Bloody Mary.
aufgeschrieben haben, was Sie brauchen.«
Und dann gingen sie die Geschichte durch, wie Sir Godber die Häuser der Collegebediensteten in der Rhyder Street verkaufen wollte, Skullions Gefühl, verraten worden zu sein, als er gefeuert wurde, wie sie ihn nach seinem Mord an Sir Godber zum Rektor gemacht hatten und er im Beisein des Dekans und des Obertutors einen Porterhouse Blue bekam, die beiden aber nicht gemerkt hatten, was es war, und daß er vielleicht gestorben wäre, wenn Smutje nicht später am Abend vorbeigekommen wäre und einen Krankenwagen geholt hätte. Es folgten die Jahre im Rollstuhl, und wie er geistig rege geblieben war, indem er sich ins Gedächtnis zurückrief, wer in welchen Jahren welches Zimmer bewohnt hatte. »Ich hab dagesessen und über alles nachgedacht, und das kriegen Sie jetzt, damit es nicht vergessen oder beschönigt wird, denn schön war’s wirklich nicht.« Purefoys Interesse schwankte je nach den Themen. Skullions Einschätzung der leitenden Fellows fand er höchst faszinierend. »Der Dekan ist nicht mehr derselbe. Er hat keinen Schwung mehr, jetzt bleibt ihm nur noch seine Verschlagenheit, die hat er immer gehabt. Damit hat er seine fehlende Gelehrsamkeit kaschiert. Hat nie irgendwas veröffentlicht, der Dekan, sondern bloß das College geleitet, und das kann er jetzt nicht mehr. Der Obertutor ist aus anderem Holz. War immer ein ausgezeichneter Student und hatte was im Kopf. Vor langer Zeit hat er mal über Gezeiten oder Flüsse oder so was promoviert, aber das hat er aufgegeben und sich mit Leib und Seele dem Sport verschrieben. Porterhouse war schließlich nicht für akademische Leistungen berühmt, und er wollte dazugehören. Ich glaube nicht, daß er heute noch vernünftig denken kann. Das hat er verlernt, als er neben den Achtern her den Treidelpfad rauf und runter geradelt ist. Aber er gehörte dazu, obwohl der Dekan und er sich wie Hund und Katz bekämpft haben. Die haben sich gehaßt, und so ist das mit den meisten, wenn Sie mich fragen. Denken sich stundenlang Dinge aus, die sie einander an die Köpfe werfen. Der Kaplan ist taub, wenigstens tut er so. Er ist noch am ehesten Mensch geblieben. Er mag die Mädels, unser Kaplan, die Mädels bei Woolworth und Boots. Ich hab ihn oft gesehen, wie er um die Parfümtheke herumgeschnuppert hat, nur um sie sich anzusehen. Fotografiert hat er sie auch. Nicht ihren Körper, nur die Gesichter, wenn sie einverstanden waren. Er mag ein hübsches Gesicht, und wer kann’s ihm verdenken. Hat nie einem Menschen was zuleide getan, der Kaplan.« »Und was ist mit dem Praelector?« fragte Purefoy. »Ist er ein netter Mensch?«
»Nett? Der Praelector? Nein, das würd ich nicht sagen. Er ist ein seltsamer alter Knochen, der Praelector. Jahrelang war er ein richtiger Duckmäuser, und auf einmal zeigt er sich von einer Seite, die man nie erwartet hätte. Engländer, Sie verstehen schon. Hat seine Frau verloren, da war sie erst fünfundvierzig, daraufhin war er ein gebrochener Mann. Ist ins College gezogen und hat nie wieder eine andere Frau angesehen. Hat im Krieg irgendwas bei der Panzerabwehr gemacht, was man ihm aber wirklich nicht ansieht. Er war Militärhistoriker, hat Bücher über den Ersten Weltkrieg geschrieben und was für Trottel die Generäle waren. Davon kann ich ein Lied singen. Mein Vater ist am zweiten Tag an der Somme gefallen.«
An diesem Abend in ihrem Zimmer an der City Road fragte sich Mrs. Ndhlovo, wie sie wohl die Unmengen von Material ordnen wollten, mit denen Skullion sie versorgt hatte. »Das sind gewaltige Mengen, und die Hälfte ist Ballast.« »Sobald wir die Abschrift haben, werde ich es redigieren«, sagte Purefoy. »Ich werde nicht zuviel herausstreichen, aber recht hast du, er wiederholt sich. Das muß ein einzigartiger Bericht über das Collegeleben sein, und zwar von einer völlig neuen Warte aus.«
»Und was ist mit Lady Mary?«
»An die denke ich im Augenblick nicht, außerdem bekommt sie einen ausführlichen Bericht. Ob er ihr gefällt ist mir ziemlich egal. Ich erfülle meinen Auftrag.«
39
»Der Obertutor hat mir einen sehr seltsamen Brief geschickt«, sagte Goodenough eines Morgens beim Kaffee zu Mr. Lapline. Den überraschte das keineswegs. »Üble Geschichte. Man sollte meinen, ein Mann in D’Eaths Position wäre vernünftiger. Wenn er unbedingt in schwarzes Latex verpackte Frauen fesseln will, hätte er wenigstens eine gewisse Anonymität wahren können. So etwas macht auf die Öffentlichkeit
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