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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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vorbeigekommen.
Hauptthema darin war die Schießerei, mit der mich diese wunderschöne Stadt
empfangen hatte. Ich kaufte dem Jungen ein Exemplar ab.
    Der tote Gangster war ohne Schwierigkeiten
identifiziert worden. Sein Name wurde verschwiegen, da er aus „gutem Hause“
stammte und bisher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Ein neues
Mitglied der Bande von Chichi-Frégi, dem „Mittelmeer-Gangster“, dessen
tollkühne, bisher nicht aufgeklärte Straftaten junge Leute verdarben.
    Ich faselte einige handgestrickte Sätze über die
Gefahr, die von solchen Zeitungsberichten für die Jugend ausging. Doch
Pellegrini fiel mir ins Wort:
    „Spielen Sie bloß nicht den Moralisten, Monsieur
Burma! Ihnen ist die Jugend im allgemeinen und diese Geschichte im besonderen
doch genauso egal wie mir... Aber sagen Sie, irgend etwas bei dem Selbstmord
des Grafen hat Ihnen nicht gefallen, stimmt’s? Was meinten Sie mit dem blauen
Blut?“
    Ich überlegte krampfhaft, wie ich der Frage
ausweichen könnte, ohne den Korsen zu verärgern, als ich ans Telefon gerufen
wurde. Das gab mir Gelegenheit, erst einmal zu verschwinden.
    Hélènes Stimme klang besorgt. Sie fragte sich,
was ich wohl von ihr wollte. Ich sagte es ihr klipp und klar, vom Pastis beschwingt.
Nachdem ich sie gehörig abgekanzelt hatte, ging ich zufrieden zu meinen
Tischgenossen zurück. An der Theke sah ich einen Mann stehen. Eine Art Skelett
mit rasiertem Schädel, genauso blaß wie ich.
    Ange Pellegrini war gerade dabei, den armen Dédé
auszuquetschen.
    „Man hat mir soeben am Telefon versichert, daß
der Graf sich gar nicht umgebracht hat. Das hat jemand anders besorgt, und zwar
der da“, sagte ich und zeigte auf meinen ehemaligen Mitarbeiter.
    „Sie sollten die Finger vom Alkohol lassen“,
knurrte der Kommissar.
    „Prima Idee, werd’s mir überlegen“, erwiderte
ich fröhlich und bestellte beim Kellner einen weiteren Pastis, den
fünften. Pellegrini machte ein angewidertes Gesicht, was höchst komisch wirkte.
    „Mit Ihnen kann man sich nicht ernsthaft
unterhalten“, sagte er. „Werd’s ein andermal versuchen, wenn Sie zufällig mal
nüchtern sind.“
    Der Korse stand auf und wollte sich entfernen.
    „Moment!“ rief ich. „Was wissen Sie über einen
Landsmann von Ihnen namens Paoli? Antonio Paoli?“
    „Sie scheinen ja bereits unsere lokalen
Berühmtheiten zu kennen! Paoli ist ein Idiot. Hat es sich in den Kopf gesetzt,
jedem den Hals umzudrehen, der sich an seine Schwester ranmacht. Bis jetzt hat
er aber noch nie Wort gehalten.“
    „Wissen Sie, daß er auch Fabrègues bedroht hat?“
    Pellegrini stützte sich mit beiden Händen auf
das Tischchen und beugte sich zu mir runter.
    „Im Ernst?“ wunderte er sich. „Das ist ja höchst
interessant! Und der Graf bekam solche Angst, daß er sich umgebracht hat, ja?
Monsieur Burma, der Pastis steigt Ihnen zu Kopf, finden Sie nicht?“
    Unmöglich, dem Kommissar etwas beizubringen! Er
stichelte noch eine Weile herum, lachte und rief mir im Weggehen zu:
    „Vielen Dank für die Information! Vielleicht
kann ich irgendwann sogar was damit anfangen.“
    Großzügigerweise hatte er eine Runde spendiert.
Wir sollten das später merken, als wir sie selbst bezahlen mußten. Das war wohl
der ganz spezielle korsische Humor.
    „Sehen Sie sich mal den Kerl an der Theke an“,
sagte ich zu Milandre. „Nur keine Hemmungen, er ist gerade sehr beschäftigt.
Außerdem... Soll er’s doch ruhig merken... Nur Haut und Knochen, Flanellhose
und kariertes Hemd.“
    „Der, der sich mit der Dame... sagen wir:
reiferen Alters unterhält?“
    „Genau der. Sollte er mal das Hemd wechseln oder
ein Bad nehmen, rufen Sie mich an! Aber eher spiel ich russisches Roulette mit
dem Papst... Vielleicht verbietet ihm seine Religion, die Kleider zu wechseln?“
    „Wem? Dem Papst?“
    „Nein, dem Skelett. Der Kerl hat Tätowierungen
auf den Armen, da fallen Ihnen die Augen aus dem Kopf.“
    „Können Sie etwa durch den Hemdstoff hindurchsehen?“
    „Ich kenne ihn. Frédéric Pottier, für seine
Freunde Frédo. Hatte ihn noch nicht an der frischen Luft vermutet. Er muß wohl
vorzeitig entlassen worden sein.“
    „Schreien Sie doch nicht so!“
    „Wer? Ich? Ich schreie doch nicht!“
    Bis jetzt war ich der Meinung gewesen, ich hätte
leise gesprochen. Das mußte dieser verdammte Pastis sein!
    „Man hört Sie auf drei Kilometer Entfernung!“
    Der Kahlköpfige verließ in Begleitung seiner
Eroberung das Lokal. Als er an mir

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