Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
Erleichterung aus und sank auf meinen Sitz zurück. Diejenigen, die davon überzeugt gewesen waren, dass er jetzt am Ende war, brüllten vor Zorn.
Durch diesen Zug hatte Trey eine wunderschöne Öffnung vor sich und konnte auf Chris losgehen. Meine Anspannung kehrte zurück. War das wirklich besser? Wenn Trey das Recht gewann , ein Leben zu beenden? Die Frage war ohne Gewicht. Trey nutzte seinen Vorteil nicht aus. Ich beobachtete ihn stirnrunzelnd. Er zappelte zwar nicht herum, aber da war etwas, das nicht richtig schien. Kämpfe haben einen Rhythmus, wenn Instinkt und automatische Reaktionen übernehmen. Es war beinahe so, als hätte Trey mit Absicht gegen seinen nächsten instinktiven Zug angekämpft, gegen den, der ihn geheißen hatte: Schlag zu! Und dadurch öffnete er sich selbst. Er kassierte einen Treffer von Chris, der ihn zu Boden riss. Ich griff mir an die Brust, als hätte ich selbst den Schlag gespürt.
Die Menge drehte durch. Selbst die ehrbaren Master sprangen von ihren Plätzen auf und schrien Anerkennung und Entsetzen heraus. Ich musste mich dazu zwingen, sitzen zu bleiben. Alles von mir wollte dort hinunterlaufen und sich davon überzeugen, dass Trey nichts weiter zugestoßen war, aber ich hatte das Gefühl, dass eines der bewaffneten Mitglieder meiner Eskorte mich erschießen oder bewusstlos schlagen würde, bevor ich auch nur zwei Schritt weit gekommen wäre. Meine Sorge ebbte ein wenig ab, als Trey taumelnd aufstand. Chris schlug ihm gutmütig auf den Rücken und grinste von einem Ohr zum anderen, während die versammelten Zuschauer seinen Namen riefen.
Trey zog sich alsbald zurück und überließ dem Sieger das Feld. Sein Vater warf ihm einen missbilligenden Blick zu, sagte jedoch nichts. Der Mann, der die Knüppel verteilt hatte, trat mit dem Schwert, das ich zurückgegeben hatte, auf Chris zu. Er hielt es sich über den Kopf, was ihm weiteren Applaus eintrug. Master Jameson neben mir stand auf und brüllte: »Bringt die Kreatur heraus!«
Kreatur wäre kaum der Ausdruck, mit dem ich Sonya Karp beschrieben hätte, als vier schwer bewaffnete Krieger sie durch die staubige Arena zerrten. Ihre Beine schienen sich kaum bewegen zu lassen, und selbst aus dieser Entfernung erkannte ich, dass sie unter Drogen stand. Deswegen konnte Adrian sie also in seinen Träumen nicht erreichen. Das erklärte auch, warum sie keine Magie für einen Fluchtversuch eingesetzt hatte. Ihr Haar war wild zerzaust, und sie trug dieselben Kleider, in denen ich sie an diesem letzten Abend bei Adrian gesehen hatte. Sie waren zerknittert, aber Sonya wies keine Spuren körperlichen Missbrauchs auf.
Diesmal konnte ich mich nicht bremsen und stand auf. Sofort legte mir das blonde Mädchen eine Hand auf die Schulter und zwang mich, mich wieder zu setzen. Ich starrte Sonya an und wünschte mir so verzweifelt, ihr zu helfen, wusste aber, dass ich machtlos war. Nachdem ich Furcht und Zorn hinuntergeschluckt hatte, setzte ich mich langsam wieder auf die Tribüne und wandte mich zum Rat um.
»Sie haben mir gesagt, ich würde eine Gelegenheit bekommen zu sprechen.« Ich erinnerte mich an ihr Ehrgefühl. »Sie haben mir Ihr Wort gegeben. Bedeutet Ihnen das denn gar nichts?«
»Unser Wort bedeutet alles«, erwiderte Master Ortega und wirkte gekränkt. »Sie werden Ihre Gelegenheit erhalten.«
Hinter Sonyas Wächter kamen zwei weitere Männer, die einen riesigen Holzblock mit Armfesseln daran schleppten. Der Holzklotz sah aus, als stamme er direkt aus einer mittelalterlichen Filmkulisse, und mir krampfte sich der Magen zusammen, als ich begriff, wofür er gedacht war: für die Enthauptung. Die Schatten waren tiefer geworden, so dass die Männer gezwungen waren, Fackeln hervorzuholen, die ein unheimliches flackerndes Licht über die Arena warfen. Es war unmöglich zu glauben, dass ich mich hier im Kalifornien des 21. Jahrhunderts befand. Ich hatte das Gefühl, als sei ich in eine barbarische Burg gebracht worden.
Und wirklich, diese Jäger waren Barbaren. Einer von Sonyas Wächtern stieß sie von hinten an, so dass sie auf die Knie fiel, und drückte ihren Kopf gewaltsam auf die Oberfläche des Holzklotzes, während er ihr die Hände mit Lederschnüren fesselte. In ihrem benommenen Zustand erforderte es nicht annähernd die Kraft, die der Mann einsetzte. Ich konnte nicht fassen, dass sie so selbstgerecht waren, während sie im Begriff standen, das Leben einer Frau zu beenden, die keinen Widerstand leisten konnte, geschweige denn
Weitere Kostenlose Bücher