Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
ist nicht fair, dass sie seine Stimmungen ertragen muss.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte ich. »Kommt mir schon wie ein fairer Handel vor. Schließlich ist sie am Leben.« Dass Adrian Geist eingesetzt hatte, um Jill von den Toten zurückzuholen, machte mir noch immer etwas zu schaffen. Jedes Bisschen meiner Alchemistenausbildung sagte, dass eine solche Magie unrecht war, viel schlimmer als jede andere, die ich mit angesehen hatte. Man hätte sogar sagen können, dass das, was er zuwege gebracht hatte, nur wenige Schritte von der untoten Unsterblichkeit der Strigoi entfernt war. Aber wann immer ich Jill gesund und munter vor mir sah, war ich zugleich überzeugt davon, dass Adrian etwas Gutes getan hatte. Ich hatte es ehrlich gemeint, als ich in San Diego etwas in dieser Hinsicht zu ihm gesagt hatte.
»Vermutlich«, erwiderte Eddie. »Ich wünschte, es bestünde eine Möglichkeit für sie, ihn auszublenden. Oder zumindest, ihn etwas weniger launisch zu machen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nach allem, was ich gehört habe, war Adrian schon so, lange bevor Jill schattengeküsst wurde.«
Trotzdem, dieses Gespräch verfolgte mich, und ich fragte mich den ganzen Tag über, was ich tun könnte, um Adrian glücklicher zu machen. Ein neuer Vater – aber das war natürlich nicht möglich. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich das für mich selbst schon vor Jahren versucht. Slush stand auch nicht zur Debatte, zum einen, weil einer nur zehn Minuten Trost bot, und zum anderen, weil ich mich immer noch von dem letzten erholen musste. Später kam mir endlich eine Idee, die ich jedoch nicht leicht in die Tat umsetzen konnte. Tatsächlich würden meine Vorgesetzten sagen, ich solle es nicht einmal versuchen – weswegen ich schließlich beschloss, es so zu tun, dass keine E-Mail- oder Papierspur zurückbliebe. Heute ging es allerdings nicht, daher nahm ich mir vor, mich später darum zu kümmern. Außerdem, wer wusste das schon? Vielleicht würde Adrian die Nachwehen des Treffens mit seinem Vater allein abschütteln.
In dieser Hoffnung fühlte ich mich tatsächlich bestärkt, als ich Jill am nächsten Tag bei der Schulversammlung sah. Versammlungen wie diese waren für mich immer noch etwas Neues, und ich hatte seit Schulbeginn genau zwei mitgemacht. Die eine war eine Willkommens-Versammlung während unserer ersten Woche gewesen und die andere eine Motivationsversammlung für das Footballteam vor dem Ehemaligentag. Heute war »Gesunde Lebensführung« das Motto. Mir war es ein Rätsel, worum es dabei gehen oder warum sie so wichtig sein sollte, dass mein Chemiekurs dafür unterbrochen wurde.
Wir gingen nach Jahrgangsstufen geordnet in die Turnhalle der Schule, so dass Jill und ich in verschiedenen Bereichen der Tribüne saßen. Ich verrenkte mir den Hals, um sie zu finden, und entdeckte sie schließlich weiter vorn mit Angeline und mehreren Freunden, die sie über Micah kennengelernt hatte. Sie hatten sie sofort herzlich bei sich aufgenommen, was angesichts ihres netten Wesens kaum eine Überraschung war. Selbst Laurel, ein Mädchen, das Jill einst gequält hatte, bedachte sie jetzt mit einem freundlichen Blick. Angeline sagte etwas, das Jill zum Lachen brachte, und insgesamt gesehen schien ihre Stimmung tatsächlich besser zu sein. Sehr viel besser sogar, in Anbetracht dessen, wie viel sie kicherte. Meine Laune hob sich auch. Vielleicht hatte sich Adrian ja wieder erholt.
»Kann mir jemand sagen, worum es hier überhaupt geht?«, fragte ich. Neben mir saßen auf einer Seite Eddie und Micah, auf der anderen Trey.
»Weiß ich auch nicht ganz genau. Veranstalter ist so ein Verein, der in die Schulen geht und Vorträge über Drogen und Safer Sex und so was hält«, erklärte Micah. Er war ziemlich aktiv in der Schülermitverwaltung, daher überraschte es mich nicht, dass er wenigstens ungefähr wusste, was heute auf dem Plan stand.
»Irgendwie große Themen«, meinte ich. »Die Versammlung soll doch bloß eine Stunde dauern, oder? In so kurzer Zeit können sie das alles unmöglich behandeln.«
»Es soll wohl nur ein rascher Überblick sein«, sagte Trey. »Sie wollen kein Seminar abhalten oder so.«
»Na ja«, erklärte ich. »Sollten sie aber.«
»Haben wir etwas verpasst?« Julia und Kristin drängelten sich durch und quetschten sich zwischen Trey und mich. Anscheinend hatte Trey nichts dagegen.
»Wir erklären Sydney gerade, was das alles soll«, berichtete Trey.
»Ich hab gedacht, der Sinn des Ganzen besteht darin, uns
Weitere Kostenlose Bücher