Blood Shot
von Ihnen hören wollen.«
Ich legte auf, als er zu kreischen anfing; ich sollte ihm versprechen, nichts über ihn zu verraten. Als ich Murray anrief, erwähnte ich nicht einmal seinen Namen.
»Warshawski, du bist eine verdammte Nervensäge«, begrüßte er mich. »Fragst du jemals bei deinem Auftragsdienst nach? Im Lauf des Wochenendes habe ich ungefähr zehn Nachrichten für dich hinterlassen. Was hast du mit dieser Chigwell-Tante gemacht? Sie hypnotisiert? Sie redet nicht mit uns, behauptet, du wärst zuständig für alle Fragen, die ihren Bruder betreffen.«
»Das habe ich im Fernstudium gelernt«, sagte ich überrascht und erfreut. »Sie schicken einem Unterlagen zu, und man lernt, wie man sich unsichtbar macht und in die Gedanken anderer Leute eindringt, und noch mehr solche Sachen. Es war das erste Mal, daß ich's ausprobiert hab'.«
»In Ordnung, Klugscheißer«, sagte er resigniert. »Mit was für Enthüllungen kannst du heute aufwarten?«
»Du hast gesagt, du brauchst mich nicht, du kriegst alle Informationen direkt von den Xerxes-Leuten. Ich will mit dir über etwas viel Aufregenderes sprechen - mein Leben. Oder sein mögliches Ende.«
»Komm mir nicht mit diesem alten Hut. Darüber haben wir letzte Woche was gebracht. Diesmal mußt du schon endgültig drauf gehen, damit wir anbeißen.«
»Na gut, dein Herzenswunsch wird dir möglicherweise erfüllt. Ein paar wirklich große Tiere sind hinter mir her.« Ich beobachtete, wie sich ein paar Tauben um einen Platz auf dem Fensterbrett stritten. Obwohl es schmutzige Stadtvögel waren, erschienen sie mir als besseres Dekor für mein Büro als Originalzeichnungen von Nast oder Daumier.
»Warum erzählst du mir das?« fragte er argwöhnisch.
Eine Straßenbahn ratterte über die Wabash Avenue. Die Tauben flatterten aufgeregt und beruhigten sich dann wieder.
»Für den Fall, daß ich die nächste Nacht nicht überlebe, möchte ich, daß jemand meinen Spuren folgt, damit man mich findet. Und ich möchte, daß du dieser Jemand bist, weil du eine schlechtere Meinung über die Honoratioren der Stadt hast als die Bullen. Der Haken bei der Sache ist nur, daß ich vor halb eins mit dir sprechen muß.«
»Was passiert um halb eins?«
»Dann schnalle ich mir meine sämtlichen Revolver um und marschiere die Main Street hinunter.«
Nach einigem Hin und Her, Fragen, ob die Sache wirklich so dringend sei, wie ich behauptete, erklärte sich Murray bereit, mich um zwölf in der Nähe der Redaktion zu treffen. Bevor ich das Pulteney-Building verließ, sortierte ich meine Post, warf alles in den Papierkorb, bis auf den Scheck eines Kunden, und rief dann einen Freund an, der meine Bürotür ersetzen sollte. Am Mittwochnachmittag sei alles erledigt, sagte er.
Da es schon kurz vor zwölf war, fuhr ich anschließend sofort nach Norden. Es nieselte. Trotz Lottys düsterer Prophezeiungen waren meine Schultern nahezu schmerzfrei. Noch ein paar Tage - immer vorausgesetzt, Gustav Humboldt machte mir nicht einen Strich durch die Rechnung -, und ich würde wieder joggen können.
Das Gebäude des Herald-Star steht dem der Sun-Times am südlichen Ufer des Chicago River gegenüber. Die Gegend kommt allmählich in Mode, Squashhallen und eine Menge kleiner Schicki-Micki-Restaurants sprießen aus dem Boden, aber Carl's bewirtet die Zeitungsleute noch immer mit hervorragenden Sandwiches. Die verschrammten Sitzgruppen und Stehtischchen befinden sich in einem schmuddligen Steinbau am Wacker Drive direkt am Fluß.
Murray traf einige Minuten nach mir ein. Regentropfen glitzerten in seinem Haar. Lucy Moynihan, Carls Tochter, die nach seinem Tod den Laden übernommen hat, mag Murray und gab uns einen Tisch im Hintergrund. Dann setzte sie sich eine Weile zu uns und witzelte mit Murray, weil er bei den Wetten für die letzte Basketball-Runde Geld an sie verloren hatte.
Während ich einen Hamburger aß, erzählte ich ihm so gut wie alles, was ich die letzten drei Wochen getan hatte. Trotz seiner Extravaganz und seiner Selbstgefälligkeit ist Murray ein intensiver Zuhörer, der jede Information durch die Poren aufzusaugen scheint. Es wird behauptet, daß man nur ein Drittel dessen erinnert, was einem erzählt wird, aber Murray muß ich nie eine Geschichte zweimal erzählen.
Als ich geendet hatte, sagte er: »Okay. Ein schöner Saustall. Da sind deine Jugendfreundin, die will, daß du den Mörder einer gemeinsamen Freundin findest, ein unausstehlicher Jurshak junior und eine chemische Fabrik,
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