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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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Blickrichtung nicht, ließ die Augen nicht vom Gesicht des alten Mannes, obwohl jede Faser in ihm danach schrie, das Ding am Rand seines Blickfelds zu untersuchen.
    Jacob Coleridges Gesicht, im Zwielicht des Raums kaum auszumachen, war mit demselben blutigen Graffito beschmiert, das Jeremy am Morgen getragen hatte. Seine Augenhöhlen und Wangen waren mit rot-schwarzen Linien bestrichen, die die Umrisse seines Schädels unter dem Fleisch nachzeichneten. Das blutige Fingerbild der Zähne über seinem Mund öffnete sich wie ein Reißverschluss und formte sich zu einem schwarzen O, einer blicklosen Augenhöhle. Das leise Krächzen, das in seiner Kehle köchelte, wuchs zu einem durchdringenden Geheul an, wie der entfernte Ruf eines verletzten Tieres, und Blut blubberte heraus, lief an seinem Kinn herunter, spritzte auf seine Brust.
    Jake tat einen Schritt auf seinen Vater zu, und das klagende Heulen verstärkte sich zu einem gellenden Schrei der Panik, der das Wort Nein sein sollte, aber nur als langgezogener, gequälter Vokal herauskam. Ohne nachsehen zu müssen, wusste Jake, dass Jacob Coleridges Zunge auf dem Nachttisch lag und Streifen von Blut und Schleim auf der Oberfläche der Rasierklinge glänzten, die in dem widerlichen Zeug daneben schwamm.

69
    Nachdem sie seinen Vater in aller Eile zu einer Notoperation weggeschafft hatten, nahm Jake Frank am Arm und führte ihn ins düstere Treppenhaus.
    Â»Wo zum Teufel warst du?« Es war der Zorn, der aus ihm sprach.
    Frank hatte einen verstörten Gesichtsausdruck wie der Überlebende eines Flugzeugabsturzes. »Ich … ich war die ganze Zeit da, Jakey.« Der alte Mann biss sich auf die Unterlippe, und seine Zähne machten ein leises, scharrendes Geräusch auf den Bartstoppeln. »Ich bin nicht einmal raus, um eine zu rauchen.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hielt er eine Zigarette in die Höhe. Sie war verbogen, der Filter zerkaut. Dann verstummte er, und seine Gesichtsmuskeln flatterten. »Warte mal! Warte mal einen Moment!« Er deutete auf Jake. »Du denkst doch nicht etwa …«
    Jakes Augen waren tote, schwarze, an seinem Kopf festgenagelte Punkte. In den tiefen Schatten konnte man seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. Er dachte eine Sekunde lang über die Frage nach. »Nein, tue ich nicht.«
    Â»Was geht hier vor, Jakey?« Frank wippte auf den Fußballen vor und zurück.
    Jake schüttelte den Kopf. Es war eine Geste der Niederlage, der Endpunkt einer langen Reihe von Fehlern seinerseits. »Jemand will etwas vor mir geheim halten.« Er ging auf dem kleinen Treppenabsatz hin und her.
    Frank zündete endlich die Zigarette an, auf der er seit zwei Stunden herumgekaut hatte. Das Klicken des Feuerzeugs klang in dem engen Treppenhaus wie ein Revolverschuss, und die Flamme leuchtete heller als die trübe Glühbirne an der Decke. »Jakey, bevor du gekommen bist, habe ich dieses Zimmer höchstens einmal für fünf Minuten verlassen. Niemand ist hineingegangen.« Er sog die Lippen zwischen die Zähne und inhalierte tief. »Niemand, Jakey.« Die Augen des alten Mannes verengten sich, und seine Gesichtsmuskeln wurden starr. Jake bemerkte einen Anflug von Furcht und fragte sich, was Frank ihm vorenthielt.
    Jake tigerte auf dem Boden aus verschweißten Stahltafeln auf und ab. Donnerschläge erschütterten das Gebäude und übertönten das Klacken seiner Stiefel auf dem lackierten Metall. Er war wie ein Tier im Käfig, während Frank rauchte, die Glut in der hohlen Hand verborgen wie ein Schuljunge, der etwas Verbotenes tut. »Was hat das kleine Mädchen gemalt? Hast du es dir angesehen?«
    Jake blieb stehen und hob die Hand. »Sie hat das Konzept meines Vaters verwendet, aber ihr Bild hatte nichts mit dem zu tun, was er gemalt hat. Nur die Formen stimmten.«
    Frank ließ die Zigarette fallen und trat sie mit dem Stiefelabsatz aus.
    Â»Sie ist tot, Frank.«
    Frank zuckte zusammen. »Tot? Wer …« Dann verstand er. »Herrgott. Wie?«
    Jake nahm sich eine Zigarette aus Franks Tasche und zündete sie an. »Auf dieselbe Art, Frank. Die Mutter auch. Das ist die Methode dieses Burschen.«
    Frank stieß einen langen Seufzer aus und schien ein wenig zusammenzuschrumpfen. »Wo ist das Porträt?«
    Â»Am Grunde eines Mülleimers in Hausers Büro.« Jake merkte plötzlich, dass er sehr müde und sehr

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