Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
das Frühstück nicht sonst immer aus?«
»Ja, aber ich bin nicht diejenige, die einen Morgen lang hart gearbeitet hat. Außerdem musst du dich noch umziehen – warte, du trägst eine Uniform?« Es war mir nicht einmal aufgefallen. Wann immer Eddie und Jill trainierten, taten sie es in lässiger Sportkleidung – genau so einer, wie er sie jetzt trug. Angeline war heute tatsächlich in der Amberwood-Uniform gekommen, Rock und Bluse, die die Spuren einer morgendlichen Schlacht zeigte.
»Ja, na und?« Sie stopfte sich die Bluse in den Rockbund, aus dem sie herausgerutscht war. Die Seite der Bluse war schmutzig.
»Du solltest dich umziehen«, sagte ich.
»Nein. Ist schon in Ordnung.«
Ich war mir da nicht so sicher, aber zumindest war es besser als die Jeansshorts. Eddie ging jedoch tatsächlich davon, um seine Uniform anzuziehen, und blieb verschwunden. Ich wusste, dass er gern frühstückte, und da er ein Junge war, konnte er sich ziemlich schnell umziehen. Ich hatte den Verdacht, dass er das Frühstück nur opferte, um sich von Angeline fernzuhalten.
Beim Eintritt in die Cafeteria hörte ich meinen Namen, dann sah ich Kristin Sawyer und Julia Cavendish winken. Abgesehen von Trey waren sie die beiden engsten Freundinnen, die ich an der Amberwood gefunden hatte. Ich hatte immer noch einen meilenweiten Weg zu einem sozialen Durchblick vor mir, aber diese beiden hatten mir schon sehr geholfen. Und bei alldem übernatürlichen Krimskrams, den mein Job mit sich brachte, hatte es etwas Tröstliches, in der Nähe von ganz normalen Leuten zu sein … und, na ja, menschlichen. Selbst wenn ich nicht ganz ehrlich zu ihnen sein durfte.
»Sydney, wir haben eine Frage an dich. Geht um Mode«, begrüßte mich Julia. Sie warf sich das blonde Haar über eine Schulter, ihre übliche Geste, wenn sie etwas von größter Wichtigkeit sagen wollte.
»Eine Frage zur Mode?« Ich wollte mich schon fast umsehen, ob vielleicht eine andere Sydney hinter mir stand. »Ich glaube, so was hat mich noch nie jemand gefragt.«
»Du hast wirklich schöne Kleider«, beharrte Kristin. Sie hatte dunkle Haut und dunkles Haar, außerdem war sie athletisch, was einen Kontrast zu Julias mädchenhafterem Wuchs bildete. »Zu schön, um genau zu sein. Wenn meine Mom zehn Jahre jünger wäre, cool und viel mehr Geld hätte, würde sie sich so anziehen wie du.« Ich wusste nicht, ob das nun ein Kompliment war oder nicht, aber Julia gab mir keine Chance, darüber nachzugrübeln.
»Sag es ihr, Kris.«
»Erinnerst du dich an dieses Beratungsseminar, das ich nächstes Semester belegen wollte? Ich habe ein Vorstellungsgespräch bekommen«, erklärte Kristin. »Ich überlege, ob ich lieber Hosen und einen Blazer tragen sollte oder ein Kleid.«
Ah, das erklärte, warum sie zu mir kamen. Ein Vorstellungsgespräch. Alles andere hätten sie einem Modemagazin entnehmen können. Und obwohl ich wahrscheinlich in solch praktischen Angelegenheiten die Autorität war … na ja, ich war jedenfalls irgendwie enttäuscht, dass sie mich deswegen gerufen hatten. »Welche Farbe haben sie?«
»Der Blazer ist rot, und das Kleid ist dunkelblau.«
Ich musterte Kristin. Sie hatte eine Narbe am Handgelenk, Überbleibsel einer grässlichen Tätowierung, bei deren Entfernung ich geholfen hatte, damals, zur Blütezeit von Keith’ zwielichtiger Tätowiererbande. »Nimm das Kleid. Warte … ist es ein Kleid, das du eher in der Kirche oder in einem Nachtclub tragen würdest?«
»Kirche«, antwortete sie und hörte sich gar nicht glücklich darüber an.
»Dann auf jeden Fall das Kleid«, stellte ich fest.
Kristin warf Julia einen triumphierenden Blick zu. »Siehst du? Ich hab dir gesagt, dass sie das sagen würde.«
Julia schien aber doch noch Zweifel zu haben. »Der Blazer macht mehr Spaß. Er ist leuchtend rot.«
»Ja, aber ›Spaß‹ ist meistens nicht gerade das, was man bei einem Vorstellungsgespräch vermitteln will«, bemerkte ich. Es war schwer, angesichts ihres Geplänkels keine Miene zu verziehen. »Zumindest nicht für einen solchen Job.«
Julia wirkte immer noch nicht überzeugt, aber sie versuchte auch nicht, Kristin meinen klugen Moderat auszureden. Einige Sekunden später reckte Julia den Kopf. »He, stimmt es, dass dich Trey mit irgendeinem Jungen verkuppelt hat?«
»Ich … was? Nein. Wo hast du das denn gehört?« Als müsste ich das fragen. Sie hatte es zweifellos von Trey selbst gehört.
»Trey meinte, er hätte mit dir darüber gesprochen«, sagte
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