Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
hatte sich in meine Nähe gesetzt, was mir zunächst Unbehagen bereitete, dann jedoch später einen Grund lieferte, ihn auszuquetschen. Da die anderen ins Gespräch vertieft waren, fragte ich ihn leise: »Hast du jemals davon gehört, dass mörderische Alchemisten-Tätowierungen breite Bevölkerungsschichten erreicht haben?«
Er warf mir einen verblüfften Blick zu. »Ich weiß nicht mal, was das bedeutet.«
»An der Amberwood gibt’s da diesen Trend. Offenbar gibt es in der Stadt einen Laden, der Metall-Tätowierungen mit besonderen Eigenschaften anbietet – ähnlich wie unsere. Durch manche wird man schlicht und einfach so was wie high. Andere haben die gleiche Wirkung wie Steroide.«
Er runzelte die Stirn. »Sie sind doch nicht mit Gold verbunden, oder?«
»Nein. Mit Silber und Kupfer. Also werden sie nicht von Dauer sein. Wahrscheinlich, damit die Hersteller mehr Geld damit machen können.«
»Aber dann können es nicht unsere sein«, argumentierte er. »Wir benutzen diese Metalle schon seit Jahrhunderten nicht mehr für Tätowierungen.«
»Ja, aber irgendwer verwendet für diese Tätowierungen Technologie der Alchemisten.«
»Nur damit Leute high werden?«, fragte er. »Ich wüsste nicht einmal, wie man das selbst mit metallischen Zutaten zustande bringen könnte.«
»Ich habe da ein paar Ideen«, sagte ich.
»Lass mich raten. Es sind narkotisierende Mixturen.« Als ich nickte, seufzte er und sah mich an, als sei ich eine Zehnjährige. »Sydney, höchstwahrscheinlich hat jemand eine primitive Tätowier-Methode entdeckt, die unserer zwar ähnelt, mit ihr aber nicht in Verbindung steht. In diesem Fall können wir nichts dagegen unternehmen. Drogen gibt es halt. Schlimme Dinge geschehen. Wenn es nichts mit Alchemisten zu tun hat, ist es nicht unsere Sache.«
»Aber was, wenn es doch mit Alchemisten-Angelegenheiten zusammenhängt?«, hakte ich nach.
Er stöhnte. »Siehst du? Das ist der Grund, warum ich mir Sorgen gemacht habe, als ich hörte, dass du mitkommen würdest – deine Neigung, vom Thema abzuschweifen und wilde Theorien zu entwickeln.«
»Ich entwickle … «
»Bitte, bring mich nicht in Verlegenheit«, zischte er und warf einen Blick auf die anderen. »Weder bei ihnen, noch bei unseren Vorgesetzten.«
Sein Tadel brachte mich zum Schweigen, zum größten Teil, weil ich so überrascht war. Was meinte er denn mit dieser Neigung , die ich offenbar hatte? Deutete er damit tatsächlich an, dass er mich vor Jahren einer Tiefenanalyse unterzogen hatte? Die Vorstellung, dass ich ihn in Verlegenheit bringen würde, war absurd … und doch säten seine Worte Zweifel in mir. Vielleicht waren die Tätowierungen an der Amberwood lediglich irgendeine Modeerscheinung, die gar nichts mit uns Alchemisten zu tun hatte.
»Was macht der Sportunterricht?« Adrians Worte rissen mich aus meinen Gedanken. Jill berichtete ihm noch immer von ihren beiden ersten Schultagen. Bei seiner Frage verzog sie das Gesicht.
»Nicht so toll«, gab sie zu und berichtete von einigen der schlimmeren Momente. Eddie warf mir einen vielsagenden Blick zu, ähnlich dem, mit dem er mich schon früher am Tag angesehen hatte.
»Du kannst so nicht weitermachen«, rief Lee. »Die Sonne hier ist brutal.«
»Da geb ich Ihnen recht«, sagte ausgerechnet Keith. »Sydney, warum hast du mir nicht erzählt, wie schlimm es war?«
Ich glaube, mein Unterkiefer schlug auf dem Boden auf. »Aber das habe ich doch! Deswegen hatte ich dich schließlich gebeten, dich mit der Schule in Verbindung zu setzen.«
»Du hast mir nicht die ganze Geschichte erzählt.« Er warf Jill sein zuckersüßes Lächeln zu. »Mach dir keine Sorgen. Ich werde das für dich erledigen. Ich werde mich mit der Schulverwaltung in Verbindung setzen – und mit den Alchemisten.«
»Ich habe bereits mit ihnen gesprochen«, erklärte ich.
Aber ich hätte geradeso gut gar nichts sagen können. Keith hatte bereits das Thema gewechselt und sprach nun mit Clarence über irgendetwas Belangloses. Woher war diese Kehrtwende gekommen? Gestern hatte Jills Unbehagen nur eine geringe Priorität gehabt. Heute war Keith ihr Ritter in glänzender Rüstung. Und er hatte es so hingestellt, als sei ich diejenige, die die Sache vermasselt hatte. Das ist sein Plan, begriff ich. Er will mich von hier weghaben. Er wollte mich nie hierhaben. Und dann kam mir ein noch schlimmerer Gedanke.
Er wird diese Sache benutzen, um eine Klage gegen mich aufzubauen.
Auf der anderen Seite des Raums fing Adrian
Weitere Kostenlose Bücher