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Bloodcast 01 - Cast & Crew

Bloodcast 01 - Cast & Crew

Titel: Bloodcast 01 - Cast & Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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was sie tat. Den Rhythmus der Musik, zu deren Beats sie über den Catwalk schritt, nahm sie nur wie am Rande war, alles war ihr fremd, das schreiend rote, seitlich geschlitzte Kleid ebenso wie die Steckfrisur, zu der man ihre Haare aufgetürmt hatte. Und die Gesichter, auf die sie im Vorübergehen einen Blick erhaschte.
    Ihre Eltern waren nicht hier, wussten noch nicht einmal, dass sie sich beworben hatte; und Dirk hatte sie seit jenem Abend, an dem sie Schluss gemacht hatten, nicht mehr gesehen. Jetzt hätte sie manches gegeben für ein vertrautes Gesicht. Aber wohin sie auch blickte, nichts als Fremde. Shani sah Begeisterung ebenso wie Ablehnung, Bewunderung ebenso wie abgrundtiefen Neid. Erst in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie es geschafft hatte.
    Sie war unter den letzten sieben Teilnehmerinnen!
    Sie hatte das Ende des Laufstegs erreicht und ging in Pose, fand plötzlich Gefallen daran, sich der Menge zu zeigen. Der Luftzug, den ein Ventilator ihr entgegenblies, ließ die rote Seide des Kleides flattern. Shani wandte sich um, trat ihren Weg zurück über den Laufsteg an, wo Leander sie bereits erwartete.
    Er sah blendend aus.
    Lächelte.
    »Willkommen, Shani, unter den letzten sieben«, begrüßte er sie und küsste sie auf beide Wangen, während er sie sanft an den Schultern fasste und wieder zum Publikum drehte. »Wie fühlst du dich in diesem Moment?«, wollte er wissen und hielt ihr das Mikrofon hin.
    »Ich … fühle mich fantastisch«, versicherte Shani zögernd. Es war seltsam, die eigene Stimme über Lautsprecher zu hören. Noch seltsamer aber war es, dass sie plötzlich die uneingeschränkte Aufmerksamkeit aller Zuschauer hatte. Alle Augen waren auf sie gerichtet, alle hörten ihr zu. Aus den Unterrichtsstunden, die sie als angehende Lehrerin gehalten hatte, war sie anderes gewohnt.
    »So soll es sein«, erwiderte Leander mit ebenso melodiöser wie tiefer Stimme. »Denn deine Bewerbung hat die Jury so sehr überzeugt, dass du die erste Hürde genommen hast. Ich gratuliere dir, Shani, und möchte dich bitten, dich in die Siegerlounge zu begeben, wo du schon bald Gesellschaft erhalten wirst.«
    »Danke«, erwiderte Shani. Sie lachte ausgelassener, als sie es je zuvor getan hatte und ertappte sich dabei, dass sie der Menge zuwinkte. Wieder gab es Küsse für sie. Dann durfte sie den Laufsteg verlassen - und empfand fast ein wenig Bedauern dabei.
    »Kommen wir zum nächsten Namen auf der Liste«, hörte sie Leander sagen. »Die nächste Auserwählte ist zweiundzwanzig Jahre alt und kommt aus Berlin. Sie bringt nicht nur alle Voraussetzungen mit, die ein Kayne-&-Sparks-Model aufweisen sollte, sondern darüber hinaus noch eine weitere Eigenschaft, die ihr in den nächsten Monaten nur von Nutzen sein kann: Sie hat lange Zeit auf der Straße gelebt und dort gelernt, sich durchzusetzen. Meine Damen und Herren, begrüßen sie die vielleicht taffste Kandidatin für das neue Face of KayS : Sabina Keller …«
*

Sabina
    Das Leben fühlte sich beschissen an.
    Okay, nicht jeden Tag. Sabina spielte dieses Spiel lange genug, um zu wissen, dass auch andere als beschissene Tage dazugehörten.
    Aber dieser Tag war definitiv einer der beschissenen.
    Es hatte damit angefangen, dass sie aus ihrer Bleibe geflogen war. Sabina hatte keine Ahnung, was die Typen plötzlich geritten hatte. Aber sie hatten ihr unmissverständlich klargemacht, dass sie sie nicht mehr bei sich haben wollten. Und, was noch schlimmer war, sie hatten die Knete einbehalten, die sie gemeinsam geschnorrt hatten, drüben am Ku’damm, wo die Geschäfte für gewöhnlich besser liefen als hier am Alex. Und dann hatte es auch noch zu regnen begonnen, und Regen war beschissen, wenn man kein Dach hatte, unter das man flüchten konnte. Natürlich gab es Anlaufstellen, die man notfalls aufsuchen konnte und wo es neben einem trockenen Plätzchen auch etwas zu essen gab. Aber Sabina wollte das nicht. Sie hasste es, den Helferinnen zu begegnen, die diesen Job meist freiwillig und ohne Bezahlung machten. Sie hasste es, den Frauen ins Gesicht zu sehen und darin immer dieselben Fragen zu entdecken.
    Was ist dir nur widerfahren?
    Warum tust du dir das an?
    Warum lebt ein Mädchen wie du auf der Straße?
    Sabina schnitt eine Grimasse. Was wussten diese Tanten schon, selbstgefällig und arrogant, wie sie waren? Was hatte das Leben ihnen schon groß beigebracht?
    Sabina hob die Flasche. Der klägliche Rest darin war alles, was ihr noch an Besitz geblieben war. Sie

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