sich gegen den schwarzen Kragen abhob, war dem von Caroline frappierend ähnlich: die gleichen hohen Wangenknochen, die gleiche kurze Nase, die gleiche geschwungene Oberlippe. Seine Augen waren von dem gleichen Enzianblau - wiewohl durch das Alter etwas verblaßt -, das man nur selten antrifft. Tatsächlich ähnelte er ihr noch mehr als Art junior.
    »Was haben Sie meinem Sohn angetan? Wo halten Sie ihn fest?« fragte er mit einer kräftigen, rauhen Stimme.
    Ich schüttelte den Kopf. »Er ist am Samstag freiwillig zu mir gekommen, er hatte Angst um sein Leben. Er sagte, Sie hätten seiner Mutter zu verstehen gegeben, daß er so gut wie tot sei, weil er mir den Versicherungsbericht, den Sie Mariners Rest haben zukommen lassen, gegeben hat. Er ist in Sicherheit. Aber ich will mit Ihnen nicht über Ihren Sohn sprechen, sondern über Ihre Tochter. Wahrscheinlich werden Sie Ihren Freund bitten wollen, uns allein zu lassen, während wir uns unterhalten.«
    »Wovon reden Sie? Art ist mein einziges Kind! Ich fordere sie auf, mich sofort zu ihm zu bringen. Sie werden sehen, die Polizei ist schneller hier, als Sie sich umdrehen können.« Er kniff die Lippen zu einem trotzigen Strich zusammen. Dieselbe Miene hatte ich tausendmal in Carolines Gesicht gesehen.
    Lange bevor ich aufs College ging, war Art Jurshak in Chicago schon ein mächtiger Mann gewesen. Abgesehen von seinen Freunden, die den Stadtrat kontrollierten, gab es zig Polizisten, die Jurshak einen Gefallen schuldeten und mich mit Freuden einbuchten würden, sollte er es verlangen.
    »Erinnern Sie sich an die Zeit vor fünfundzwanzig Jahren«, sagte ich leise und versuchte, meine Stimme möglichst nicht wütend klingen zu lassen. »Die Töchter Ihrer Schwester. Die angenehmen Nachmittage, als Ihre Nichte für Sie tanzte, während Ihr Schwager in der Arbeit war. Sie können unmöglich vergessen haben, welch wichtige Rolle Sie im Leben dieser beiden Mädchen gespielt haben.«
    Seine Mimik war genauso ausgeprägt wie Carolines, und jetzt sah er nicht mehr wütend, sondern plötzlich ängstlich aus. Der Wind hatte seine Wangen gerötet, aber unter der Röte war sein Gesicht aschfahl. »Geh ein bißchen spazieren, Manny«, sagte er zu dem stämmigen Mann an seiner Seite. »Warte im Wagen. Ich komm' in ein paar Minuten nach.«
    »Für den Fall, daß sie dir droht, Art, wäre es besser, ich würde bleiben.«
    Jurshak schüttelte den Kopf. »Nur eine alte Familiengeschichte. Als ich dich und die anderen gebeten habe, mich zu begleiten, hab' ich geglaubt, es wäre etwas Geschäftliches. Geh nur, wir brauchen uns nicht beide den Arsch abzufrieren.«
    Der stämmige Mann sah mich aus zugekniffenen Augen an. Offenbar kam er schließlich zu dem Schluß, daß die Wölbung in meiner Jacke von Handschuhen oder einem Notizbuch stammte, und machte sich davon.
    »Okay, Warshawski, was wollen Sie?« zischte Jurshak.
    »Antworten. Als Gegenleistung werde ich die Tatsache, daß Sie ein Kinderschänder sind und eine Tochter haben, die zugleich Ihre Großnichte ist, nicht in die Zeitung bringen.«
    »Sie haben keine Beweise.« Er klang niederträchtig, machte aber keine Anstalten zu gehen.
    »Geschenkt«, sagte ich ungeduldig. »Ed und Martha haben mir gestern abend die ganze Geschichte erzählt. Und Ihre Tochter sieht Ihnen so ähnlich - leugnen nützt nichts. Das wäre ein gefundenes Fressen für Murray Ryerson vom Herald-Star oder Edie Gibson von der Trib.«
    Ich ging zu einer der Metallbänke beim Brunnen. »Wir haben eine Menge zu besprechen. Also können Sie sich genausogut setzen.«
    Er sah zu der Limousine. »Geschenkt«, sagte ich noch ungeduldiger. »Ich habe einen Revolver und kann damit umgehen. Und nur für den Fall, daß mir Ihre Freunde den Garaus machen:

Weitere Kostenlose Bücher