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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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Blutmänner, die Dante beschrieben hatte. Die Gewalttätigen, die Gefährlichen. Gefangen in einem See aus Feuer und Blut, in dem ihre Schreie von den Wänden widerhallten und ihre Seelen gefoltert wurden. Waren sie es, von denen sein alter Herr sprach? »Was Sie sagen, bedeutet lediglich, dass sich mein Vater in einem frühen bis mittleren Stadium von Alzheimer befinden könnte oder auch nicht …«
    Sobel schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hand. »Wenn das Gerede über diesen Bloodman nur eine irreführende Bezeichnung für etwas – oder jemanden – ist, vor dem er Angst hat, dann wäre es möglich, dass er sein Leben einfach zu strikt in Segmente aufgeteilt hat, damit er sich nicht dem stellen muss, was ihn ängstigt. Und er hat Angst, Jake. Der Mensch, der in ihm wohnt, versteckt sich vor etwas.«
    Â»Das macht er schon seit dem Tod meiner Mutter.« Gehäutet , zischte die kleine Stimme.
    Â»Das war im Sommer ’ 78 , richtig?«
    Jake nickte. »Am sechsten Juni.«
    Sobel machte sich eine weitere Notiz. »Herrgott, wie die Zeit vergeht. Es tut mir leid wegen Ihrer Mutter, Jake. Sie hatte nicht nur eine fabelhafte Rückhand, sie war auch sonst eine wunderbare Gesellschafterin. So elegant. Jede Frau im Klub war eifersüchtig auf sie.«
    Â»Ich erinnere mich noch daran. Mit ihr zusammenzuleben war so ähnlich wie mit Jackie Kennedy. Bei ihr wirkte sogar ein Eiersalatsandwich mit einer Cola raffiniert.«
    Â»Könnte die Sache mit Ihrer Mutter zu tun haben? Der … Fall wurde nie aufgeklärt, nicht wahr?«
    Jake schüttelte den Kopf.
    Â»Dann wäre es also möglich?«
    Jake schüttelte erneut den Kopf und zuckte gleichzeitig die Achseln. »Ich weiß nicht. Vielleicht. Ja. Nein. Alles zusammen. Ich komme noch dahinter.«
    Â»Wenn alles irgendwie zusammenhängt, dann hat Ihr Vater vielleicht Angst vor etwas aus seiner Vergangenheit. Vielleicht erlebt er den Tod Ihrer Mutter ein zweites Mal. Schlimme Erinnerungen, die zurückkehren.«
    Â»Das glaube ich nicht. Nach dem Tod meiner Mutter sprach mein Vater nie ein Wort darüber. Zeigte nie eine Reaktion.« Lügner . Er hockte jede Nacht mit einer Flasche Schnaps vor ihrem Wagen und weinte sich in den Schlaf.
    Â»Das Gedächtnis ist ein seltsamer Ort, Jake. Es funktioniert nach anderen Regeln als der Rest unseres Verstands. Vielleicht wird er von Gespenstern gehetzt, von denen Sie nichts wissen.«
    Jake dachte an das leere, blutige Gesicht, das sein Vater an die Wand des Krankenzimmers gepinselt hatte. Sobel musste mindestens zum Teil recht haben. »Vielleicht befand er sich in einem echten Konflikt«, fügte der Psychiater hinzu. »Vielleicht war sein Unfall gar kein Unfall.«
    Â»Wollen Sie damit sagen, dass er sich die Hände mit Absicht verbrannt hat?«
    Sobel wiegte den Kopf hin und her, aber das lockerte seine Gesichtszüge nicht. » Absicht ist ein starkes Wort. Manchmal tun wir Dinge aus Gründen, die uns nicht bewusst sind. Vielleicht wollte Ihr Vater das Haus verlassen. Vielleicht wusste ein Teil von ihm aus genau den Gründen, die Sie aufgeführt haben, dass es dort nicht mehr sicher für ihn war – er öffnete den Kühlschrank und sah die Grassode und die Schlüssel und konnte nicht verstehen, wie sie da hingekommen waren. Der rationale Teil seines Gehirns begriff, dass diese Umgebung nicht gut für ihn war. Vielleicht ereignete sich der Unfall, damit er dort wegkam. Und vielleicht ist der Bloodman nur seine Art, dieses Gefühl der Unsicherheit zu verpacken. Ich bin sicher, dass Ihr Vater große Angst vor irgendetwas hat. Und das bezeichnet er als Bloodman.«
    Die Vorzimmerdame klemmte mit ans Ohr gepresstem Telefonhörer in ihrem Stuhl und runzelte die Stirn über dem Terminkalender, während sie mit Rotstift Verabredungen durchstrich. »Ja, das ist richtig, Mr O’Shaunnesy, wir müssen es wegen des Sturms verschieben. Ich weiß noch nicht, wann wir wieder hier sein werden, aber Sie stehen ganz oben auf der Liste. Selbstverständlich. Natürlich. Mindestens vier Tage …«
    Jake nickte ihr im Vorübergehen ein Dankeschön zu.
    Das kleine Mädchen saß immer noch im Lotussitz neben dem Couchtisch, und mittlerweile war die einen Meter fünfzig mal einen halben Meter messende Oberfläche mit einem dichten Mosaik aus Bonbons gepflastert. Von seiner Position aus

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