Bloodcast 01 - Cast & Crew
Gesicht, und plötzlich entspannten sich ihre vom Alkoholmissbrauch gezeichneten Züge, und der Blick ihrer Augen klärte sich. »Du bist schön, Leni«, flüsterte sie, liebevoll und traurig zugleich. »So wunderschön - genau wie ich früher. Aber das Leben erteilt uns seine Lektionen …«
»Wir werden sehen«, meinte Lena nur.
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, dass ich nicht aufgebe«, erklärte Lena entschieden. »Dass ich nach einem Ausweg suchen werde, um das verdammte Geld zu beschaffen! Ich lasse nicht zu, dass man Robby, dich und mich auf die Straße setzt!«
Hanna lächelte matt. »So voller Idealismus. Und so kämpferisch. Genau wie dein Vater.«
»Geh jetzt ins Bett und schlaf dich aus!«, schlug Lena vor.
»Vielleicht hast du recht.« Hanna nickte, warf einen Seitenblick auf die Uhr. »Es ist zu spät, um sich Sorgen zu machen.«
Sie stand auf und kam um den Tisch, küsste Lena sanft auf die Stirn. »Gute Nacht, Leni.«
»Nacht, Mama.«
Hanna Benning verschwand aus dem Lichtkreis der Deckenlampe, und Lena konnte hören, wie sie die Küchentür hinter sich schloss.
Eine Weile lang, die Lena wie eine Ewigkeit erschien, saß sie am Tisch und starrte auf die ausgebreiteten Rechnungen, deren Zahlen und Beträge sie wie Raubtiere anzuspringen schienen.
Dann traf sie eine Entscheidung.
Sie hatte mit dem Gedanken schon längere Zeit gespielt. Doch erst in diesem Augenblick reifte er in ihr zum Entschluss. Die Erfolgsaussichten mochten gering sein. Aber sollte es gelingen, würde sich ein guter Teil ihrer Probleme in nichts auflösen.
Einfach so.
Sie stand auf und holte ihre Tasche, zog das Notebook hervor, das sie gebraucht im Computerladen um die Ecke gekauft hatte. Das Ding war alt, aber es erfüllte seinen Zweck. Und man kam damit sogar ins Internet - vorausgesetzt, man hatte ein wenig Geduld.
Lena fuhr das Gerät hoch und stellte die Onlineverbindung her.
Dann ging sie auf die Seite von Kayne & Sparks.
Sie rief das Anmeldeformular auf.
*
»Ich will aber nicht, dass du gehst!«
Robby stand vor ihr, Tränen in den Augen, die dünnen Ärmchen hatte er um Lenas Beine geschlungen. Er drückte sie so fest an sich, als wäre er wild entschlossen, sie niemals wieder loszulassen. Sie konnte spüren, wie Schluchzer ihn schüttelten, und hatte das Gefühl, das Herz würde ihr aus der Brust gerissen.
Sie hatte gewusst, dass dieser Augenblick kommen würde.
Dennoch war sie nicht darauf vorbereitet.
»Hey«, meinte sie sanft. Irgendwie gelang es ihr, sich so weit aus seinem Griff zu lösen, dass sie sich vor ihn hinhocken konnte. Als sie in seine verheulten Augen blickte, in das blasse Gesichtchen, über das ungehemmt die Tränen liefen, hätte sie am liebsten alles abgesagt. Aber das konnte sie nicht. Der erste Schritt war getan. Lena musste den Weg zu Ende gehen. »Du weißt doch, dass es nicht für sehr lange ist.«
»Wohl lang«, schniefte er, »ganz schrecklich lang!«
»Nur ein halbes Jahr. Du wirst sehen, das geht schnell vorbei.«
»Ich will aber nicht. Du sollst nicht hierbleiben. Du sollst wieder mitkommen. Nach Hause.«
Sie seufzte. Was sollte sie ihm sagen? Was wusste ein Vierjähriger über Verpflichtungen und über Zwänge, über Chancen und Möglichkeiten? »Das geht nicht«, erwiderte sie. »Aber wir werden telefonieren, so oft es geht.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
Er wischte sich die Tränen aus den Augen und schien sich ein wenig zu beruhigen. »Warum siehst du so anders aus?«, wollte er wissen.
»Was meinst du?« Lena sah an sich herab. »Ach so, der Hosenanzug - gefällt er dir nicht?«
Robby schüttelte den Kopf. »Schwarz ist doof.«
»Was hättest du dir denn ausgesucht?«
»Blau. Oder grün.«
»Okay.« Lena strich sich das Haar hinters Ohr. »Ich werde dran denken. Nächstes Mal.«
»Darfst du dir denn aussuchen, was du anziehst, wenn du ein Metall bist?«
»Ein Model«, verbesserte sie. »Ich weiß nicht … eher nicht.«
»Warum machst du’s dann?«
»Weil es gut ist für uns.«
»Und sind die auch alle nett zu dir?« Misstrauisch äugte der Junge in Richtung der anderen Teilnehmerinnen, die sich ebenfalls von ihren Eltern, ihren Geschwistern und Freunden verabschiedeten.
»Bestimmt.« Lena nickte. »Wir haben zusammen sicher viel Spaß.«
»Kann ich nicht auch bleiben und Spaß haben?«
»Nein.« Sie lächelte. »Das geht leider nicht. Du musst bei Mama bleiben, okay?« Sie warf einen Seitenblick auf Hanna, die gleich neben ihren
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