Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
sie es bei Magie tat, steckten wir nicht in diesem Schlamassel.
Das Abendessen nahm ich meistens mit Julia und Kristin oder »der Familie« ein. Heute Abend war ein Familientreffen angesagt. Ich fand Eddie und Angeline bereits an einem Tisch vor, als ich die Ost-Cafeteria betrat, und wie üblich schien er für meine Anwesenheit dankbar zu sein.
»Nun, warum nicht?«, sagte Angeline gerade, als ich mich mit meinem Tablett setzte. An diesem Abend gab es chinesisches Essen, und sie hielt Essstäbchen in der Hand, was anscheinend keine gute Idee war. Ich hatte ihr einmal beizubringen versucht, wie man sie benutzte, allerdings ohne Erfolg. Sie war wütend geworden und hatte eine Frühlingsrolle so fest aufgespießt, dass die Stäbchen zerbrochen waren.
»Ich hab nur … na ja, es ist nicht mein Ding«, sagte Eddie, der sichtlich nach einer Antwort auf ihre Frage suchte, worum immer sich diese auch gedreht haben mochte. »Ich gehe überhaupt nicht hin. Mit niemandem.«
»Jill wird mit Micah dort sein«, bemerkte Angeline hinterhältig. »Musst du sie nicht im Auge behalten? Schließlich findet das Ganze nicht in der Schule statt.«
Eddies Antwort war ein gequälter Blick.
»Wovon sprecht ihr?«, fragte ich schließlich.
»Vom Halloween-Ball«, sagte Angeline.
Das war mir neu. »Es gibt einen Halloween-Ball?«
Eddie riss sich aus seinem Elend los und sah mich überrascht an. »Wie kannst du das nicht wissen? Es hängen doch überall Plakate.«
Ich rührte in meinem gedünsteten Gemüse herum. »Das muss irgendwo sein, wo ich nicht gewesen bin.«
Eddie deutete mit seiner Gabel auf etwas hinter mir. Ich drehte mich um und sah zu der Schlange an der Essensausgabe hin, in der ich gerade gestanden hatte. Dort hing an der Wand ein riesiges Plakat mit der Aufschrift HALLOWEEN - BALL . Datum und Uhrzeit waren angegeben, und es war mit schlecht gezeichneten Kürbissen dekoriert.
»Oh«, sagte ich.
»Wie kannst du ganze Bücher auswendig lernen, aber so etwas übersehen?«, fragte Angeline.
»Weil Sydneys Gehirn nur nützliche Informationen speichert«, sagte Eddie mit einem Lächeln. Ich widersprach nicht.
»Findest du nicht, dass Eddie hingehen sollte?«, drängte Angeline. »Er muss auf Jill aufpassen. Und wenn er hingeht, können wir doch ebenso gut zusammen gehen.«
Eddie warf mir einen verzweifelten Blick zu, und ich versuchte, einen Ausweg für ihn zu finden. »Na ja, natürlich wird er hingehen, vor allem, wenn der Ball nicht auf dem Schulgelände stattfindet.« Das Plakat nannte einen Veranstaltungsort, von dem ich noch nie zuvor etwas gehört hatte. Wir hatten keine Spur von dem Moroi gesehen, der hinter Jill her war, aber ein unbekannter Ort stellte immer neue Gefahren dar. Da hatte ich eine Inspiration. »Aber das ist es doch gerade! Er wird im Dienst sein. Er wird die ganze Zeit damit verbringen, die Örtlichkeit auszukundschaften und nach mysteriösen Leuten Ausschau zu halten. Es wäre eine Verschwendung, wenn er, ähm, mit dir hinginge. Du würdest wahrscheinlich nicht viel Spaß haben. Besser, du gehst mit jemandem anders.«
»Aber ich sollte Jill doch ebenfalls beschützen«, wandte sie ein. »Bin ich deswegen nicht hier? Ich muss lernen, was ich zu tun habe.«
»Na ja«, murmelte er, offensichtlich gefangen von ihrer Logik. »Du wirst mitkommen müssen, um auf sie aufzupassen.«
Angelines Miene hellte sich auf. »Wirklich? Dann können wir zusammen hingehen!«
Eddies gequälter Gesichtsausdruck kehrte zurück. »Nein. Wir gehen zusammen. Nicht zusammen.«
Angeline machten die Nuancen anscheinend nichts aus. »Ich war noch nie auf einem Ball«, gab sie zu. »Also, ich meine, zu Hause hatten wir ständig welche. Aber die sind wohl kaum dasselbe wie die hier.«
Dem konnte ich nur zustimmen. Ich hatte die gesellschaftlichen Zusammenkünfte der Hüter miterlebt. Da gab es lärmende Musik und Tänze ums Lagerfeuer, dazu ein giftiges, selbst hergestelltes alkoholisches Gebräu, das wahrscheinlich nicht einmal Adrian angerührt hätte. Zudem war für die Hüter eine Zusammenkunft erst dann ein Erfolg, wenn es zu mindestens einer Schlägerei kam. In der Tat war es ziemlich erstaunlich, dass Angeline hier in Amberwood nicht in eine Schlägerei verwickelt worden war. Ich hätte mich glücklich schätzen sollen, dass ihre einzigen Missetaten Verstöße gegen die Kleiderordnung und Widerspruch gegenüber den Lehrern waren.
»Wahrscheinlich nicht«, sagte ich neutral. »Ich weiß nicht. Ich war auch noch
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