Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
gab ich zu. »Meine Mom steht wirklich auf Autos.« Als ich Rose Hathaway kennenlernte, hatte ich das unglaubliche Glück, einen 1972er Citroën fahren zu können. Jetzt besaß ich einen Subaru, den ich Latte nannte. Ich liebte den Wagen, aber er war nicht direkt glamourös. »Das sind Werke der Kunst und des Ingenieurwesens.«
Dann bemerkte ich, dass Brayden mit mir auf die Beifahrerseite gekommen war. Für eine halbe Sekunde dachte ich, er erwarte von mir zu fahren. Vielleicht, weil ich Autos so liebte? Aber dann öffnete er die Tür, und mir wurde klar, dass er vielmehr darauf wartete, dass ich einstieg. Ich tat es und versuchte, mich daran zu erinnern, wann ein Junge mir das letzte Mal die Autotür aufgehalten hatte. Ergebnis: Niemals.
Das Abendessen war zwar kein Fastfood, aber auch nichts Herausragendes. Ich fragte mich, was Julia und Kristin dazu gesagt hätten. Wir aßen in einem sehr kalifornischen Café, das lauter biologische Sandwiches und Salate servierte. Offenbar waren sämtliche Gerichte auf der Speisekarte mit Avocados zubereitet.
»Ich hätte dich ja in ein netteres Restaurant ausgeführt«, erklärte er mir. »Aber ich wollte das Risiko nicht eingehen, dass wir zu spät kommen. Der Park ist einige Häuserblocks entfernt, also sollten wir einen guten Platz bekommen können. Ich … ich hoffe, das ist okay so?« Plötzlich wirkte er nervös. Es war ein solcher Gegensatz zu dem Selbstbewusstsein, das er an den Tag gelegt hatte, als er von Shakespeare gesprochen hatte. Ich musste zugeben, es wirkte irgendwie beruhigend. Ich entspannte mich selbst ein wenig. »Wenn nicht, werde ich ein besseres Lokal suchen … «
»Nein, das hier ist großartig«, antwortete ich und betrachtete den hell erleuchteten Speisesaal des Cafés. Es war eins der Lokale, in denen wir an einer Theke bestellten und dann mit einer Nummer zu unserem Tisch gingen. »Ich würde ohnehin gern früh da sein.« Er beglich die gesamte Rechnung. Ich versuchte die Regeln, mit denen meine Freundinnen mich bombardiert hatten, irgendwie sinnvoll zu ordnen. »Was schulde ich dir für meine Eintrittskarte?«, fragte ich zaghaft.
Brayden wirkte überrascht. »Nichts. Du bist eingeladen.« Er lächelte genauso zaghaft zurück.
»Danke«, sagte ich. Also zahlte er. Das würde Kristin glücklich machen, obwohl ich mich ein wenig unbehaglich fühlte – was jedoch nicht an ihm lag. Bei den Alchemisten war immer ich diejenige, die die Rechnungen beglich und den Papierkram erledigte. Also war ich nicht daran gewöhnt, dass jemand anders das übernahm. Wahrscheinlich fiel es mir einfach schwer, das Gefühl abzuschütteln, ich müsse mich um alles kümmern, weil niemand sonst es richtig machte.
Das Lernen war für mich immer ein Kinderspiel gewesen. Aber in Amberwood musste ich die Fähigkeit entwickeln, auf eine normale Weise Zeit mit Leuten meines Alters zu verbringen. Zwar war ich besser geworden, aber es war immer noch ein Kampf dahinterzukommen, was ich meinen Altersgenossen gegenüber ansprechen sollte. Bei Brayden hatte ich dieses Problem nicht. Wir hatten einen endlosen Vorrat an Themen und waren dazu auch noch beide gewillt, sämtliche unserer Kenntnisse über alles und jedes auch zur Sprache zu bringen. Den größten Teil der Mahlzeit verbrachten wir damit, die Feinheiten der Zertifizierung von Bioerzeugnissen zu diskutieren. Das war ziemlich umwerfend.
Schwierig wurde es erst, als wir uns dem Ende der Mahlzeit näherten und Brayden fragte, ob ich vor dem Gehen noch ein Dessert wolle. Ich erstarrte und sah mich plötzlich einem Dilemma gegenüber. Jill hatte gesagt, ich solle auf jeden Fall genug bestellen, um nicht als billiges Date dazustehen. Ohne auch nur darüber nachzudenken, hatte ich einen preiswerten Salat bestellt – einfach weil er gut klang. War ich jetzt verpflichtet, mehr zu bestellen, damit ich jemand war, für die sich Brayden ins Zeug legen musste? War die Sache es wert, dass ich meine sämtlichen Regeln hinsichtlich Zucker und Desserts brach? Und mal ehrlich, was wusste Jill schon über die Etikette von Dates? Ihr letzter Freund war gemeingefährlich gewesen, während ihr gegenwärtiger keine Ahnung hatte, dass sie ein Vampir war.
»Äh, nein danke«, sagte ich schließlich. »Lieber würde ich den Park rechtzeitig erreichen.«
Er nickte, während er vom Tisch aufstand und mich abermals anlächelte. »Ich habe das Gleiche gedacht. Die meisten Leute scheinen Pünktlichkeit für nicht so wichtig zu
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