Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
Bücher – eins, das ich lieber nicht zu Ende gelesen hatte – hatte eine entschieden männerzentrierte Ansicht vertreten, dass Frauen bei Dates Männern immer das Gefühl geben sollten, wichtig zu sein. Vermutlich hätte Kristins und Julias Rat im Augenblick gelautet, dass ich lachen, das Haar zurückwerfen – und die Diskussion beenden sollte.
Aber das konnte ich einfach nicht.
»Du irrst dich«, sagte ich.
Brayden – der ein großer Befürworter von sicherer Fahrweise war – wandte tatsächlich für einige Sekunden den Blick von der Straße ab und starrte mich an. »Was hast du gesagt?«
Abgesehen davon, dass er ebenso wie ich einen gewaltigen Vorrat an umfassendem und zufälligem Wissen besaß, war mir noch etwas anderes, sehr Wesentliches, an Brayden aufgefallen. Er lag nicht gern falsch. Was weiter keine Überraschung war. Ich war auch nicht gerade begeistert, mich zu irren, also hatten wir in dieser Hinsicht viel gemeinsam. Und anhand dessen, wie wir über die Schule und sogar über seinen Debattierwettbewerb gesprochen hatten, hatte ich geschlussfolgert, dass die Leute ihm auch niemals sagten, er irre sich – selbst wenn es zufällig einmal der Fall war.
Vielleicht war es ja noch nicht zu spät für die Sache mit den Haaren. Stattdessen stürmte ich einfach weiter.
»Du irrst dich. Vielleicht ist Windenergie nicht so effizient, wie sie sein könnte, aber Tatsache ist doch, dass allein ihre Entwicklung ein gewaltiger Fortschritt gegenüber den überholten, archaischen Energiequellen ist, von denen unsere Gesellschaft abhängt. Die Erwartung, dass Windkraft genauso kosteneffizient sei wie etwas, das es schon viel länger gibt, ist naiv.«
»Aber … «
»Wir können nicht leugnen, dass die Kosten den Nutzen rechtfertigen. Der Klimawandel wird zunehmend zu einem Problem, und die Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid durch Windenergie könnte einen entscheidenden Einfluss haben. Außerdem – und das könnte das Wichtigste sein – ist Wind erneuerbar. Es spielt keine Rolle, ob andere Energiequellen billig sind, wenn sie uns am Ende doch ausgehen.«
»Aber … «
»Wir müssen fortschrittlich sein und unseren Blick auf das lenken, was uns später retten wird. Wenn wir uns jetzt strikt auf Kosteneffizienz konzentrieren – und die Konsequenzen ignorieren – , ist das kurzsichtig gedacht und wird letztlich zum Untergang der menschlichen Rasse führen. Die Leute, die anders denken, schieben das Problem lediglich hinaus, es sei denn, ihnen fallen andere Lösungen ein. Den meisten fällt aber nichts ein. Sie beklagen sich nur. Das ist der Grund, warum du dich irrst.«
Ich hielt inne, um Luft zu holen, und riskierte dann einen Blick auf Brayden. Er sah auf die Straße, aber seine Augen waren plötzlich unfassbar groß. Er hätte kaum schockierter aussehen können, wenn ich ihn geohrfeigt hätte. Sofort machte ich mir Vorwürfe. Sydney, warum klimperst du nicht einfach mit den Wimpern?
»Brayden?«, fragte ich zaghaft, nachdem fast eine Minute ohne eine Reaktion verstrichen war. Aber sein Schweigen hielt an.
Plötzlich bog er ohne Vorwarnung scharf vom Highway ab auf den Randstreifen. Staub und Kies wirbelten rings umher auf. In diesem Moment war ich mir absolut sicher, dass er verlangen würde, ich solle aussteigen und zu Fuß zurück nach Palm Springs gehen. Und wir waren immer noch meilenweit von der Stadt entfernt.
Stattdessen ergriff er meine Hände und beugte sich zu mir hinüber. »Du«, begann er atemlos, »bist erstaunlich. Absolut, total, ausnehmend erstaunlich.« Und dann küsste er mich.
Ich war so überrascht, dass ich mich nicht einmal rühren konnte. Mein Herz raste, aber mehr aus Furcht als aus irgendwelchen anderen Gründen. Machte ich es richtig? Ich versucht e, mich zu entspa nnen und öffnete leicht d ie Lippen, doch mein Körper blieb starr. Bray den zog sich nicht angewidert zurück, was ich als gutes Zeichen wertete. Ich hatte noch nie zuvor jemanden geküsst und mir eine Menge Sorgen gemacht, wie es wohl sein würde. Die Mechanik des Ganzen erwies sich als nicht allzu schwierig. Als er sich schließlich von mir löste, lächelte er. Ein gutes Zeichen, schätzte ich. Zaghaft lächelte ich zurück, weil ich wusste, dass es von mir erwartet wurde. Ehrlich, ein geheimer Teil meiner selbst war etwas enttäuscht. Das sollte alles sein? Das war die große Sache? Es war nicht schrecklich gewesen, aber es hatte mich auch nicht auf neuen Höhen schweben lassen. Es war genau das
Weitere Kostenlose Bücher