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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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ließ sich in einen Stuhl sinken, der aus einem Versandkatalog stammen musste, und hielt Ausschau nach verräterischen Kleinigkeiten, die er zu seinem Vorteil nutzen konnte. Aber das Gesicht des Psychiaters war eine ausdruckslose, fleischige Fassade, und Jake erkannte darin die klinische Schulung eines Mannes, der ihn nach verräterischen Kleinigkeiten musterte. Jake legte die Hände auf die Armlehnen, schlug einen gestiefelten Fuß über und wartete. Nachdem Sobel mit seiner visuellen Sektion fertig war, holte er tief Luft und breitete die Hände aus, als wollte er Jake eine Haustierversicherung aufschwatzen.
    Â»Ich weiß, wie schwer es ist.« Sobel gelang es recht gut, aufrichtig zu klingen.
    Â»Sparen Sie sich die Mühe – ich bin nicht hier, um mich analysieren zu lassen.«
    Sobel schien ein paar Sekunden zu brauchen, um das zu überdenken.
    Â»Was ist los mit meinem Vater? Wie nehme ich seine Rechte am besten wahr, jetzt, in unmittelbarer Zukunft und auf lange Sicht?«
    Sobel schlug einen großen Aktenordner auf, und Jake erkannte die farbcodierten Seiten und Notizen, die er am Tag zuvor schon auf dem metallenen Klemmbrett der Schwester gesehen hatte. »Für einen Mann von achtzig Jahren sind Kreislauf und Vitalfunktionen ihres Vaters in spektakulär gutem Zustand. Er hat offensichtlich sehr auf sich aufgepasst.«
    Jake schnaubte. »Nicht, dass ich wüsste.«
    Sobel zog, als er Widerspruch vernahm, die Mundwinkel nach unten.
    Wie konnte man es ausdrücken, ohne wie ein komplettes Arschloch zu klingen? Es ging nicht. »Mein Vater war Alkoholiker, seit er zum ersten Mal den Arm mit einer Flasche heben konnte. Er hat jeden Dreck gegessen. Nie Sport getrieben. Er hat sich selber fertiggemacht. Manchmal blieb er eine ganze Woche lang wach, ernährte sich nur von Schnaps und Wut. Nein, ich glaube nicht, dass Ihre Tests da ein vollständig richtiges Bild gezeichnet haben.«
    Sobel kritzelte eine Notiz auf die oberste Seite. »Wie sah sein Alltag aus?«
    Jake spürte die verschwendete Zeit wie einen kalten Blitz in seinem Kopf. »Dr. Sobel, ich dachte, Sie hätten ein Gutachten über meinen Vater erstellt. Sie sollten diese Dinge wissen. Wenn Sie nicht einmal wissen, wer er einmal war , wie wollen Sie dann einen Vergleich zu dem Ich ziehen, das er ist?«
    Sobel stellte sein Dauernicken ein und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich versuche auch, einen Eindruck von Ihnen zu bekommen, und davon, was Sie für ihn zu tun bereit sind, Mr Cole. Hier geht es nicht ausschließlich um Ihren Vater. Ich muss wissen, welche Last Sie bereit sind zu tragen. Wie viel Sie tragen können . Ihr Bild von Ihrem Vater vermittelt mir auch Erkenntnisse über Sie.«
    Â»Sie machen Witze.«
    Sobel schüttelte den Kopf.
    Jake griff unter seine Jacke und zog eine schwarze Lederbrieftasche heraus. Er klappte sie bei seiner Dienstmarke und der Identitätskarte auf, beugte sich vor und ließ sie über den Tisch zu dem Psychiater gleiten. »Dr. Sobel, ich stehe für eine Analyse nicht zur Verfügung. Ich bin nicht daran interessiert. In meinem Schädel sind mehr düstere Geheimnisse weggeschlossen, als Sie jemals erfahren werden. Aber da Sie schon fragen, werde ich Ihnen einen kleinen Einblick in diese klassische freudsche Situation vermitteln. Mein Vater und ich haben seit beinahe dreißig Jahren kein Wort miteinander gewechselt. Ich mag den Mann nicht, und wenn Sie es genau wissen wollen, habe ich ihn sogar lange Zeit gehasst. Keine große Überraschung. Der gute alte Sigmund hat das Thema in seiner selbstgerechten, einundzwanzigsten Vorlesung der ›Einführung in die Psychoanalyse‹abgehandelt. Ich bin sicher, Sie kennen sie, auch wenn es Pferdekacke ist.
    Selbst wenn ich die Art, wie er mich großgezogen hat – oder nicht großgezogen hat –, völlig aberwitzig finde, seine Arbeit ist ein ganz anderes Thema. Ich glaube nicht, dass es finanzielle Probleme gibt, aber ich habe noch nicht mit seinem Anwalt gesprochen. Im schlimmsten Fall verkaufe ich das Haus, das sollte für die nächsten zehn Jahre reichen. Was ich von Ihnen wissen will, ist, wo er diese zehn Jahre am besten verbringen kann.«
    Sobel schloss Jakes Brieftasche und ließ sie über den Schreibtisch zurückschlittern. »Wie sehr wollen Sie sich engagieren?«
    Â»Ich glaube, damit greifen wir ein wenig vor, aber die kurze

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