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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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um das zu verraten, war der Praelector zu diskret. »Leider hat er als Schatzmeister unter schrecklichem Streß gestanden, was unsere Finanzen anging. Wie Sie vermutlich wissen, ist Porterhouse kein wohlhabendes College, und der arme Kerl fühlt sich für unsere Engpässe verantwortlich. Doch all das ist ausgestanden, und dank seiner phantastischen Bemühungen sind wir wieder flüssig.«
    »Aber woher stammen seine Zwangsvorstellungen über Schweine, Schildkröten und ...«
    »Ganz einfach«, behauptete der Praelector. »Auf unserem alljährlichen Gründungsfest speisen wir sehr gut und manchmal ein wenig zu exotisch. Vielleicht ist Ihnen nicht klar, was echte Schildkröten heutzutage kosten. Auch Haie sind keineswegs billig, und natürlich haben wir jedesmal einen wilden Eber. Für den Schatzmeister war das alles zuviel.« »Das überrascht mich gar nicht«, sagte der Arzt. »Eine schwerer verdauliche Speisenfolge könnte ich mir nicht vorstellen. Und es gibt wirklich auch Piranhas?« »Nur als Häppchen am Ende des Festmahls. Auf Toast mit einer Zitronenscheibe ergeben sie sehr delikate Verdauungshappen. Wenn Sie gern eine Einladung hätten für ...«
    Doch der Arzt entschuldigte sich, und weg war er. Der Praelector betrat das Zimmer des Schatzmeisters, der gerade ein Einwanderungsformular für Neuseeland studierte. »Sie tragen sich doch nicht ernsthaft mit dem Gedanken, uns zu verlassen?« fragte der Praelector. »Ausgerechnet zum Zeitpunkt Ihres größten Triumphs? Außerdem sagt man, es sei ein außerordentlich ödes Land.«
    »Darum will ich ja dorthin«, sagte der Schatzmeister. »Für mich kann die Gegend gar nicht öde genug sein.« »Aber mein lieber Schatzmeister, man kann auch im College ein ödes Dasein fristen. Zudem brauchen wir gerade jetzt Ihre Sachkenntnis, wo uns vierzig Millionen Pfund von Transworld ins Haus stehen.«
    »So nötig wie ein Loch im Kopf«, sagte der Schatzmeister verbittert. Die Antidepressiva, auf die man ihn gesetzt hatte, bremsten sein Denkvermögen. »Ich ... Sagten Sie vierzig Millionen Pfund?«
    Der Praelector nickte. »Allerdings. Als Gegenleistung für unser Versprechen, auf jede Publicity zu verzichten, hat Mr. Hartang den Schadensersatzbetrag großzügigerweise verdoppelt.
    Er hatte wohl gute Gründe, seinem Herzen, wie man so sagt,
    einen Stoß zu geben.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte der Schatzmeister. »Der hat kein Herz, sondern einen pochenden Tresor. Und selbst wenn er eins hätte, was ist dann mit diesem verfluchten Kudzuvine? Wenn der sich noch im Rektorenhaus aufhält, komme ich auf keinen Fall nach Porterhouse zurück.«
    Der Praelector lächelte ihm zu und tätschelte seine Schulter. »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß Mr. Kudzuvine nicht mehr unter uns weilt«, sagte er. »Er ist eingetaucht in ...« »Ins Bermudadreieck. Ich will’s nicht hören«, kreischte der Schatzmeister.
    »Eigentlich wollte ich sagen: in einen völlig anderen Beruf, wo er all seine Talente einsetzen kann und volle Befriedigung findet.«
    »Er ist also damit befaßt, irgendwas umzubringen«, stellte der Schatzmeister fest.
    Doch der Praelector ließ sich nichts entlocken. »Er ist befaßt mit einer Arbeit, die absolut nichts mit einem seiner früheren Aufgabengebiete zu tun hat«, sagte er. »Ihn werden Sie nie wieder sehen oder hören. Und nein, tot ist er nicht. Er ist sehr lebendig und, wie man mir zu verstehen gab, glücklich. Nun denn, draußen wartet ein Taxi ...«
    Das überzeugte den Schatzmeister endgültig. Mit den Collegefinanzen mußte etwas Unglaubliches passiert sein, daß der Praelector einen Wagen mit laufendem Taxameter so lange warten ließ. »Sie waren wirklich sehr gut zu mir«, sagte der Schatzmeister mit Nachdruck, als sie durch den Flur nach draußen gingen. »Ich weiß nicht, was ich ohne Sie angefangen hätte.«
    »Gewiß wären Sie ganz genauso gut zurechtgekommen«, sagte der Praelector, »aber für mich steht wirklich fest, daß das Leben in Neuseeland nicht nach Ihrem Geschmack wäre. Das viele Lamm.«
    Der Schatzmeister pflichtete ihm bei. Lamm war von seiner Speisekarte gestrichen.
    Für den Dekan waren die nun folgenden paar Tage so verteufelt schwer wie kaum eine Zeit zuvor. Er saß auf seinem Zimmer, bemüht, mit Skullions Drohung fertig zu werden. Alles, woran er geglaubt hatte, war durch dieses Geständnis ins Wanken geraten. Er sah sich mit einer widerwärtig brutalen Welt konfrontiert, in der die von ihm hochgeachteten traditionellen Werte

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