Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
und er konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.
Am nächsten Tag holte mich Brayden direkt nach der Schule ab, damit wir rechtzeitig die Windradtour antreten konnten. Ms Terwilliger hatte mich sogar einige Minuten früher gehen lassen, nachdem ich versprochen hatte, ihr auf unserem Rückweg nach Amberwood einen Cappuccino zu besorgen. Ich war aufgeregt, Brayden zu sehen – aufgeregt wegen der Tour. Doch als ich in seinen Wagen stieg, durchzuckte mich ein kurzer Stich des Zweifels. Hatte ich eigentlich ein Recht auf solche amüsanten, persönlichen Aktivitäten? Vor allem jetzt, da die Tarngeschichte zweimal auf der Kippe gestanden hatte? Vielleicht verwandte ich zu viel Zeit auf mich selbst und nicht genug auf die Mission.
Brayden hatte mir über den Debattierwettbewerb, an dem er übers Wochenende teilgenommen hatte, viel zu erzählen. Wir analysierten einige der schwierigeren Themen, die ihm untergekommen waren, und lachten über die einfachen, die das gegnerische Team matt gesetzt hatten. Ich hatte romantische Beziehungen seit Jahren gefürchtet, war aber erneut angenehm überrascht, wie leicht es war, mit ihm zu reden. Es war ganz so wie auf dem Shakespeare-Ausflug: ein endloser Strom von Themen, in denen wir beide uns bestens auskannten. Eher war es der Rest der Sache, der mich nach wie vor beunruhigte – die »Date-Sache«. Die Bücher über romantische Beziehungen, die ich seit unserem letzten Ausflug gelesen hatte, gaben im Wesentlichen Ratschläge, wann man Sex haben sollte, was absolut sinnlos war, weil ich vorher noch herausfinden musste, wie man Händchen hielt.
Die riesigen Windräder waren ziemlich beeindruckend. Sie hatten nicht die anmutige Schönheit von Autos, die ich liebte, aber die Ingenieurskunst, für die sie standen, erfüllte mich mit der gleichen Ehrfurcht. Einige der Windräder waren über dreißig Meter hoch, und ihre Rotoren waren halb so groß wie ein Footballfeld. In Augenblicken wie diesem staunte ich über den menschlichen Einfallsreichtum. Wer brauchte Magie, wenn wir solche Wunder erschaffen konnten?
Unsere Führerin war eine fröhliche junge Frau von Mitte zwanzig, die ihre Arbeit offensichtlich ebenso liebte wie alles, was mit Windenergie zusammenhing. Sie wusste alle möglichen wissenswerten Kleinigkeiten darüber – aber nicht genug, um Brayden zufriedenzustellen.
»Wie begegnen Sie der Verminderung des Wirkungsgrades, der sich aus der schmalen Bandbreite der Windgeschwindigkeiten ergibt, bei denen die Turbinen arbeiten können?«
Dann: »Was sagen Sie zu den Studien, die zeigen, dass die einfache Verbesserung der Filter bei der Umwandlung fossiler Brennstoffe zu wesentlich geringerem Kohlendioxidausstoß führen würde, als sie diese Art der Energieerzeugung erzielen kann?«
Und später: »Lässt sich Windkraft wirklich als Option betrachten, wenn die Verbraucher, unter Einbeziehung der Kosten für die Errichtung und die Wartungsarbeiten, am Ende mehr bezahlen als für traditionelle Formen der Elektrizität?«
Ich war mir nicht ganz sicher, hatte jedoch den Eindruck, dass unsere Führerin die Tour vorzeitig beendete. Sie ermutigte einige der anderen Touristen, jederzeit wiederzukommen, sagte aber nichts, als Brayden und ich an ihr vorbeigingen.
»Diese Frau war bedauerlich schlecht informiert«, erklärte er mir, sobald wir wieder auf dem Highway waren.
»Sie wusste viel über die Windräder und ihre Möglichkeiten«, bemerkte ich. »Wahrscheinlich kommen die neuesten Einwände bei diesen Touren einfach nicht so oft zur Sprache. Oder … « Ich hielt inne und lächelte. »Sie wusste nicht, wie man mit, ähm, energischen Touristen umgeht.«
»Ich war energisch?«, fragte er aufrichtig überrascht. Er war so in seine Ideen vertieft gewesen, dass er es nicht einmal bemerkt hatte. Liebenswert.
Ich versuchte, mein Lachen zu unterdrücken. »Du bist ziemlich heftig aufgetreten, das ist alles. Ich glaube, dass sie auf jemanden wie dich nicht vorbereitet war.«
»Das sollte sie aber. Windkraft hat Potenzial, das stimmt, aber im Augenblick gibt es alle möglichen Probleme hinsichtlich Kosten und Effizienz, die auch erörtert werden müssen. Sonst hat das alles doch gar keinen Sinn.«
Ich saß einige Sekunden lang da und überlegte, wie ich am besten reagieren sollte. Keiner der Ratschläge aus den Büchern oder von meinen Freunden hatte mich wirklich darauf vorbereitet, wie ich Diskussionen über alternative Energiequellen handhaben sollte. Eins der
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