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Bloodman

Bloodman

Titel: Bloodman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pobi
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Gewittersturm geworden.

13
    Hauser wuchtete sich durch die Türen und fraß den Linoleumboden mit effizienten, langen Schritten. Er kämpfte gegen die Übelkeit an, die sich in ihm ausbreitete, seit Dr. Reagan die Plastikfolie von dem kaum einen Meter langen Klumpen ausgebluteten Fleisches fortgezogen hatte, der einmal ein lebendes, atmendes Kind gewesen war. Hausers Hand krampfte sich immer noch um den gummierten Griff seiner Sig, und die Muskeln in seinem ausgeprägten Kiefer arbeiteten wie Schlangen unter der Haut. Zum ersten Mal, soweit er zurückdenken konnte, wünschte er sich, einen anderen Beruf ergriffen zu haben. Im Baugeschäft vielleicht. Er hatte immer gern Rigips verlegt – die Bezahlung war nicht übel, und man nahm die Arbeit nie mit nach Hause.
    Und es war verdammt noch mal besser, als sich abgehäutete Kinder anzusehen.
    Ein halbes Dutzend Reporter verstellte ihm mit gezückten Mikrophonen den Weg, und das gleißende Licht der Scheinwerfer legte sich warm auf seine Haut. Hauser blieb stehen, holte tief Luft und versuchte, entspannt auszusehen. »In exakt dreißig Minuten werde ich eine Pressemitteilung herausgeben.«
    Â»Ist die Autopsie bereits beendet?«
    Â»Gibt es schon Verdächtige?«
    Â»Können Sie uns ihre Namen sagen?«
    Hauser starrte auf die Kameras herab und sagte: »Geben Sie mir eine halbe Stunde, um einen Bericht zusammenzustellen. Ich verspreche Ihnen, es wird nur die erste Pressemitteilung von vielen sein. Bitte sorgen Sie unbedingt dafür, dass Sie Ihre Kontaktdaten – auch die Ihrer Produktionsfirma – am Empfangstisch hinterlegen. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.« Er wandte sich ab und stürmte in sein Büro. Er empfand Dankbarkeit gegenüber Jake, weil er ihn auf den richtigen Umgang mit den Medien vorbereitet hatte, und das irritierte ihn. Ohne Jakes Anleitung, das wusste Hauser, hätte er die Beziehung zu den Nachrichtenteams bereits so vermasselt, dass nichts mehr zu retten gewesen wäre. Doch er wollte Dankbarkeit nicht mit mögen durcheinanderbringen. Er wollte Jake nicht mögen. Nicht einmal ein kleines bisschen.
    Am Tisch seiner Sekretärin blieb der Sheriff stehen. »Ich muss eine Pressemitteilung zu dem Doppelmord zusammenstellen. Ich brauche fünfundzwanzig Minuten, um sie zu schreiben, dann können Sie sie für mich ausdrucken. Während ich daran arbeite, suchen Sie mir bitte alle Informationen heraus, die wir über die Coleridge-Familie haben. Ich glaube mich zu erinnern, dass Mrs Coleridge eine Art Unfall hatte. Ich benötige jedes kleinste Detail.«
    Jeannine gab zustimmende Geräusche von sich und sagte, das sei alles ›gar kein Problem‹, und in einem kurzen Aufflackern von Zorn hätte Hauser sie am liebsten hinunter ins Gerichtslabor geschleift, damit sie einen Blick auf das Kind werfen konnte, das man wie ein sich windendes, schreiendes Stück Obst geschält hatte. Er hätte gern gewusst, ob sich das gelangweilte Timbre ihrer Stimme auch dann noch hielt. Stattdessen stapfte er in sein Büro und trat die Tür hinter sich zu.
    Er ging zur Bar, nahm ein Glas heraus und nahm sich eine koffeinfreie Cola aus dem kleinen Edelstahlkühlschrank ein, den seine Frau ihm letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Als er die Dose ausgetrunken hatte, knackte er noch eine. Dann musste er rülpsen.
    Dr. Reagan hatte sich äußerst präzise ausgedrückt. Gehäutet war ein zu plumper Ausdruck für eine elegante Wissenschaft wie die forensische Pathologie, daher hatte sie sich für De-Epithelisierung entschieden. Wer benutzte denn solche Ausdrücke? Während er kalten Kaffee schlürfend über einem Kind stand, das – noch keinen Meter groß – all die fürchterlichen Verkehrsunfälle mit zahllosen Toten in den vergangenen Jahren wie Kleinkram aussehen ließ?
    Als Erstes hatte der Kerl den Sohn de-epithelisiert – das wussten sie, weil sich das Blut der Mutter überall auf dem Kind befand, das Blut des Kindes jedoch nicht auf der Mutter. Madame X war irgendwie fixiert worden, während man ihr Kind abhäutete. Das war wirklich oscarreif. Heißer Anwärter auf eine Auszeichnung für das Lebenswerk. Es war die traurigste Geschichte, in die Hauser je hineingeraten war. Wie zum Teufel formulierte man so etwas für die Arschlöcher von der Presse? Er war nicht der erste Sheriff, der sich plötzlich

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