Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
überbringen. Wenn irgendetwas dabei herausgekommen ist, haben Ihre Versuche gezeigt, was wir schon seit langem wussten: Unsere Gruppen brauchen einander. Offensichtlich haben die Alchemisten im Laufe der Jahre großes Wissen gesammelt, das sehr nützlich für uns sein könnte – genauso wie unsere Stärke nützlich für sie sein dürfte. Dennoch«, er sah zu Sonya hinüber und runzelte die Stirn, »der Punkt bleibt, dass Sie trotz Ihrer Absichten wahrlich getäuscht wurden. Selbst wenn eine winzige, unmögliche Chance besteht, dass Sie recht haben, dass sie wirklich eine Moroi ist … wir können das Risiko nicht eingehen, dass sie immer noch verderbt sein könnte. Selbst wenn sie glaubt, sie sei wieder zur Moroi geworden, wäre es möglich, dass sie immer noch unbewusst beeinflusst ist.«
Wiederum war ich sprachlos – aber nicht, weil ich meinen Fall anscheinend verloren hatte. Master Jamesons Worte waren fast identisch mit dem, was Keith’ Vater gesagt hatte, als er mir berichtet hatte, dass man Keith in die Umerziehung zurückbringen werde. Mr Darnell hatte die gleiche Einschätzung wiederholt, dass sie das Risiko nicht eingehen würden, Keith könne auch nur ein wenig beeinflusst sein. Extreme Eingriffe waren erforderlich gewesen. Wir sind uns gleich, dachte ich. Die Alchemisten und die Krieger. Die Jahre haben uns voneinander getrennt, aber wir haben denselben Ausgangspunkt – sowohl hinsichtlich unserer Ziele als auch unserer Blindheit.
Und dann sagte Master Jameson das Schockierendste überhaupt: »Selbst wenn sie nur eine Moroi ist, ist es kein großer Verlust. Wir werden sie uns irgendwann ohnehin vornehmen, sobald wir die Strigoi erledigt haben.«
Bei diesen Worten erstarrte ich. Das blonde Mädchen trat heran und zwang mich, mich erneut in die erste Reihe der Tribünen zu setzen. Ich leistete keinen Widerstand, denn ich war zu schockiert über das, was ich gerade gehört hatte. Was meinten sie damit, dass sie sich die Moroi vornehmen würden? Sonya konnte einfach nur der Anfang sein, dann würden meine übrigen Freunde an die Reihe kommen – und dann auch Adrian.
Master Angeletti riss mich in die Gegenwart zurück. Er vollführte eine großartige Geste zu Chris hinüber und sagte: »Durch die göttliche Macht, die uns gewährt wurde, um Licht und Reinheit in diese Welt zu bringen, bist du berechtigt, diese Kreatur zu vernichten. Beginne.«
Chris hob nun das Schwert, ein fanatisches Glitzern in den Augen. Ein sogar glückliches Glitzern. Er wollte es tun. Er wollte töten. Dimitri und Rose hatten schon viele, viele Male getötet, aber beide hatten mir gesagt, dass sie keinen Gefallen daran fanden. Sie waren froh, das Rechte zu tun und andere zu verteidigen, aber sie fanden keinen Gefallen daran, den Tod zu bringen. Man hatte mich gelehrt, dass die Existenz von Vampiren falsch und widernatürlich war, aber was ich gleich miterleben würde, das war der wahre Frevel. Dies hier waren die Ungeheuer.
Ich wollte schreien oder weinen oder mich vor Sonya werfen. Wir waren einen Herzschlag entfernt vom Tod einer heiteren, liebevollen Person. Dann, ohne Vorwarnung, drang durch die Stille in der Arena Pistolenfeuer. Chris hielt inne und hob überrascht den Kopf. Ich zuckte zusammen und blickte sofort zu der bewaffneten Eskorte hinüber; ich fragte mich, ob sie beschlossen hatte, zu einem Exekutionskommando zu werden. Sie wirkten genauso überrascht wie ich – gut, wenigstens die meisten von ihnen. Zwei zeigten keinerlei Reaktion – weil sie auf dem Boden zusammengebrochen waren.
Und das war der Augenblick, da Dimitri und Eddie in die Arena gestürmt kamen.
Kapitel 22
S chüsse hallten durch die Arena und trafen mehrere der bewaffneten Krieger. Ich begriff, dass Dimitri und Eddie nicht allein waren – weil keiner von ihnen eine Waffe in der Hand hielt. Die Schüsse kamen von den Dächern der Gebäude rings um die Arena. Chaos brach aus, die versammelten Zuschauer sprangen auf die Füße und stürzten sich ins Getümmel. Mir stockte der Atem, als mir bewusst wurde, dass viele von ihnen ihre eigenen Waffen trugen. Ich war schockiert, als ich bemerkte, dass der gefallene Krieger neben mir nicht blutete. Ein kleiner Pfeil hing an seiner Schulter. Die Kugeln der Scharfschützen mussten Betäubungspfeile gewesen sein. Wer waren sie?
Ich sah zum Eingang zurück. Einige andere, die ich für Wächter hielt, waren in die Arena gestürmt und kämpften mit einigen der Krieger, darunter auch Chris. Dadurch
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