Blue
Weißt du, wer die Personen auf den Fotos innen sind ?“
„Das sind Andromeda und Leander. Meine Eltern.“ Blue wusste, dass sie Orion gerade nach der Manier eines Vorschlaghammers diese Neuigkeit auf den Tisch geknallt hatte. Aber für Taktgefühl hatte sie i m Moment keine Nerven.
Boss erbleichte und ließ sich gegen den Tisch sinken. Er starrte sie an. „Wie hast du es bekommen?“
Blue erzählte ihm alles. Von Andromedas Erscheinen, ihrer und Leander s Geschichte und von ihrer Geburt. „… und so bin ich Siria Leandra Sang u alunaris . Deine Nichte und leider auch die von Igor und Janus. Nur wissen die beiden Idioten nichts davon.“ Und wenn es nach ihr ging, sollte das auch so bleiben.
Boss war grünlich im Gesicht und seine Augen schwammen in Tränen. „Andromeda lebt … und du bist ihre Tochter …“ Tief in Gedanken wog er seinen Siegelring in der Hand. Niemand wagte , etwas zu sagen . Orion fand schließlich seine Stimme wieder. „ W er hätte mit diesen Neuigkeiten gerec h net . Meine Nichte … das muss ich erst sacken lassen. Ich möchte euch beide bitten, vorerst mit niemandem darüber zu sprechen.“
Gabriel nickte und Blue entgegnete: „Ich denke, wir haben derzeit andere Sorgen, als unsere neu entdeckte , nette Familie der großen Welt vorzuste l len.“
Boss nickte und sie beschlossen , sich nun in erster Linie auf Toms Rettung zu konzentrieren. Es war klar, dass sie Igors Forderung nicht nachkommen würde.
Die Diskussion zwischen Boss und Gabriel war endlos und letzten Endes hatten sie keine Lösung für ihr Problem gefunden. Unter dem Vorwand müde zu sein, hatte sich Blue schließlich verdrückt. Es gab nur einen Platz, wo sie in Ruhe nachdenken konnte.
Sie saß in der Schwüle der Masoala -Halle des Zürch er Zoos. Dieses R e genwaldhaus war das weltweit größte seiner Art und dem Masoala - Regenwald auf Madagaskar nachempfunden. Verschiedene Arten von Fa r nen, Orchideen, Wasserpflanzen, Palmen, Bambus und Lianen bilde te n die grüne Kulisse für die angesiedelte Fauna. Insekten summten im Blätterwerk und bunte Schmetterlinge flogen von Blüte zu Blüte. Exotische Vögel zwi t scherten in den Ästen und eine Vielzahl von Maki-Arten sprang von Ast zu Ast oder tummelte sich auf den Trägern der Halle unter dem transparenten Dach. Über ihr landete gerade ein Rodrigues-Flughund in einer Palme, ließ sich kopfüber hängen und schlang seine Membranflügel um d en schlanken Körper. Der Duft von feuchter Erde und Pflanzen drang tief in ihre Lunge ein. Sie streifte über die Pfade und hielt Ausschau nach Chamäleons, Inse k ten und hübschen Pflanzen.
Wie konnte sie Tom retten , s odass weder er noch jemand anderer zu S chaden kam ? Es durften keine Menschen in die Angelegenheit hinein gez o gen werden. Am besten war, wenn sie den Bahnhof , am Gleis 21 beginnend , durchsuchte. Es war unwahrscheinlich, dass Igor und Janus den verletzten Tom durch die Menschen menge geführt hatten. Sie wären aufgefallen.
Das Klingeln des Handys holte sie aus ihren Grübeleien . Ein Blick auf das Display sagte ihr, dass die Nummer unterdrückt war. Ihr Finger schwebte einen Augenblick über der Annahmetaste. Sie konnte nur hoffen, dass sie gute Neuigkeiten erwarteten. Noch mehr Mist würde sie nicht ertragen.
„Ja?“, meldete sie sich .
Ein kaltes Lachen war zu hören. „Hallo Schlampe.“
Janus Delcours ! „Was willst du, Arschloch?“
Janus lachte wieder. „Die Frage sollte lauten, was du von mir willst . Wenn du dein Spielzeug wiederhaben willst, komm um ein Uhr zum Letzigrund -Stadion. Natürlich allein. Du findest mich auf dem Grünen.“ Seine selbstg e fällige Stimme verursachte ihr Übelkeit. „Und wenn du ganz nett zu mir bist, bekommst du deinen Tom vielleicht voll funktionstüchtig zurück.“
Blue flog buchstäblich aus der Halle. Er konnte Gift darauf nehmen, dass sie ganz nett zu ihm sein würde. So nett, dass sie ihm seine Eier abreißen und sie ihm in den Rachen stopfen würde.
Beim Auto angekommen, tippte sie Boss’ Nummer ins Handy ein. Bevor es jedoch klingeln konnte, besann sie sich und legte wieder auf. Diese Sache musste sie allein erledigen. Blue warf einen kurzen Blick auf die Uhr im A r maturenbrett.
Zurück i n ihrer Wohnung begann sie peinlich genau mit den Vorbereitu n gen. Sie tausch te ihre Jeans gegen schwarze Stretch hosen, die sie nicht ei n engten. Dann streifte sie über das Shirt eine Leder weste und knöp f te sie zu . Als die Weste saß,
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