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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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der anderen.
    Der Ozean strudelte über den Sand, und die angespülten, ineinander verschlungenen Massen von Seegras sahen aus wie angeschwemmte Wasserleichen. Die kleineren Bündel – Jeremy. Die größeren – Kay. Manche bewegten sich im Wind. Andere wurden von den Wellen herumgeschoben. Er rannte zu einem hin und zerrte ihn mit den Händen auseinander. Kalt, nass, leblos. Dann noch einen. Immer noch Hoffnung. Wieder nichts.
    Sie waren fort, er konnte es fühlen.
    Wissen. War. Das. Schlimmste.
    Wo?
    Gehäutet , säuselte die kleine hässliche Stimme wieder und zog den Umlaut in die Länge. Jake brüllte sie an, zum Teufel noch mal die Schnauze zu halten!
    Nein. Nein. Nein nein nein nein nein.
    Er stand in der Brandung, während Regen, Sand und Sprühwasser seine Haut wie Nadelstiche trafen. Er starrte hinauf zum Haus, dessen Fenster zornig funkelten wie die Augen eines wütenden Trinkers. Große weiße Flächen in der dunklen, modernen Architektur.
    Drinnen bewegte sich etwas.
    Bewegung.
    Bewegung bedeutete Leben.
    Jeremy?
    Kay?
    Aber selbst durch den Vorhang des Regens konnte Jake erkennen, dass es ein Mann war. Jemand anderes. Er.
    Wer, er?
    ER .
    Jake sprang die Treppe hinauf und rannte über die Terrasse zur Verandatür. Er riss sie auf, und sie klapperte gegen den Rahmen, rüttelte in den böigen Windstößen. Ein Mann stand in der Mitte des Wohnzimmers. Wollte sich gerade umwenden.
    Jake hob die Pistole. Spannte den Hahn. Sprang hinein, mit einer wütenden Mischung aus Entsetzen und Blutdurst, die ihm den Verstand vernebelte.
    Der Mann drehte ihm das Gesicht zu.
    Jake senkte die Pistole.
    Und starrte in die Augen seines Vaters.

50
    Hauser kam mit verkniffenem Mund die Treppe herunter. Er ging quer über die sich überlappenden Perserteppiche zu Jake und schüttelte den Kopf. Ein weiterer Cop – derjenige, den Jake auf der Straße ausgeknockt hatte – stand in der Küche herum, während sich seine gebrochene Nase rasch von Pink in Richtung Lila verfärbte. Schon bald würden sich schwarze Sicheln unter den Augen bilden. Blut klebte an seiner Oberlippe wie ein schauriger Chaplin-Schnurrbart. Wie sich herausgestellt hatte, lautete sein Name Whittaker. Er würde wahrscheinlich Anzeige erstatten, aber in seiner derzeitigen Verfassung war Jake das herzlich gleichgültig.
    Er lehnte mit dem Rücken am Piano, die Arme vor der Brust verschränkt, und trug lediglich ein Paar Levis. Der Lauf des großen Edelstahlrevolvers ragte aus den Schlingen seiner verschränkten Arme heraus wie der Kopf einer stählernen Schlange. Ein anderer Mann stand auf der Terrasse, jenseits des Pools, eingerahmt vom schwarzen Ozean. Er trug einen Regenmantel und hielt dem Meer den Rücken zugekehrt. Jedes Mal, wenn er eine Lunge voll Rauch einsog, warf die Glut ein unheimliches, orangefarbenes Licht auf sein Gesicht. Er machte keinerlei Bewegung, und wenn seine Zigarette nicht wie ein Halloween-Kürbis immer wieder aufgeleuchtet wäre, würde ihn niemand bemerkt haben.
    Hauser trat langsam auf Jake zu und streckte die Hand aus. Zum ersten Mal sah er das Ausmaß von Jakes Tätowierungen, jene endlose Zeile von schwarzem Text, die seinen Körper vom Hals abwärts einhüllte und die Konturen seiner Muskulatur hervorhob. Er legte ihm die Hand auf die Schulter und spürte, wie die kalte, klamme Haut unter der Berührung zusammenzuckte.
    Hauser schrie fast – nicht aus Zorn, sondern weil es nicht anders ging. Der Sturm hatte sich vor einer Weile eine Stimme zugelegt, und das anhaltende Sausen und Heulen des Windes deckte die Welt mit weißem Rauschen zu. »Wir können nicht das Geringste finden, Jake. Es gibt keine Anzeichen eines Kampfes. Kein gewaltsames Eindringen. Keine Fußspuren oder Reifenabdrücke oder sonstiges physisches Beweismaterial. Es ist, als hätten sie sich …«
    Â»In Luft aufgelöst«, beendete Jake den Satz. Seine Augen waren schwarze Murmeln, die reglos in den Höhlen lagen.
    Jake hatte das Haus dreimal durchkämmt, während Frank – der Zwillingsbruder seines Vaters – Hauser anrief. Er hatte alle Schranktüren geöffnet und dabei drei aus den Angeln gerissen. Er stürzte die Betten um, wühlte sich durch Kleiderstapel und leerte Kommoden. Er kippte das Sofa auf die Seite und riss den Duschvorhang im Bad herunter, dass die tränenförmigen Ringe nur so

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