Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
Zusammengehörigkeit. Erstaunt riss er den Kopf zu mir herum. »Nichts, was er gesagt hat, könnte etwas an meiner Meinung über dich ändern. Ich habe mir meine Meinung über dich schon vor langer Zeit gebildet … und sie ist durch und durch gut.«
Adrian wandte den Blick von mir ab und sah auf meine Hand hinunter, die auf der seinen lag. Ich errötete und zog sie zurück. »Entschuldige.« Ich hatte ihn wahrscheinlich erschreckt.
Er sah mich wieder an. »Das ist das Beste, was mir den ganzen Tag über passiert ist. Fahren wir los!«
Wir kehrten auf den Highway zurück, und zwei Dinge lenkten mich ab. Das Erste war meine Hand. Sie kribbelte noch immer und fühlte sich an der Stelle warm an, wo ich seine berührt hatte. Das war irgendwie komisch. Die Leute denken immer, Vampire seien kalt, aber das sind sie gar nicht. Gewiss nicht Adrian. Das Gefühl verblasste, je länger ich fuhr, aber ich wünschte irgendwie, es würde bleiben.
Das andere, was mich ablenkte, war all der Zucker, den ich gerade zu mir genommen hatte. Ich fuhr mir immer wieder mit der Zunge über die Zähne. Mein ganzer Mund war von klebriger Süße überzogen. Ich wollte mir die Zähne putzen und dann eine ganze Flasche Mundwasser trinken. Flüssiger Zucker. Ja, genau das war es gewesen. Ich hatte keinen trinken wollen, aber ich hatte gewusst: Wenn ich nur für ihn einen Slush mitgebracht hätte, hätte Adrian es als eine Geste des Mitleids gedeutet und abgelehnt. Ich hatte also so tun müssen, als hätte ich selbst einen gewollt und erst in zweiter Linie an ihn gedacht. Meine Lüge über den Zuckergehalt des Getränks hatte er offenbar geglaubt, obwohl ein kurzer Abstecher in die Tankstelle ihn schnell eines Besseren hätte belehren können. Natürlich gab es bei Jumbo Jim keinen zuckerfreien Slush. Ich hatte trotzdem gefragt. Sie hatten aber nur gelacht.
Das Auslassen des Mittagessens würde diese Kalorienbombe nicht wettmachen, dachte ich düster. Und ich würde den zuckrigen Geschmack in absehbarer Zukunft nicht aus dem Mund bekommen. So schnell wie Adrian wieder in seine Depression zurückgefallen war, kam ich mir töricht vor, diese List überhaupt versucht zu haben. Ein Slush konnte nichts an dem ändern, was sein Vater gesagt hatte, und morgen würde ich auf der Waage ein Pfund mehr haben. Das war es wahrscheinlich nicht wert gewesen.
Dann dachte ich an diesen kurzen Moment im Auto zurück und an Adrians flüchtigen Ausdruck der Zufriedenheit und der darauf folgenden Bemerkung: Gott, die sind umwerfend. Ich glaube, das habe ich gebraucht.
Ein kurzer Augenblick des Friedens inmitten seiner dunklen Verzweiflung. Das hatte ich gewollt, und das hatte ich bekommen. Aber war es das wert gewesen? Ich rieb meine Fingerspitzen und spürte noch immer diese Wärme.
Ja, befand ich schließlich. Ja, das war es wert gewesen.
Kapitel 10
D er Ausflug nach San Diego machte mir weiter zu schaffen, obwohl ich wusste, dass ich die Sache auf sich beruhen lassen sollte. Wie ich mir häufig ins Gedächtnis rief, galt Adrian – anders als Jill und die anderen – eigentlich nicht meine Sorge. Doch ich musste unentwegt an das schreckliche Gespräch zwischen ihm und Nathan denken – oder an Adrians Gesicht hinterher. Noch elender fühlte ich mich, als ein besorgter Eddie am folgenden Morgen zu mir kam, um beim Frühstück über Jill zu sprechen.
»Irgendetwas stimmt nicht mit ihr«, erklärte er.
Sofort sah ich zu der Schlange in der Cafeteria hinüber, wo Jill mit ihrem Tablett wartete. Ihr Gesicht war völlig ausdruckslos, als nehme sie ihre Umgebung kaum wahr. Selbst ohne ein magisches Talent für Auren sprang mir der Kummer, den sie um sich verbreitete, förmlich ins Auge.
»Micah ist es auch aufgefallen«, fügte Eddie hinzu. »Aber uns ist ein Rätsel, was sie so sehr aufregen konnte. Geht es um Lia? Oder wird sie wieder schikaniert?«
In diesem Moment wusste ich nicht so genau, wer mir mehr leidtat: Adrian, Jill – oder Eddie. Eddie strahlte praktisch genauso viel Schmerz aus wie Jill. Oh, Eddie, dachte ich. Warum tust du dir das immer wieder an? Er machte sich offensichtlich Sorgen um sie, würde es aber nicht wagen, sie deswegen anzusprechen oder ihr Trost anzubieten.
»Mit Jill ist alles in Ordnung. Es ist Adrian, und sie spürt es durch das Band. Er macht eine schwere Zeit durch.« Weiter äußerte ich mich nicht zu Adrians Situation. Es war nicht an mir, diese Geschichte zu erzählen.
Eddies Gesicht verdüsterte sich ein wenig. »Es
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