Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
lassen, wie man einen Boxhieb anbringt, Sage. Es könnte mal nützlich sein. Scheint mir eine Fähigkeit zu sein, die eine forsche junge Frau wie Sie besitzen sollte.«
»Na wunderbar. Danke für das erwiesene Vertrauen, aber ich wüsste wirklich nicht, wann ich so was brauchen könnte«, gab ich zurück.
»Natürlich muss sie es lernen!«
Clarence’ Ausruf überraschte uns alle. Tatsächlich hatte ich geglaubt, er wäre eingenickt, weil er vor einigen Sekunden die Augen geschlossen hatte. Aber jetzt beugte er sich eifrig vor. Ich wand mich unter der Intensität seines Blickes.
»Sie müssen lernen, sich zu schützen!« Er zeigte erst auf mich, dann auf Jill. » Und du auch. Versprich mir, dass du lernen wirst, dich zu verteidigen. Versprich es mir.«
Jills hellgrüne Augen weiteten sich vor Schreck. Sie mühte sich, ihm ein beruhigendes Lächeln zu schenken, obwohl sich Unbehagen in dieses Lächeln mengte.
»Natürlich, Mr Donahue. Ich versuche es. Und bis dahin habe ich Eddie, der mich vor Strigoi beschützt.«
»Nicht vor Strigoi!« Seine Stimme verklang zu einem Flüstern. »Vor den Vampirjägern.« Keiner von uns sagte jetzt etwas. Lee blickte gequält drein.
Clarence umklammerte sein Weinglas so fest, dass ich mir schon Sorgen machte, es werde zerbrechen. »Niemand hat damals darüber geredet, dass wir uns selbst verteidigen könnten. Vielleicht wäre Tamara nicht getötet worden, wenn sie etwas in dieser Richtung gelernt hätte. Für euch ist es noch nicht zu spät – für keinen von euch.«
»Dad, wir haben doch schon darüber gesprochen«, sagte Lee. Clarence ignorierte ihn. Der Blick des alten Mannes flackerte zwischen mir und Jill hin und her, und ich fragte mich, ob er überhaupt wusste, dass ich ein Mensch war. Vielleicht spielte es auch keine Rolle. Vielleicht hatte er nur einen leicht irren Beschützerinstinkt für alle Mädchen, die im gleichen Alter waren wie Tamara. Irgendwie erwartete ich eine taktlose Bemerkung von Keith, der darauf hinweisen würde, dass es so etwas wie Vampirjäger überhaupt nicht gab, aber ganz gegen seine sonstige Gewohnheit blieb er still. Eddie war derjenige, der schließlich das Wort ergriff, und er klang besänftigend und freundlich. Sooft vermittelte er den Eindruck eines knallharten Kämpfers, dass mich die Erkenntnis überraschte, welch ein mitfühlendes Wesen er tatsächlich war.
»Keine Sorge«, sagte Eddie also. »Ich werde ihnen helfen. Ich werde sie beschützen und dafür sorgen, dass ihnen nichts Schlimmes zustößt. In Ordnung?«
Clarence wirkte immer noch erregt, konzentrierte sich jedoch hoffnungsvoll auf Eddie. »Sie versprechen das? Sie werden ihnen also nicht erlauben, Tamara noch einmal zu töten?«
»Ich verspreche es«, beteuerte Eddie und ließ sich in keiner Weise anmerken, wie seltsam diese Bitte war.
Clarence musterte Eddie einige Sekunden lang, dann nickte er. »Sie sind ein guter Junge.« Er griff nach der Weinflasche und füllte sein Glas wieder auf. »Noch etwas?«, fragte er Adrian, als sei nichts geschehen.
»Ja, bitte«, antwortete Adrian und hielt ihm sein Glas hin.
Wir setzten das Gespräch fort, als habe es diese Unterbrechung überhaupt nicht gegeben, aber der Schatten von Clarence’ Worten hing noch immer über mir.
KAPITEL 12
A ls wir zu unserem Gruppendate oder Familienausflug – oder was auch immer es war – aufbrachen, musste sich Lee unaufhörlich für seinen Vater entschuldigen.
»Tut mir leid«, sagte er, während er sich unglücklich auf Lattes Rücksitz fallen ließ. »Er lässt nicht mehr vernünftig mit sich reden. Wir haben versucht, ihm zu erklären, dass Tamara von Strigoi getötet wurde, aber er will es einfach nicht glauben. Er will es nicht. An einem Strigoi kann er sich nicht rächen. Sie sind unsterblich. Unbesiegbar. Aber ein menschlicher Vampirjäger? Irgendwie ist das in seiner Vorstellung etwas, womit er es aufnehmen kann. Und wenn nicht, dann ist er imstande, seine Energie darauf zu konzentrieren, dass die Wächter diese nicht-existenten Vampirjäger einfach nicht zur Strecke bringen wollen.«
Ich hörte gerade noch, wie Eddie murmelte: »Strigoi sind nicht so unbesiegbar.«
Im Rückspiegel sah ich Jills mitfühlendes Gesicht. Sie saß zwischen Eddie und Lee. »Selbst wenn es eine Fantasie sein sollte, ist es so vielleicht besser«, meinte sie. »Es tröstet ihn. Also, irgendwie jedenfalls. Es gibt ihm etwas Greifbares, das er hassen kann. Andernfalls würde er sich einfach der Verzweiflung
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