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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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wie ein Anker gewirkt und verhindert, dass er von den Fluten weggeschwemmt wurde. Er war bewusstlos gewesen, und Hauser hatte ihn geohrfeigt, ihn angebrüllt, geschüttelt. Seine Augenlider hatten sich flatternd geöffnet, und der erste Atemzug war in seiner Lunge explodiert wie eine Atombombe. Er hatte sich aufgesetzt und Emily Mitchells Namen geschrien. Hauser war ins Haus gerannt. Hatte die Fliegentür glatt aus den Angeln gerissen. Fünfzehn Sekunden später kam er wieder herausgetaumelt und kotzte in den Sumpf, der einmal ein Garten gewesen war.
    Jake hatte sich aus dem Wasser gestemmt, und in seinem Gehirn dröhnte wie in einem Zeichentrickfilm eine springende Schraubenfeder, während er versuchte, die sich um ihn drehende Welt zum Stillstand zu bringen. Er kämpfte sich auf die Füße, schleppte sich über den Rasen und fiel die Treppenstufen hinauf wie ein Betrunkener, der es noch rechtzeitig zur Toilette schaffen will.
    Mutter und Tochter befanden sich im Wohnzimmer. Größtenteils.

68
    Jake schlurfte die von einer Notbeleuchtung schwach erhellte Treppe des Krankenhauses hinauf, als hätte er den Autopiloten eingeschaltet. Seine Füße trugen ihn automatisch von einem Lichtteich zum nächsten. Er war inzwischen völlig durchweicht, und das nasse Leder seiner Stiefel scheuerte an seinen Schienbeinen. Bei jedem Schritt matschte es zwischen seinen Zehen und erinnerte ihn daran, dass sich alles noch im Fluss befand. Er war am Ende seiner Kräfte, und das Einzige, was ihn noch auf den Beinen und sein Herz am Schlagen hielt, war die Möglichkeit, Kay und Jeremy doch noch retten zu können. Er fragte sich, ob ein letzter Funke Vernunft in diesem Gedanken lag oder nur blinde Hoffnung. Immerhin, es gab keine Leichen. Das war doch etwas. Denn was dieser Kerl gern zurückließ, war … Jake hinderte das Bild daran, an die Oberfläche zu dringen. So durfte er nicht denken – er weigerte sich einfach. Nicht, wenn es um seine Frau und seinen Sohn ging.
    Er öffnete die stählerne Feuerschutztür und trat in den Korridor.
    Durch den zweiten Stock des Krankenhauses von Southampton pulsierte die kollektive Stimme der Bettlägerigen, der Verängstigten, der Kranken. Die Beleuchtung war auf dreißig Prozent heruntergefahren worden, eine technische Entscheidung, um die Belastung des Notstromgenerators zu vermindern. Im düsteren Zwielicht sah der Linoleumboden des Korridors aus wie eine krebskranke Supermarktpizza, die man nicht einmal mit der uralten Frage nach Tier, Pflanze oder Mineral? identifizieren konnte. Alle transportfähigen Patienten waren bereits verlegt worden, und bei den Zurückgebliebenen handelte es sich hauptsächlich um Patienten der Palliativabteilung und Traumafälle von der Intensivstation. Untermalt wurde das Raunen der Patienten vom Rütteln der Fenster und dem Knarren der Blechvertäfelung draußen unter dem unnachgiebigen Ansturm des Windes.
    Frank versuchte gerade, auf der Schwesternstation ein Tylenol gegen die Kopfschmerzen zu erhalten, die er vom unablässigen Jammern des Sturms und der Patienten bekommen hatte.
    Jake ging zu ihm, wobei das düstere Licht seinen Schatten zu einer langen, spinnengleichen Animation verformte, die den Gang entlanghuschte.
    Es war dunkler als noch vor zwei Stunden, und die Geräusche, die aus den Zimmern drangen, hörten sich eher an wie tierische Grunzlaute aus einem mitternächtlichen Streichelzoo als nach menschlichen Wesen, die gesund werden sollten. In der Atmosphäre lag ein unverkennbarer Geschmack, und mit jedem Atemzug sog er den Gestank der Furcht ein.
    Die Tür zum Zimmer seines Vaters war als einzige geschlossen. Als er sie öffnete, sah er, dass Jacob Coleridge immer noch festgeschnallt war, und die Nylonriemen und glänzenden Chromschnallen funkelten wie ein Flackern des Wahnsinns in dem abgedunkelten Raum. Beim Klang seiner Schritte drehte sich der Kopf seines Vaters auf dem Kissen wie der einer mechanischen Puppe, die nicht mehr richtig funktioniert. Seine Haare scharrten über das Kissen, und seine Augen waren unergründliche Spiralen des Entsetzens. Das leise Aufdämmern eines Geräusches begann tief hinten in seiner Kehle, ein dunkler, blubbernder Laut.
    Aus dem Augenwinkel, ganz am Rand seines Gesichtsfelds, sah Jake den verspritzten Nachttisch, auf dem etwas Stumpfes und Totes lag, und daneben der helle Glanz von Stahl. Er änderte die

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