Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
Vom Netzwerk:
kletterte er selbst an Bord. Während sich Mia und Frank um den kleinen Überlebenden kümmerten, suchte Jacob nach der Flasche Jim Beam unter dem Steuerruder. Er ließ sich ins Cockpit fallen, zog den Korken aus der Flasche und trank einen großen Schluck, die Faust immer noch um sein altes Armeemesser geballt.
    Mia hatte den Jungen auf die Seite gelegt und drückte rhythmisch auf seinen Brustkorb, um ihm das Wasser aus der Lunge zu pumpen. Er hustete, würgte, erbrach einen Strahl Flüssigkeit und begann dann zu weinen. Sie hob ihn hoch, wickelte ihn in ein Handtuch und drückte ihn an sich.
    Frank wandte sich zu seinem Bruder. »Was ist auf dem Boot passiert, Jacob?« Jacob trank noch einen Schluck Whiskey. »Etwas Böses.« Er drehte sich zu der Stelle um, wo sich vor ein paar Minuten noch die andere Jacht an die Wasseroberfläche geklammert hatte. Ein großes Trümmerfeld trieb auf dem Meer und dümpelte träge in der sanften Dünung. »Etwas sehr Böses.«

56
    Ein Blitzstrahl krachte einem gezackten Kristall gleich in einen Telefonmasten, und er zersplitterte wie von einer Mörsergranate getroffen. Zwischen Ozean und Highway hätten 100 Meter Strand liegen müssen, doch der Sturm war an den Highway herangekrochen und türmte große, mächtige Wogen auf, die auf die Straße klatschten. Wenn sie den niedrigen Damm trafen, auf dem die Straße verlief, schoss eine fünfzehn Meter hohe Wasserwand in die Luft, krachte wieder herunter und spülte als ein meterhoher Schwall über den Asphalt. Jake begriff nicht, wie die Straße dem Ansturm standhalten konnte. Oder wie Franks Hummer es hindurchschaffte.
    Eine weitere Welle krachte in das große Dieselmonster, und es ruckte schwerfällig zur Seite wie ein Dinosaurier. Frank trat das Gaspedal durch, und plötzlich griffen die Reifen wieder und rissen das Fahrzeug vorwärts. Der Hummer war zwar für widrige Wetterbedingungen gebaut, aber er war kein U-Boot. Franks Knöchel traten weiß hervor.
    Jake versuchte, die Geschichte zu begreifen, die ihm sein Onkel gerade erzählt hatte. Sie in einen Kontext zu bringen, in einen Zusammenhang. Aber im Moment tobten ihm zu viele Gedanken im Kopf herum.
    Â»Jakey?«, gellte Frank durch den Lärm.
    Jake drehte sich ein wenig im Sitz herum. Er riss die Augen von der unheimlichen Spiegelung in der Windschutzscheibe los. »Ja.«
    Franks Lippen spannten sich wie schmale Striche um seine Zigarette, und er löste seinen Blick keine Sekunde lang von der Unterwasserwelt, die unter der Motorhaube des Hummer verschwand. Die Reifen wirbelten dicke Wasserstrahlen gegen das gepanzerte Fahrwerk, und es klang wie die römische Kavallerie. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Jakes Schultern durchlief ein leichtes Achselzucken. Nach allem, was seiner Mutter und Madame und Klein X, Schwester Rachael Macready und David Finch zugestoßen war, brachte ihn diese Geschichte auch nicht mehr aus der Fassung. Natürlich durfte er in dem Zusammenhang nicht an Kay und Jeremy denken – dann hätte er gleich das Atmen einstellen können –, also entschloss er sich zu: »Absolut abstruse Geschichte.«

57
August 1977
Sumter Point
    Jacob hatte endlose Stunden im Atelier verbracht und mit dem Schweißgerät gearbeitet. Er trug seine übliche Uniform aus Jeans, einem T-Shirt und farbverkrusteten Leinenturnschuhen, die einmal weiß gewesen waren. Patti Smiths Horses drehte sich auf einer uralten Telefunken-Stereoanlage, die von der Müllhalde neben dem Highway stammte – dieselbe Stereoanlage und dasselbe Album, das sich Jake und Kay über dreißig Jahre später anhören würden.
    Er war jetzt bereits seit zwei Tagen auf den Beinen, aber um sechs Uhr früh hatte er eine Pause eingelegt und einen einstündigen Strandspaziergang unternommen, bevor er sich ein Frühstück aus ein paar hartgekochten Eiern und einem Stück Käse gönnte, die noch im Kühlschrank waren. Jetzt, vier Stunden später, befand er sich in einem anderen Tag, an einem anderen Ort, und das Werk war vollendet.
    Gegen zehn öffnete er die Flasche Whisky und goss sich gut zwei Fingerbreit in eine der vielen, farbbekleckerten Porzellan-Teetassen, die er bei Garagenverkäufen für seine Pinsel kaufte. Das Großartige an ihnen war, dass er sie einfach wegwerfen konnte. Natürlich brachte er manchmal die Flüssigkeiten in der Tasse

Weitere Kostenlose Bücher